Eine einschneidende Änderung ist die Streichung der als „Listenprivileg“ bekannten Regelung in Paragraf 28 Absatz 3 des BDSG. Demnach durften bisher als Liste oder anderweitig zusammengefasste Daten, die für bestimmte eigene Zwecke erhoben wurden, auch für andere Zwecke genutzt oder an Dritte übermittelt werden.
Gegen die Streichung liefen insbesondere die Wirtschaftsverbände Sturm, etwa der Deutsche Dialogmarketingverband e.V. oder der Bundesverband des Deutschen Versandhandels. Sie befürchteten unter anderem, dass werbetreibende kleine und mittlere Unternehmen „Probleme bei der Auslegung des Gesetzes bekommen“.
Auch der Deutsche Presserat sprach sich in einem Schreiben (PDF) an die Minister Schäuble, Zypries, und zu Guttenberg dagegen aus. „Sollte die Nutzung von so genannten Fremdadressen im Wege des Listenprivilegs faktisch unmöglich werden, befürchten wir einen so deutlichen Rückgang der Abonnentenzahlen, dass manche Verlagshäuser in existenzielle Not geraten. Folge wäre ein Titelsterben und massiver Personalabbau.“
Zwar strichen die Volksvertreter das „Listenprivileg“ dennoch, jedoch wurden auf Druck der Interessenvertreter zahlreiche Ausnahmefälle definiert. Unterm Strich kritisiert der oberste Datenschützer Peter Schaar, dass der im Herbst vergangenen Jahres von der Bundesregierung zugesagte Wechsel hin zu einer Einwilligungslösung vor der Datenweitergabe für Werbezwecke nur inkonsequent eingeleitet wurde.
„Die entsprechende Regelung enthält so viele Ausnahmen, dass sich hier in der Praxis keine großen Änderungen ergeben dürften. Die heftigen Auseinandersetzungen und die beispiellose Lobbykampagne haben gezeigt, dass beim Datenschutzbewusstsein in der Privatwirtschaft noch großer Nachholbedarf besteht.“
Was passiert mit vorhandenen Datenbeständen?
Vor dem 1. September 2009 erfasste Daten dürfen von Firmen für eigene Werbezwecke noch bis Ende August 2012 nach der bisher geltenden Regelung genutzt werden. Unternehmen haben also drei Jahre Zeit, um eine Einwilligungserklärung zu den neuen Bestimmungen einzuholen.
Concept-Factory, ein Bonner Beratungsunternehmen, weist darauf hin, dass selbst erhobene personenbezogene Daten auch nach dem 1. September 2009 für eigene Werbung verwendet werden dürfen. Voraussetzung sei allerdings, dass die betroffene Person ihre Einwilligung schriftlich erteilt hat, in anderer Form erteilt hat und der Inhalt der Einwilligung schriftlich bestätigt wurde, oder eine elektronisch erteilte Einwilligung protokolliert wurde und der Betroffene deren Inhalt jederzeit abrufen sowie für die Zukunft widerrufen kann.
Auch weiterhin geworben werden darf für eigene Angebote gegenüber Bestandskunden oder unter Nutzung von Daten aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen wie Telefonbüchern. Erlaubt bleibt auch die Werbung zwischen Unternehmen. Steuerbegünstigte Organisationen dürfen weiterhin für Spenden werben.
Außerdem ist die Übermittlung von Adressen mit Angabe einer Gruppenzugehörigkeit erlaubt, wenn aus der Werbung eindeutig hervorgeht, wer die Daten erstmals gespeichert hat. Folgerichtig ist die Nutzung fremder Adressbestände zur Neukundengewinnung per Brief auch weiter ohne Einwilligung möglich. Der Adressnutzer muss im Werbeschreiben allerdings die Herkunft der Adressdaten mit Klarnamen nennen. Die Werbewirtschaft hätte lieber eine codierte Herkunftsangabe nach österreichischem Vorbild gesehen.
Verboten: Verkaufsgespräche mit Umfrage zu starten
Das beliebte Vorgehen, eine Marktforschung oder eine Meinungsumfrage zum Einstieg in das Gespräch zu nutzen, dann aber aufgrund der ermittelten Interessen in ein Verkaufsgespräch überzuleiten, ist jetzt untersagt. Das regeln die neu in das Gesetzt aufgenommen Bestimmungen in Paragraf 30a.
Unternehmen, die Markt- oder Meinungsforschung betreiben und dabei personenbezogene Daten erheben, müssen sich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde melden. Ausnahmeregelungen gibt es hier nicht. Außerdem müssen sie einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten auch dann bestellen, wenn sie aufgrund ihrer Beschäftigtenzahlen dazu nicht verpflichtet wären.
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