Schwerer Vorwurf: BKA will Internetzensur durch die Hintertür einführen

Sebastian von Bomhard, Vorstand der Münchner SpaceNet AG, würde „diesen merkwürdigen Vertrag niemals unterschreiben“. Begründung: „Es ist ein großer Unterschied, ob man sich freiwillig hinter verschlossenen Türen zu etwas verpflichtet oder ob man auf ein Gesetz besteht, das in aller Öffentlichkeit diskutiert und überprüft werden kann. Und wenn solch eine Aktion morgen auf weitere, zum Beispiel politisch unliebsame Seiten ausgeweitet wird, ist es zu spät. Jedem muss klar sein, dass eine Unterzeichnung dieses Vertrags der Einstieg in die Zensur des Internet ist“.

Von Bomhard kritisiert ebenso wie der CCC, dass die Aktion unter dem Label „stoppt die Kinderpornografie“ laufe. Somit sehe sich jeder, der protestiere, missbilligend hochgezogenen Augenbrauen gegenüber. „Die gefährlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen auf unsere Freiheit und unsere Demokratie bleiben so in der Gesellschaft unausgesprochen. Wer setzt sich schon gern dem Vorwurf aus, nicht alles Erdenkliche gegen Kinderpornografie tun zu wollen?“

Spacenet-Vorstand Sebastian von Bomhard
Sebastian von Bomhard, Vorstand des Providers Spacenet AG, würde „diesen merkwürdigen Vertrag niemals unterschreiben“ (Bild: Spacenet).

Die meisten seiner Kollegen jedenfalls nicht: Easynet kann „zu der Fragestellung leider keine Informationen liefern“, Arcor verweist auf laufende Gespräche, zu denen man sich nicht äußern wolle, Strato ist zwar sonst immer recht gesprächig, will aber zu dem Thema lieber nichts sagen: Wer über Strato einen DSL-Vertrag abschließe, werde Freenet-Kunde. Auch andere sind nicht auskunftsfreudiger: Versatel bitte etwa um Verständnis dafür, dass man „zu derartigen Sachverhalten keine Auskunft geben kann.“ Ja, aber warum denn eigentlich nicht?

Der bayerische Provider M-Net kann zwar auch nichts dazu sagen, hat aber einen triftigen Grund: „Uns liegt bis dato kein offizielles Schreiben seitens des Bundeskriminalamtes mit dem angesprochenen Vertragsentwurf vor.“ Er macht aber deutlich, dass für den Fall, dass er den Entwurf in der Fassung erhalten sollte, wie er derzeit im Internet kursiert, „dies sehr viel Gesprächsbedarf hervorrufen“ würde.

Ganz egal, wie missliebige Webseiten gesperrt werden sollen: Technisch sind solche Sperrungen in der Regel leicht zu umgehen. „Wir können den Zugang nicht gänzlich verhindern, aber immerhin erschweren. Auch das ist ein lohnenswertes Ziel“, stellte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer bereits im Januar fest.

Das sieht wohl auch das BKA ähnlich: Wie ein Sprecher gegenüber ZDNet betonte, seien technisch mögliche Umgehungen der Sperrung kein Grund, die Waffen zu strecken. Allein die Erschwerung des Zugriffs habe in anderen Ländern zu deutlich reduzierten Zugriffszahlen geführt, was ausgesprochen wichtig sei. Denn die Erfahrung habe auch gezeigt, dass sinkende Nachfrage auch die Menge des angebotenen Materials reduziere – und damit letzendlich auch die Zahl der Missbrauchsfälle. Und da muss man dem BKA recht geben, ist jeder kleine Rückgang schon als Erfolg zu werten.

Der Bitkom informierte im Januar darüber, dass bis Anfang März eine „verbindliche Abmachung“ mit allen großen deutschen ISPs stehen solle. Bitkom-Präsident Scheer forderte damals aber auch, dass man eine klare Aussage in dem geplanten Gesetz benötige, dass die Provider keine rechtlichen Risiken eingehen. Außerdem betonte er die Notwendigkeit, die Regelung auf das Problem der Kinderpornografie zu beschränken. „Wenn wir solche Sperren allgemein gegen unerwünschte Inhalte im Netz einsetzen müssten, käme das einer Zensur nahe.“

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