AOL hat seine Online-Geschäftsstrategie grundlegend umgekrempelt. Der bisherige Plan, alle Dienste des Anbieters auf einem einheitlichen Portal zu bündeln, wurde anscheinend aufgegeben. Nun sollen stattdessen mehrere kleine, jeweils auf ein bestimmtes Thema spezialisierte Internetpräsenzen aufgebaut werden, berichten US-Medien.
Hintergrund des Strategiewechsels ist vor allem die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des einstigen US-Internetgiganten im Online-Zugangsgeschäft. Um die sinkenden Umsätze in diesem Bereich besser ausgleichen zu können, will AOL künftig durch spezialisierte Webseiten verstärkt Nischen-Zielgruppen ansprechen. Diese sollen als „Passion Points“ für bestimmte Themen dienen und durch ihren besonderen inhaltlichen Schwerpunkt mehr User anziehen.
„Der Konsumentenmarkt fragmentiert sich“, zitieren US-Medien Bill Wilson, Executive Vice President for Vertical Programming von AOL. Der aktuelle Strategiewechsel sei als Reaktion auf diese veränderten Marktbedingungen zu sehen. Die Erfahrung der letzten Jahre habe deutlich gezeigt, dass Internetnutzer weniger Zeit auf den großen Portalen verbrächten und zunehmend länger auf spezielleren Seiten verweilten.
„Wir wollen den Menschen viele Eingangstüren anbieten, nicht nur eine“, erläutert Wilson. Eine derartige Strategie sei zur Kundenbindung und -gewinnung heute einfach zielführender. „Wenn sich alles, was du tust, auf die Bindung deiner Kunden beschränkt, kann nicht von einem wachsenden Publikum gesprochen werden.“
In den vergangenen Monaten hatte AOL bereits eine Vielzahl solcher kleineren Plattformen im Internet gestartet. Mit dabei sind neben eher breiter angelegten Musik- und Sportportalen auch sehr spezielle Angebote wie die auf Independent-Musik spezialisierte Seite „Spinner“ oder die Modeseite „StyleList„.
Jüngstes Beispiel der zukünftigen Geschäftsstrategie ist die vergangenen Freitag gestartete Info-Seite für Eltern namens „ParentDish„. Auf dem Portal finden Interessierte neben redaktionellen Beiträgen von verschiedenen Experten und prominenten Gastschreibern rund um das Thema Elternschaft auch eine Reihe nützlicher Social-Community-Funktionen. Für den morgigen Dienstag plant das Unternehmen zudem den Start der Plattform „The Boot“ für Country- und „The Boom Box“ für Hip-Hop- und R&B-Musik. Bis zum Jahresende werden nach eigenen Angaben noch rund zwei Dutzend neuer Webpräsenzen hinzukommen, darunter auch die Site „BigDownload“, auf der Nutzer Videospiele herunterladen können.
AOL war in der Anfangszeit des Internets lange Zeit eine Großmacht, konnte seine Position am Markt aber nicht halten. Am Höhepunkt der Interneteuphorie im Jahr 2000 fusionierte das Unternehmen mit dem Film- und Medienkonzern Time Warner. Wegen des rückläufigen Internetzugangsgeschäfts fokussierte AOL sich zuletzt zunehmend auf Online-Anzeigen nach dem Vorbild von Google. Doch das Ergebnis blieb enttäuschend: Der Umsatz des Werbebereichs stieg gerade einmal um ein Prozent. Einer der Hoffnungsträger von AOL ist das englischsprachige Social Network Bebo, das der Konzern im März für 850 Millionen Dollar übernommen hatte.
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