Beobachtet man die jüngsten Bewegungen im Markt der großen IT-Anbieter, kommt man zu dem Schluss, dass die Bosse zu glauben scheinen, dass Switches und Router der Kommunikationsausrüster mit in das Angebot eines „kompletten Technologie-Stapels“ (complete technology stack) gehören. Der Trend geht nach jahrelanger, aufsplitternder Spezialisierung wohl wieder hin zum Allgemeinanbieter, zum „one-stop-shop“, wie das die amerikanischen Marketingstrategen nennen. Nur so sind die Aktionen von Oracle-Chef Larry Ellison, Cisco-Chef John Chambers und jetzt auch HP-Manager Mark Hurd zu verstehen.
Vor allem Cisco hat im März dieses Jahres durch seine Ankündigung, ins Servergeschäft einsteigen zu wollen, den Markt des Corporate Computing in Bewegung gebracht. Damit drang der Netzwerkausrüster in das angestammte Geschäft bisheriger Partnerunternehmen wie Hewlett-Packard oder Dell ein.
Ziel des ehrgeizigen Cisco-Chefs ist es, den führenden Netzwerker neben den Giganten HP, IBM und künftig auch Oracle zu einer mächtigen IT-Marke aufzubauen. Alle wollen mit einem Komplettpaket aus Servern, Netzwerkinfrastruktur und Speicherzugang sowie der immer wichtiger werdenden Software für Virtualisierung im scharfen Kampf um die Ausrüstung neuer Rechenzentren punkten.
Das Problem der Hersteller
Alan Weckel, Analyst bei der Dell’Oro Group, hat bereits vergangene Woche im Gespräch mit ZDNet über eine weitere Konsolidierung des Marktes spekuliert. Er verglich die derzeitigen Vorgänge im Markt für Rechenzentrumsausrüstung mit denen im VoIP-Segment vor ein paar Jahren: Damals hätten die Anbieter im Kampf um Marktanteile sowohl mit den Netzwerk- als auch den Datenverantwortlichen in den Firmen sprechen müssen.
Heute seien die in den Firmen in einem Team zusammengefasst. Auch die Teams bei den Kunden, die sich um die Rechenzentren kümmern, sind heutzutage noch getrennt: Es gebe im ungünstigsten Fall Ansprechpartner für Server, für Virtualisierung, für Netzwerk und für Storage, so Weckel. Die Hersteller könnten nie sicher sein, welcher letztendlich den Ausschlag für die Entscheidung gebe, und müssten daher versuchen, allen vier Personen Angebote zu unterbreiten – jeweils ausgehend von deren primären Interessen.
Für Dell’Oro-Analyst Alan Weckel kam die Übernahme von 3Com nicht überraschend (Bild: Dell’Oro-Group).
Bis die Teams zusammenwachsen, werden noch ein paar Jahre vergehen. Aber diese Jahre sind entscheidend, denn in ihnen kämpfen die Anbieter um die Pole Position für das Rennen um die Rechenzentren. Daher erwartete Weckel in der nahen Zukunft weitere Übernahmen. 3Com sah er als einen der Kandidaten. Dass es so schnell gehen würde und dass ausgerechnet HP der Käufer sein würde, sah Weckel jedoch nicht voraus.
Angesicht dieser Entwicklung verdichten sich die Gerüchte, dass die nächste Übernahme eines Netzwerkers nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Dabei ist immer wieder von Brocade die Rede, dessen Geräte vor allem in Rechenzentren ihren Einsatz finden. Das wie Cisco in der Silicon-Valley-Hauptstadt San Jose angesiedelte Unternehmen könnte von IBM übernommen werden.
Weitere Übernahmen in Sicht?
Aus Kreisen von IBM hört man immer wieder, dass Big Blue wieder zu einer Komplettangebotspolitik zurückkehren will. Die vertiefte Kooperation mit Brocade, nicht lange nachdem dieser Anbieter den Switchlieferanten Foundry Networks übernommen hatte, könnte ein erster Schritt in diese Richtung gewesen sein. Auch der kürzlich geschlossene Kooperationsvertrag zwischen Dell und Juniper passt ins Bild. Dell’Oro-Analyst Weckel sieht ihn vor allem als gute Nachricht für Juniper. Mit ihm trage auch Dell der Tatsache Rechnung, dass die Bereiche Storage, Server und Networking zusammenwachsen.
Dell-Produktmanager Larry Hart sieht sein Unternehmen durch die Kooperationen mit Juniper und Brocade im Netzwerkbereich gut aufgestellt (Bild: Dell).
Larry Hart, Worldwide Product Manager in Dells Networking and Storage Group, wies im Gespräch mit ZDNet ebenfalls darauf hin, dass Firmen in Rechenzentren heute als reine Produktlieferanten schwere Karten haben. Seiner Ansicht nach geht es darum, Lösungsangebote aus Server, Storage, Netzwerk und Systemmanagement zu liefern. Hart räumte aber ein, dass Dell mit seinen „Power Connect“-Produkten nur eine Reihe anbieten könne, die sich für den Betrieb in Rechenzentren nicht eignen. Daher sollen künftig mit der Serie Power Connect J (mit J für Juniper), Produkte des Netzwerkspezialisten als Teil von Dell-Gesamtlösungen mitvermarktet werden. Für die Storageanbindung setzt Dell auf eine Partnerschaft mit Brocade und die Anfang September angekündigte Zusammenarbeit mit Scalent soll die vorhandenen Möglichkeiten des Systemmanagements aufpolieren. Der Kauf von Perot Systems bringt schließlich die notwendige Service-Power.
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