Seit 30 Jahren prangt der Blaue Engel inzwischen auf zahlreichen Produkten, von A wie Abdeckfolien bis Z wie Zahnbürsten. Zum Jubiläum ruft der Verein „Verbraucher Initiative“ unter www.blauer-engel-nrw.de jetzt dazu auf, bei Neuanschaffung umwelt- und gesundheitsfreundliche Bürogeräte zu wählen. Denn, so die Eigenwerbung, „der Blaue Engel ist ein ökologischer Leuchtturm, der Verbrauchern den Weg zum ökologisch besseren Produkt weist und umweltbewußten Konsum fördert.“ Da sage ich nur: Können vor Lachen.
Bei Druckern oder Multifunktionsgeräten, also Bürogeräten mit Druckfunktion, wie die nicht ganz bürokratiefreien Blauen Engel sie nennen, mag das ja noch angehen. In dieser Kategorie sind immerhin 135 Produkte mit dem Umweltsiegel ausgezeichnet. Aus einer ansehnlichen Modelliste von Canon, HP, Konica Minolta, Kyocera Mita, Samsung, Xerox und anderen hat der Verbraucher hier wirklich die Wahl.
Schwieriger wird es bereits bei Desktop-PCs. Wer Dell, FSC oder Maxdata nicht mag, kann sich nur noch für den Theis Extra PC 7 entscheiden. Den müsste er dann aber persönlich in Köln abholen, denn der Online-Shop ist gerade außer Betrieb.
Thin Clients, inzwischen unbestritten als sparsam im Betrieb und ressourcenschonend in der Herstellung anerkannt, gibt es dagegen überhaupt keine mit dem Blauen Engel. Nicht mal von Theis Computer in Köln.
Ein Notebook sollte man als umweltbewußter Mensch derzeit ebenfalls nicht auf dem Wunschzettel haben: Auch da gibt es kein einziges mit dem Blauen Engel. Dabei dachte ich bislang, dass gerade die – wenigstens in puncto Stromverbrauch – gar nicht so schlecht abschneiden. Vielleicht ist die Mobilität der Benutzer gleich in die Gesamtökobilanz eingerechnet: Wer dauernd nur am Flughafen rumsitzt und auf den nächsten Flieger wartet, kann so viele Notebooks kaufen wie er will, Umweltaktivist wird er dadurch auch nicht mehr.
Überhaupt scheinen die Blauen Engel mit Mobilität nicht viel am Hut zu haben: Das einzige Mobiltelefon, das man sich guten Gewissens anschaffen könnte, ist das Kandy Mobile K2. Klingt cool? Ist es wahrscheinlich auch – so lange man die Grundschule noch nicht verlassen hat. Ein Blick auf die Website, und es ist sofort klar, was ich meine.
Haftnotizen, Hängeregistraturen, Taschenrechner und Pflanztöpfe, also alles, was in ein ordentliches Büro gehört (oder zumindest vor dreißig Jahren gehörte), ist dagegen in reichlicher Auswahl vom Blauen Engel geprüft worden. Das wäre doch mal was: Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums richten wir unsere Büros alle wieder ein wie 1977: In der Kaffeküche kommen die Pril-Blumen an die Wand und ans Fenster orangene Vorhänge mit gelben Blumenmustern. Statt über den Klimawandel machen wir uns über das Waldsterben Sorgen, und 100 Prozent der befragten Manager übersetzen „Blackberry“ wieder mit „Brombeere“ statt mit Push-E-Mail. Danke, Blauer Engel.
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