ZDNet: In der Studie bezeichnen Sie CRM-Tools als unabdingbare Enabler einer gelungenen CRM-Strategie. Inwieweit sind denn auch die Mitarbeiter und ihr Verhalten für einen Erfolg entscheidend?
Wilde: Ganz wichtig ist es, vorab eines festzuhalten: CRM ist nicht nur eine Software-Lösung, sondern vor allem eine unternehmensweite Strategie. Damit sind Tools auch nur so gut wie die Anwender, die mit ihnen arbeiten. Dass heißt aber auch, dass Mitarbeiter fähig sein müssen, ihre Anforderungen an Systeme zu artikulieren, um diese für den jeweiligen Kontext weiterzuentwickeln und nutzen zu können. Und die Mitarbeiter müssen bereit sein, sich technologischen Weiterentwicklungen zu stellen, gerade im Kontext von Informationssystemen und -Tools. Das Stichwort hier ist lebenslanges Lernen.
ZDNet: Welche Ansatzpunkte gibt es, um sicherzustellen, dass CRM-Strategien nicht an den Mitarbeitern scheitern, wie man es von vielen anderen Softwareprojekten kennt?
Wilde: Ansatzpunkte sind eine frühe und aktive Integration aller beteiligten Mitarbeiter in die Entwicklung neuer CRM-Systeme, um Vorbehalte und Berührungsängste abzubauen, die Akzeptanz des neuen Systems zu fördern, und Mitarbeiter auf diesem Wege möglichst auch noch individuell durch ihren dann auch umgesetzten Beitrag zur Entwicklung zu motivieren. Alle diese Schritte sind Bestandteile eines professionellen Change-Managements.
ZDNet: Wie viel branchenspezifisches Know-how braucht ein CRM-Anbieter? Sind nicht gerade im unteren Mittelstand vielfach Standardlösungen ausreichend?
Wilde: Dem widerspreche ich: Gerade der deutsche Mittelstand besteht vielfach aus Spezialisten, die sich in einer technologischen Nische niedergelassen haben und aus dieser erfolgreich globales Business betreiben. Standardlösungen sind daher wohl für die Standardprozesse in Unternehmen nützlich.
Jedoch dürfen Unternehmensmerkmale, die den Nischenvorteil ausmachen, nicht durch solche Standards gehemmt werden. Individuelle Kernkompetenzen und Wettbewerbsvorteile erfordern folglich auch individuelle Lösungen – und die müssen sogar noch tiefer als branchen- und industriespezifische Lösungen gehen.
ZDNet: Sie vergleichen in der Studie 55 im deutschsprachigen Raum angebotene CRM-Software-Systeme miteinander. Kann so eine hohe Zahl von Anbietern langfristig im Markt bestehen?
Wilde: Die Anbieter können sich auf bestimmte Unternehmensgrößen, Branchen etc. spezialisieren, um zu bestehen. Außerdem werden nach wie vor auf die jeweiligen Unternehmensanforderungen zugeschnittene Individuallösungen nachgefragt. Der Trend geht weg von der monolithischen Gesamtarchitektur hin zu der auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse abgestimmten IT-Lösung, etwa im Rahmen einer SOA, die dann leichtere Interoperabilität mit anderen Systemen, etwa ERP, ermöglicht.
Einige Nischenanbieter werden im Laufe der Zeit sicher als Module in unternehmens- und branchenübergreifende Lösungen eingebunden werden. Dafür entstehen dann wieder neue Unternehmen – die im Falle des Erfolges ebenfalls wieder von den großen Anbietern akquiriert werden. Kurz gesagt: Die Konsolidierung wird weitergehen, solange Unternehmen nach Wettbewerbsvorteilen durch Differenzierung streben.
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1 Kommentar zu „CRM ist vor allem eine unternehmensweite Strategie“
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System-Hype
Ich danke Professor Wilde für die Aussage "CRM ist vor allem eine unternehmensweite Strategie"!
Viele Unternehmen haben das Gefühl, mit dem Kauf einer CRM-Software alle Probleme lösen zu können. CRM-Projekte müssten aber unbedingt mit den Mitarbeitenden und den Kundeninteraktionsprozessen starten!
Erst wenn klar ist, welche Informationen wann wo wie und durch wen benötigt werden, kann nach einer entsprechenden IT-Lösung gesucht werden. Es kann doch nicht sein, dass die IT die Prozesse bestimmt, schliesslich ist IT ein Enabler der Prozesse!