So weit, so gut. In dem Teil der Studie, in dem Forrester sich den Kollaborationslösungen zuwendet, überspannt das Marktforschungsunternehmen jedoch den Bogen. Es wird einfach angenommen, dass Firmen wie IBM und Microsoft Web-2.0-Software künftig mit ihren bestehenden Lösungen zusammenfassen werden.
Forrester argumentiert, dass die Kombination aus breiter Marktdurchdringung, traditionellen Technologien und der Marketingmacht der etablierten Anbieter letztendlich bewirke, dass Enterprise-2.0-Produkte „allmählich in die Struktur von Enterprise-Collaboration-Lösungen übergehen.“ Sie übersehen jedoch das Problem der Akzeptanz neuer Software bei Nutzern in Unternehmen. Und sie erkennen nicht, dass diesen Lösungen in Unternehmen meist gar kein Problem entspricht.
Kollaborationslösungen sollen helfen, Probleme zu lösen, die im Zuge der Geschäftsabläufe entstehen. So zumindest die Theorie. Denn durch Störungen der Geschäftsabläufe entstehen enorme Kosten, die sich auch durch ausgeklügelte Automatisierung nicht reduzieren lassen. Enterprise 2.0 löst aber per se keine Probleme. Im günstigsten Fall werden sie sichtbar. Und wie geht ein Unternehmen mit den Problemen um, die so entdeckt werden?
Handelt es sich um wiederkehrende Abläufe, müssen sie verbessert und neu festgelegt werden. Bei nicht oder nur selten wiederkehrenden Abläufen muss das Unetrnehmen nach den Ursachen suchen, um diese nach Möglichkeit für die Zukunft auszuschließen. Dazu nutzen viele Firmen Collaboration Tools oder Wikis. Sie versuchen so, selten wiederkehrende Prozesse in ein zumindest notdürftiges Schema zu bringen. Das ist ein guter Anfang, letztendlich fehlt aber die feste Struktur. Daher bleibt es bei Provisorien sowie der Beschreibung von Tricks und Kniffen, die einmal funktioniert haben. Ob sie beim nächsten Mal ebenfalls funktionieren, steht in den Sternen.
Enterprise 2.0, wie von Forrester propagiert, löst also nur einen Bruchteil des Gesamtproblems Kollaboration. Es mit bestehenden Angeboten zu verknüpfen, ist nicht der richtige Ansatz. Forrester ist bei seiner Analyse in eine Falle getappt, indem die Marktforscher von einer kontinuierlichen Evolution ausgehen. Es ist aber völlig ungewiß, ob bestehende Prozesse die neuen Abläufe in sozialen Netzwerken tatsächlich integrieren und sich mit ihrer Hilfe weiterentwickeln.
Wenn durch die Integration überhaupt etwas erreicht wird, dann eines: Dass die Frage wieder augeworfen wird, wie sich mit Hilfe von Software wertschöpfende Geschäftsabläufe entwerfen lassen. Für einige ansonsten recht nützliche Projekte könnte das der Todesstoß sein, denn es ist eine Frage, die zahlreiche Manager und Arbeitsgruppen jahrelang beschäftigen kann.
Kollaboration wird Unternehmen in der Zukunft sicher ein Stück weiterbringen. Aber ohne echte Perspektiven, wie sich unregelmäßige Abläufe und Prozesse integrieren lassen, wird dabei nicht viel Zählbares herauskommen. Das aber hat Forrester übersehen.
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