Wer mit einem Onlineshop Geschäfte machen will, kommt um Maßnahmen zur guten Platzierung seines Angebots in Suchmaschinen, insbesondere bei Google, nicht herum. Damit betritt er aber gleichzeitig ein rechtliches Minenfeld: Denn die Optimierung auf „Lieschen Musterfraus toller Onlineshop“ kann noch so gut sein – wenn niemand danach sucht, lohnt sie sich nicht. Bei der Verwendung anderer Begriffe – etwa von Markennamen der im Shop vertriebenen Hersteller – sind Händler aber stark eingeschränkt.
Ein Urteil des Bundesgerichtshofes von Anfang Oktober hat das noch einmal bestätigt (Aktenzeichen I ZR 109/06). Es lohnt sich, die jetzt endlich vorliegende schriftliche Urteilsbegründung der Karlsruher Richter genauer unter die Lupe zu nehmen. Zum Verständnis ist außerdem die Darstellung der recht verzwickten, aber im Onlinegeschäft so eigentlich alltäglichen Sachlage notwendig.
Die Sachlage
Die Inhaberin der Wortmarke „ROSE“, eingetragen für Fahrräder, deren Einzelteile sowie Fahrradzubehör, sowie der Wort- und Bildmarke „ROSE“ für Fahrräder, Fahrradzubehör und Bekleidungsstücke bietet unter ihrer Firma Rose Versand GmbH ihr Sortiment im Internet unter dem Domainnamen www.roseversand.de an.
Der Internetversandhandel www.raddiscount.de bietet Fahrräder, Fahrradzubehör und Fahrradbekleidung an. Um die Zugriffe auf seine Site zu erhöhen, arbeitet er im Rahmen eines Partnerprogramms mit Werbepartnern zusammen. Diese Affiliates sind Betreiber anderer Internetseiten, die einen Link zu raddiscount.de einrichten.
Sie erhalten eine Provision, wenn ein Kunde über diesen Weg auf raddiscount.de gelangt und einen Kaufvertrag abschließt. In die rechtliche und finanzielle Abwicklung des Partnerprogramms der Beklagten ist die affilinet GmbH eingeschaltet, die vertragliche Beziehungen sowohl zu der Beklagten als auch zu den einzelnen Werbepartnern unterhält. Dieses Vorgehen ist bekannt und weit verbreitet.
Abmahnung des Affiliates
Der Streit, der vor dem BGH verhandelt wurde, entstand durch einen der Werbepartner, die 0049-net GmbH, die unter mehreren Domainnamen Internetseiten betreibt. Dazu gehören auch www.0049-index.de, www.superschnelle-raeder.de und www.tipps.de. Im Herbst 2004 wurde bei Eingabe der Wörter „rose bike“ bei Google an achter Stelle der über 1,5 Millionen Einträge umfassenden Trefferliste auf das Suchergebnis mit dem Domainnamen www.superschnelle-raeder.de hingewiesen. Es war mit „fahrrad rose bike wear“ überschrieben.
Nach Anklicken erfolgte eine Weiterleitung zur Internetseite mit dem Domainnamen www.tipps.de, auf der sich unter der Überschrift „Raddiscount“ ein Link zu raddiscount.de befand. Nach Abmahnung durch die Rose Versand GmbH beseitigte die 0049-net GmbH den Link und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Wer haftet für die Taten des Affiliates?
Das genügte dem Markeninhaber aber nicht. Er nahm auch raddisocunt.de auf Unterlassung in Anspruch. Die Argumentation: Die 0049-net GmbH habe die gute Platzierung des Domainnamens als Suchergebnis in der Trefferliste nur durch die Verwendung der Begriffe rose und bike als versteckte Suchwörter im Quelltext der Internetseite (Metatags) und die Beeinflussung des Suchergebnisses durch deren sichtbare Verwendung erreicht. Für die Rechtsverletzungen seines Werbepartners 0049-net GmbH hafte raddiscount.de als Störer.
Die Klägerin hat beantragt, dass raddiscount.de bei der Werbung für einen Online-Shop die Bezeichnung „rose“ und/oder „rose bike“ nicht mehr nutzen darf. Bei Eingabe des Begriffs „rose bike“ als Suchbegriff in einer Internetsuchmaschine dürfe keine Internetseite mehr angezeigt werden, die mit dem Onlineshop so verlinkt ist, wie dies bei www.superschnelle-raeder.de geschah.
Das wollte raddisocunt.de so nicht akzeptieren. Für die Werbung ihres Affiliates unter www.superschnelle-raeder.de sei man nicht haftbar. Es sei nicht möglich sei, alle 6000 Werbepartner zu kontrollieren. Das Landgericht hatte raddiscount.de jedoch verurteilt. Auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln blieb erfolglos. Dagegen richtete sich die Revision vor dem BGH.
Die Begründung des Bundesgerichtshofs
Dieser entscheid nun, dass der Händler sehr wohl für die Rechtsverletzungen seines Affiliates haftet. Das Argument, eine regelmäßige Überprüfung von über 6000 Affiliates sei nicht möglich und zumutbar, greife nicht. Die vielfach kritisierte Rechtsprechung zur uferlosen Mithaftung wird damit vom BGH als richtig und zutreffend eingestuft.
Der Shopbetreiber haftet jedoch nur für die Affiliates, die bei ihm offiziell angemeldet sind. Im vorliegenden Fall hatte der Affiliate die rechtswidrige Werbung auf einer Domain geschaltet, mit der er nicht beim Netzwerk angemeldet war. In einem solchen Fall hafte der Händler nicht, da der Affiliate die Grenzen des rechtlich Zurechenbaren überschreite und nicht mehr dessen Interessen, sondern ausschließlich die eigenen wahrnehme. Ob dies auch im vorliegenden Fall so war, konnte der BGH aufgrund fehlenden Sachverhalts nicht näher beurteilen und verwies daher den Rechtsstreit an die vorhergehende Instanz zurück.
Die Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet aktuelle Urteile aus dem IT-Bereich. Sie ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Podcast.
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