Die Hintergründe zur aktuellen Vereinbarung über Abgaben auf PCs

Der Bundesverband Computerhersteller e.V. hat sich eigenen Angaben zufolge „Ende letzten Jahres gegründet, um gezielt die Interessen der PC-Anbieter in den urheberrechtlichen Verhandlungen vertreten zu können.“ Mitglieder sind Acer, Fujitsu, Hewlett-Packard, IBM, Medion, Samsung und Sony.

Erstaunlich eigentlich, dass ein vor gut zwei Wochen gegründeter Verband schafft, woran der mächtige Bitkom seit Jahren scheitert und innerhalb von wenigen Tagen – noch dazu über die Feiertage – die jahrelang und ausführlich vor Gerichten, Schiedsstellen und in Gremien verhandelte Urheberabgabe für PCs festlegt. Und noch dazu mit genau 13,65 Euro (mit integriertem Brenner) beziehungsweise 12,50 Euro – was immerhin ein paar Euro mehr sind, als bisher bezahlt wurde und nur wenige Euro unter der letzten Forderung der ZPÜ.

Umso erstaunlicher wenn man erfährt, dass die Vereinbarung schon am 23. Dezember geschlossen worden sei – scheinbar mehr oder weniger zeitgleich mit der Gründung des Verbandes. Und warum gründet sich so ein Verband überhaupt? Haben nicht die Hersteller, allen voran Acer und Hewlett-Packard, sich als mutige Vorkämpfer gegen Abgaben jeder Art positioniert?

Erste Aufschlüsse bringt ein Blick in die Akten des Landgerichts Berlin. Dort liegt nämlich eine einstweilige Verfügung vor, die die Brunen IT Distribution GmbH und die Hyrican Informationssysteme AG gegen den Bitkom erwirkt haben (Aktenzeichen 16 O 537/09). Mit ihr wird dem Branchenverband untersagt, „wie mit E-Mail vom 21.12.2009 angekündigt, den Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff UrhG für PCs und den Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs gemäß § 54 Abs. 1 UrhG für die Jahre 2002 bis 2007 mit der Zentralstelle für private Überspielungsrechte ZPÜ, der VG Wort und der VG Bild-Kunst abzuschließen, solange keine erneute Abstimmung mit dem Arbeitskreis ‚Urheberrechtliche Abgaben‘ des Antragsgegners und eine erneute Beschlussfassung im Präsidium des Antragsgegners erfolgt ist.“

Der Verfügungsanspruch ergebe sich daraus, dass dem Präsidium des Bitkom die interne Geschäftsführungsbefugnis gefehlt habe, einen derartigen Vertrag zu unterzeichnen.

Oder anders formuliert: Das Bitkom-Präsidium hat zwei Tage vor der Einigung des BCH mit der ZPÜ einen gleich oder ähnlich lautenden Vertrag unterzeichnet, hätte dies aber nicht tun dürfen. Warum nicht? Die Antwort ist ebenso einfach wie erschreckend: Weil in der Abstimmung des Arbeitskreis ‚Urheberrechtliche Abgaben‘ im November keine ausreichende Mehrheit dafür zustande gekommen ist.

Oder anders gesagt: Das Präsidium hat sich – vermutlich auf Druck einiger Mitglieder – über die Entscheidung des zuständigen Arbeitskreises hinweggesetzt. Nachdem dieser Schritt nicht zum Erfolg geführt hat, wurde kurzerhand der Bundesverband Computerhersteller e.V. gegründet, der das schon ausgearbeitete Papier dann unterzeichnet hat. Aber was ist es überhaupt wert?


Kind einer Nacht-und Nebelaktion: Viel hatte die Website des „Bundesverbandes Computerhersteller e.V.“ heute noch nicht zu bieten (Screenshot: ZDNet).

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ZDNet.de Redaktion

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