Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen hat in zwei Fällen (Az. 9 K 305/09.GI und 9 K 3977/09.GI) gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren auf internetfähige PCs entschieden. Mit zwei heute ergangenen Urteilen hob das Gericht Gebührenbescheide des Hessischen Rundfunks (HR) auf, mit denen dieser die Kläger zu Gebühren für die Bereithaltung eines „neuartigen Rundfunkgeräts“ herangezogen hatte.
Die Kläger, ein Optikerunternehmen und ein Sportverband, hatten dem unter anderem entgegengehalten, dass die Geräte nur für die Mitgliederverwaltung, zur Gestaltung der Internetpräsenz und für den Mailverkehr genutzt würden. Ein Zugriff sei dabei technisch nur auf ausgewählte, geschäftsbezogene Internetseiten möglich.
Laut dem Verwaltungsgericht gilt ein internetfähiger Computer zwar grundsätzlich als Rundfunkempfangsgerät, eine Gebührenpflicht besteht jedoch nur, wenn der PC auch nachgewiesenermaßen für den Rundfunkempfang bereitgehalten wird. Anders als bei Radio oder Fernseher stelle die Rundfunkempfangsmöglichkeit bei Computern nur eine untergeordnete Funktion dar, so dass nicht wie bei herkömmlichen Geräten allein aus dem Besitz auf das – vom Gebührenpflichtigen im Einzelfall kaum zu widerlegende – Bereithalten zum Empfang geschlossen werden könne.
Im Fall von internetfähigen PCs müsse die Rundfunkanstalt das tatsächliche Bereithalten zum Rundfunkempfang im Einzelnen nachweisen, so das Gericht. Dies sei dem HR in beiden Verfahren nicht gelungen. Generell dürfte es den Rundfunkanstalten allein aufgrund der Masse an Verfahren nur schwer möglich sein, einen solchen Nachweis in größerem Umfang zu erbringen.
Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen betreffen Fälle, in denen nicht bereits ein herkömmliches Rundfunkempfangsgerät bereitgehalten wird und deshalb der internetfähige PC als sogenanntes Zweitgerät gebührenfrei ist. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der HR kann binnen eines Monats beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof Berufung einlegen.
Im Dezember hatte schon das Verwaltungsgericht Braunschweig eine Forderung des Norddeutschen Rundfunks nach GEZ-Gebühren für PCs für unzulässig erklärt. Die Begründung: Der NDR stelle im Internet „keinen gebührenrechtlich relevanten Rundfunk zur Verfügung“. Der Sender könne seine Radioprogramme im Internet nicht unbegrenzt vielen Nutzern anbieten. Zudem seien nicht nur privat, sondern auch gewerblich genutzte Zweitcomputer mit Zugang zum Internet von der Gebühr befreit.
Seit Januar 2007 verlangt die Gebühreneinzugszentrale 5,76 Euro für „neuartige Rundfunkgeräte“ wie internetfähige Computer oder Handys – allerdings nur dann, wenn weder Radio noch Fernseher angemeldet sind. Zuletzt hatten die Ministerpräsidenten die Möglichkeit prüfen lassen, von PC- und Smartphone-Besitzern die volle GEZ-Gebühr zu verlangen. Federführend ist die Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz. Die Pläne stießen auf heftigen Widerstand, unter anderem beim Bundesverband Digitale Wirtschaft.
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