Exemplarisch durchexerziert: die Tücken des Handels auf Ebay

Die Rechtslage ist – wie könnte es anders sein – verzwickt. Die Vielzahl der Urteile zum Kaufen und Verkaufen auf Ebay bringt nur bedingt Klarheit, denn auch sich widersprechende Urteile unterschiedlicher Gerichte sind darunter. Vielfach gaben Details des Falles den Ausschlag für die Entscheidung der Richter, die sich daher nicht ohne weiteres verallgemeinern lässt – schon gar nicht von juristischen Laien.

Die Hamburger Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet regelmäßig Urteile aus den Bereichen Neue Medien, Urheberrecht und E-Commerce. Sie beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Thematik und hat auf ihrer eigenen Website die Kernaussagen früherer Urteil zusammengefasst.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in seinem Urteil vom 18. Mai 2005 (Aktenzeichen 7 U 169/04) entschieden, dass Ebay trotz seiner marktbeherrschende Stellung berechtigt ist, einem Nutzer ordentlich zu kündigen. Mit Beschluss vom 15. Januar 2009 hat dasselbe Gericht noch einmal klargestellt, dass Ebay zur Vermeidung von Manipulationen grundsätzlich berechtigt ist, einzelne Mitgliedskonten zu sperren (Aktenzeichen 12 W 1/09).

Andererseits hat es in seinem Urteil vom 12. November 2008 auch dargelegt, dass die Freischaltung eines gesperrten Ebay-Accounts im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann (Aktenzeichen 6 W 183/08). In dem Fall hatte Ebay den Account eines Kunden mit dem bloßen Hinweis gesperrt, dass der gewählte Ebay-Name gegen die AGB verstoße, dazu jedoch keine weitere Ausführungen gemacht.

Das Gericht meinte, „es liegt auf der Hand, dass der Ausschluss der Antragstellerin, die im Internet mit einem durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten Umsatz von 8000 Euro täglich tätig gewesen ist, von dem durch Ebay eröffneten, besonders bekannten und bedeutenden Internetmarktplatz ihre geschäftlichen Aktivitäten erheblich beeinträchtigt und ein Ausweichen auf andere Internetmarktplätze die Folgen der Sperrung nur unvollständig kompensieren kann.“

Auch mit Ebay-Bewertungen haben sich die Gerichte bereits auseinandergesetzt. Bereits 2004 stritten sich ein Käufer und ein Verkäufer vor dem Landgericht Düsseldorf, ob die Bewertung „Beschwerde: statt der in der Werbung vorgegaukelten 750 mg T. nur 400 mg.“ rechtens sei. Der Verkäufer darin einen Eingriff in seinen Gewerbebetrieb, da die Bewertung sein Ansehen und seine Kreditwürdigkeit herabsetzen könnte. Das Gericht sah das jedoch nicht so. Es meinte vielmehr, der Verkäufer begebe sich mit Produkten, die er zum Verkauf anbietet, in die Öffentlichkeit. In diesem Fall müsse er auch negative Kritik hinnehmen, zumal es an einer unwahren Tatsachenbehauptung fehle.

Zwei Jahre später entschied das Amtsgericht Aachen (Aktenzeichen 85 C 240/04), dass bestimmte Negativbewertungen bei Ebay-Auktionen rechtswidrig sind. Der Käufer hatte in der Bewertung geschrieben: „Trotz direkter Überweisung keine Waren!! Kontaktscheu!!!!!!!“. Das Gericht sah darin einen rechtswidrigen Eingriff im Sinne des Paragraphen 823 BGB (Schadensersatzpflicht) und verbot die weitere Äußerung mittels einer einstweiligen Verfügung.

Das Landgericht Kreuznach hat am 13. Juli 2006 (Aktenzeichen 2 O 290/06) dagegen entschieden, dass sich ein Händler gegen eine negative Ebay-Bewertung nicht mittels einer einstweiligen Verfügung wehren kann. Begründung: Es bestehe keine Wiederholungsgefahr. Allerdings sehen die Rechtsexperten der Kanzlei Dr. Bahr die Entscheidung im klaren Widerspruch zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Vielzahl von anderen Instanzgerichten habe in vergleichbaren Fällen daher auch zu Recht einstweilige Verfügungen erlassen. Es handle sich somit um die isolierte Entscheidung eines Gericht, der keine wirkliche Bedeutung zuzumessen sei.

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ZDNet.de Redaktion

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