Rückblende zum Oktoberfest im vergangenen Jahr: In leicht bierseliger Stimmung sitzen ein paar Kollegen und meine Wenigkeit zusammen mit dem deutschen Palm-Management in einem Bierzelt. Wir fachsimpeln, diskutieren und reden vor allem über die Zukunft von Palm. Die Zahl der ehemaligen Palm-User unter den anwesenden Kollegen ist erstaunlich groß und deckt sich in etwa mit der Zahl der aktuellen iPhone-Anwender am Tisch. Will heißen: Offenbar sind viele Ex-Palm-Anwender nun begeisterte iPhone-Kunden.
Allgemein überwiegt die Skepsis, ob Palm jemals wieder seine frühere Marktposition erreichen wird. Palm wird immer noch auf der einen Seite von Blackberry bedrängt, auf der anderen Seite vom iPhone. Zudem macht sich auch noch Googles offenes Handy-Betriebssystem Android daran, Marktanteile zu erobern.
Erstaunlicherweise, zumindest für uns Außenstehende, zeigten sich die anwesenden Palm-Mitarbeiter recht optimistisch. Man setzte großes Vertrauen in das kommende Betriebssystem, damals noch „Nova“ genannt. Jetzt ist es da, und die Frage lautet, ob der auf der CES präsentierte Palm-OS-Nachfolger WebOS und das neue Smartphone mit dem bezeichnenden Namen Pre die Erwartungen erfüllen können.
Ich bin skeptisch, ob das neue Konzept genügen wird, die Zukunft von Palm zu sichern. Grundsätzlich war es ein cleverer Schachzug von Palm, das neue OS (Code-Name Nova) als reines Web-Betriebssystem zu konzipieren. Das senkt die Hürden für Entwickler beträchtlich, um neue Software zu programmieren. Denn jeder, der eine Webanwendung zustande bringt, kann nun auch für Palm entwickeln. Hinzu kommt die Tatsache, dass es auch einen App-Store à la Apple geben soll. Das sollte den Anreiz für Entwickler ebenfalls steigern. Weitere Gemeinsamkeit mit Apple: WebOS basiert wie der auch im iPhone zum Einsatz kommende Browser Safari auf dem WebKit.
Corporate-Anwender allerdings – und das war ja jahrelang eine treue Palm-Kundschaft – brauchen mehr: von der Exchange-Anbindung über diverse Sicherheitsfeatures bis hin zur zentralen Administrierbarkeit. Das sind alles Punkte, bei denen auch das iPhone nur teilweise glänzen kann und die immer noch Windows Mobile und teilweise dem Blackberry eine Sonderstellung sichern.
Immerhin, laut Pressemitteilung verspricht Palm ein Outlook EAS für den Zugriff vom Pre auf den Microsoft Exchange Server. Das klingt vielversprechend. EAS steht für Exchange ActiveSync und bezieht sich in diesem Fall auf das Exchange-Verbindungsprotokoll über HTTP und nicht auf den ehemaligen Sync-Client von Windows CE beziehungsweise Windows Mobile. Damit würde Palm zumindest in diesem Punkt mit dem iPhone gleichziehen.
Aber es scheint, dass Palm mit dem neuen Betriebssystem nicht in den Corporate-Markt will, zumindest nicht als erstes. Denn die Windows-Mobile-basierten Palms soll es weiterhin geben. Stattdessen versucht man, mit dem Pre und WebOS eher die netzaktiven non-corporate User anzusprechen. Und hier werden Features geboten, die manchmal sogar das iPhone alt aussehen lassen. Vor allem die Integration mit Facebook- und Google-Accounts ist vorbildlich. Beim iPhone braucht es dafür zusätzliche Applikationen, und die Integration ist dann immer noch nicht so nahtlos wie bei Palm. Aber: Facebook- und Google-Kontakte spielen im deutschsprachigen Raum nicht annähernd die Rolle wie etwa Xing. Man darf gespannt sein, ob es zum Deutschlandstart dafür eine Anbindung geben wird.
Wie stehen also die Chancen von Palm? Theoretisch nicht schlecht, zumal das Interface gut gelungen zu sein scheint und nach Meinung vieler durchaus an das iPhone herankommt. Es ist jedenfalls um Klassen besser als das von Android. Erste Kommentare sprechen davon, dass Palm es geschafft habe, an die alte „Einfachheit“ von Palm OS anzuknüpfen. Das Problem ist meiner Meinung nach aber, dass Palm sich mehr oder weniger gegen des iPhone positioniert hat (ohne dass dies freilich bislang so gesagt wurde). Eine Strategie, die nur schwer aufgehen dürfte.
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