ZDNet: Welches sind die fünf größten Fallstricke oder Überraschungen für HTML-Autoren in der HTML-5-Spezifikation?
Hickson: Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es gar keine gibt. Und wüssten wir von einem oder einer, dann würden wir sie entfernen.
Die meisten „Fallstricke“ in HTML 5 stammen aus dem Vermächtnis des Web. Das <address>-Element beispielsweise ist für Kontaktinformationen gedacht, nicht für eine Postanschrift. Das <br>-Element sollte nur dann verwendet werden, wenn man etwas schreibt, das wirklich einen Zeilenumbruch hat, etwa ein Gedicht. Ansonsten sollte man eher <p> statt <br> verwenden. Vorsicht ist auch beim Schreiben von URLs geboten, denn hier muss man die „&“-Zeichen maskieren, indem man an jedes amp; anhängt.
Allerdings haben wir auch selbst für einige unglückliche Features gesorgt. Zum Beispiel darf das <a>-Element zur Angabe von Links nun zwar komplette Absätze und Listen umfassen. Doch das kann mit Browsern wie Firefox zu Problemen führen, die den Parser-Algorithmus von HTML 5 noch nicht implementiert haben. Außerdem kann es zwar sogenannten „flow content“ beinhalten, aber nicht einzelne Listenelemente oder Tabellenzeilen einfassen.
ZDNet: Wenn Sie die Uhr noch einmal bis zur ersten HTML-Spezifikation zurückdrehen könnten, was würden Sie dann ändern, damit heute das Web besser funktionieren könnte?
Hickson: Wenn ich dann die Möglichkeit hätte, mich mit Tim [Berners-Lee] zu unterhalten, dann würde ich ihn vor allem um eine klare Fehlerbehandlung von Anfang an bitten. Ich glaube, wir hätten so manchen Tag-Salat vermeiden können, den wir heute haben, wenn wir von Anfang an zumindest bei einfachen Problemen einen klaren Lösungsweg angegeben hätten.
ZDNet: Es scheint, als müsse man als leitender Herausgeber eines so großen Projekts viele verschiedene Meinungen unter einen Hut bringen, mit so vielen Softwareunternehmen wie nur möglich zusammenarbeiten, die jedoch in enormer Konkurrenz zueinander stehen, und noch viele andere undankbare Aufgaben erledigen. Welcher Teil Ihrer Arbeit bringt Ihnen die meiste Befriedigung?
Hickson: HTML 5 hat einen enormen Einfluss auf das Web und die Web-Standards-Community. Wir haben die Latte ziemlich hoch gelegt, was eine Spezifikation leisten muss, um ernst genommen zu werden. Wir haben gezeigt, dass es absolut möglich ist, Web-Technologien vollkommen offen zu entwickeln. Wir haben Innovation und Wettbewerb in der Browser-Welt vorangetrieben. Und wir haben gezeigt, dass eine offene und anbieterneutrale Technologie mit geschlossenen, auf einen Anbieter begrenzten Technologien mithalten kann. Es ist ein tolles Gefühl, zu wissen, dass ich daran beteiligt bin.
Außerdem macht mich die Gemeinschaft, die um die WHATWG herum entstanden ist, wirklich glücklich. Viele Leute haben sich gemeldet und mitgemacht. Sie haben nicht nur ihre Meinung zu Vorschlägen geäußert, sondern auch bei der Infrastruktur aktiv mitgeholfen, das Blog gepflegt, das Wiki, die Foren, Neumitglieder unterstützt und so weiter. Es macht einfach riesigen Spaß.
Schlussbemerkung
Noch einmal herzlichen Dank an Ian Hickson, dass er sich trotz seines vollen Terminkalenders Zeit für dieses Interview genommen hat.
Als ein Beispiel dafür, wie schnell sich Dinge in diesem Prozess ändern können, wurden am alt-Attribut, das Ian bereits als sehr umstritten bezeichnete, seit diesem Interview schon einige Änderungen vorgenommen. In den Mailinglisten-Archiven kann jeder nachlesen, wie mit dem Problem verfahren wurde.
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