ZDNet: Das Interesse an Google Mail ist sehr groß, das an Google Docs deutlich geringer. Vermutlich liegen die Kalenderfunktionen irgendwo dazwischen. Wird sich das in Zukunft angleichen, oder bleibt Google Docs ein Zusatzfeature?
Schmidt: In der Praxis beinhaltet nahezu jeder erste Verkaufsabschluss beim Kunden E-Mail, Kalenderfunktionen und Instant Messaging. Mit Google Docs beginnt die Geschäftsbeziehung so gut wie nie. Mit E-Mail, Kalenderfunktionen und Instant Messaging sind die meisten Firmen erst einmal eine Weile beschäftigt. Sie probieren einiges aus, migrieren das bisherige System, lernen die Nutzer an und schulen die Support-Mitarbeiter. Google Docs werden dann allmählich mit den E-Mail-Accounts genutzt, die bereits eingerichtet sind. Oft vergleichen die Leute Microsoft Office mit Google Docs. Aber die beiden sind nicht vergleichbar.
ZDNet: Warum?
Schmidt: Microsoft Office ist teuer, Google Docs kostenlos oder günstig. Andererseits gibt es in Microsoft Office eine Vielzahl von Workflow-Features, die wir heute noch nicht haben. Wir ergänzen Google Docs nach und nach um passende Funktionen. Dabei fangen wir mit den am häufigsten benötigten an. Wir versuchen nicht, eine komplette Kopie von Microsoft Office zu erstellen. Ich denke, damit würden wir unsere Zeit nicht gut nutzen. Firmen werden immer für eine Übergangszeit beide Systeme nebeneinander benutzen. Man kann Microsoft Office einfach auch als das etablierte Modell betrachten. Wir verfolgen dagegen einen andern Ansatz, um Probleme zu lösen.
ZDNet: Google baut eigene Server, eigene Software, eigene Netzwerke. Warum nutzt man nicht fix und fertig verfügbare Standardtechnologien? Sind Firmen, die das tun, auf dem Holzweg?
Schmidt: Was sind denn für Sie „fix und fertig verfügbare Standardtechnologien“?
ZDNet: Server unterschiedlicher Anbieter beispielsweise.
Schmidt: Jeder denkt, wir setzen PCs ein. Tatsächlich bauen wir aber Supercomputer. Zwar sind die aus PC-Komponenten zusammengesetzt, aber auch hochgradig an die Daten-Architektur angepasst, die wir bei Google verwenden. Es ist einfach ein ganz pragmatischer Kosten-Nutzen-Ansatz.
ZDNet: Also sind die meisten Firmen auf dem Holzweg?
Schmidt: Ich würde nie eine andere Firma kritisieren. Das Google-Modell ist hinlänglich speziell, so dass es sich wohl nicht ohne weiteres vergleichen lässt. Es gab einige Firmen, die versucht haben, die Google-Server-Architektur als universell einsetzbaren Rackserver zu bauen. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie es denen heute geht.
Vielleicht sind wir die Speziallösung, von der Firmen mit generelleren Anforderungen lernen können. In vielen Märkten gibt es eine vielleicht sogar zu ausgefeilte große Lösung, die alles dominiert. Aber die in deren Rahmen praktizierten Ideen setzen sich allmählich nach unten durch.
ZDNet: Können Sie in ein paar Worten Googles Strategie für Firmen zusammenfassen?
Schmidt: Wir versuchen, die Vorteile des Internets, die in den Angeboten für Privatanwender schon offensichtlich sind, allen Anwendern zur Verfügung zu stellen, die heute Enterprise-Services nutzen, und dabei mindestens dasselbe Niveau an Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten. Wir konzentrieren uns dabei auf horizontale Services, also die, die jeder im Unternehmen braucht. Solche mit spezieller Geschäftslogik versuchen wir zu vermeiden. ERP-Systeme sind beispielsweise sehr interessant – aber es ist unwahrscheinlich, dass Google so etwas implementiert.
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