Offenbar ist also – trotz der Drohgebärden der Hersteller – die wilde Zeit des Gebrauchtsoftwaremarktes vorbei. Heute kopieren die Händler keine Software mehr illegal, sondern liefern sie mit notariellem Testat aus. Beim Kauf gilt es aber, auch noch andere Aspekte zu beachten.
Gerade in Firmen ist der vordringlichste das Thema Wartung und Support. Für Betriebssysteme und Office-Software ist es unproblematisch, diesen Bereich durch Drittanbieter abzudecken, da es neben dem Hersteller genügend qualifizierte Anbieter am Markt gibt. Schwieriger wird es dagegen bei Standardsoftware. Dafür kommt kaum ein Unternehmen ohne die Leistungen des Herstellers aus.
Die gute Nachricht sei, sagt Usedsoft-Mitgründer Reiner Hirschberg, dass die Hersteller diese Leistungen weder verweigern könnten noch das in der Praxis wirklich täten – auch wenn gelegentlich damit gedroht werde. Erstens, so Hirschberg, sei ja auch diese Dienstleistung für die Hersteller eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Zweitens könnten sie wegen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eigentlich gar nicht anders, hat doch der Hersteller dafür häufig ein Monopol. Eine Verweigerung von Wartung und Support liefe seiner Ansicht nach auf den kartellrechtlich unzulässigen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung hinaus.
Gelegentlich „bestrafen“ die Hersteller Käufer von Lizenzen oder Software aus zweiter Hand dadurch, dass sie für Zeiten, in denen die Software ohne Wartungsvertrag war – etwa zwischen Ankauf und Verkauf durch den Händler – eine Nachzahlung, teilweise auch als „Reinstatement“ bezeichnet, verlangen. Argumentation: Da es ja nicht möglich sei, in einer bestimmten Zeit gelieferte Updates, Bugfixes und dergleichen einfach wegzulassen, müssten die nach Unterbrechungen des Wartungszeitraums eben nachbezahlt werden.
Manche Hersteller gehen sogar so weit, die Softwarewartung auch bei neu erworbenen Programmen als bindend vorzugeben und nach Unterbrechungen – selbst ohne Besitzerwechsel – eine deutlich höhere Nachzahlung zu verlangen. Hirschberg schließt nicht aus, dass dieses Geschäftsgebaren dem „kartellrechtlich unzulässigen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“ schon sehr nahe kommt, letztendlich betrifft es sein Geschäft aber nicht mehr.
Die Erfahrung aus der Praxis sei, dass Hersteller zwar im Vorfeld des Kaufs gebrauchter Software alle möglichen Gegenargumente anführten, sich im Nachhinein aber in der Regel gesprächsbereit zeigten. Sein Tipp daher: erst kaufen, dann verhandeln.
Andere Branchenkenner sehen das ähnlich. Sie lassen zudem durchblicken, dass die Verhandlungen üblicherweise umso günstiger ausfallen, je weniger man sie an die große Glocke hängt, was durchaus verständlich ist: Die Hersteller haben schließlich kein Interesse daran, durch allzu ungünstige Präzedenzfälle ihre Verhandlungsposition zu verschlechtern.
Dennoch: Die meisten Firmen müssen und möchten auch langfristig mit den Softwareherstellern zusammenzuarbeiten. Sie sollten ihnen deshalb offen und gründlich darlegen, warum sie im einen oder anderen Fall auf Gebrauchtsoftware zurückgreifen und dass das weder das Ende der Welt noch der Geschäftsbeziehung bedeutet. Akzeptiert der Hersteller das, dann klappt es beim nächsten Mal vielleicht auch wieder mit dem Verkauf neuer Software.
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