Vorratsdatenspeicherung: Freibrief für den Gesetzgeber

Wie sich die weitere Gesetzgebung gestaltet muss abgewartet werden. In der schwarz-gelben Koalition, die sich nicht gerade durch sonderlich viele gemeinsame Positionen auszeichnet, bahnt sich bereits ein neuer Konflikt an.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kann es mit einem neuen Vorratsdatenspeicherungsgesetz nicht schnell genug gehen. Am Wochenende sprach er von einer „Sicherheitslücke“, die jetzt schnell geschlossen werden müsse. Noch vor der Sommerpause soll ein neuer Gesetzentwurf her, der den Vorgaben des Verfassungsgerichts genüge tut. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bringt sogar noch ein Stück Theatralik in die Diskussion: Dieser rechtslose Zustand koste unter Umständen sogar Menschenleben. Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, sprach vom berühmten „rechtsfreien Raum“, den man sich nicht „monatelang“ leisten könne.

Anders sieht das Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie fordert, dass man sich erst einmal seriös und handwerklich ordentlich mit den Auswirkungen des Gesetzes beschäftigen müsse. Bis 2008, vor dem Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung, seien sehr erfolgreich Straftaten verfolgt worden. Niemand müsse sich daher Sorgen machen, dass Deutschland in eine „Sicherheitslücke“ schlittern werde.

Auf EU-Ebene scheint man sich ganz neue Gedanken über die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu machen: Seit Februar ist in der EU-Kommission das Resort Justiz, Freiheit und Sicherheit in Inneres sowie Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft aufgeteilt.

Die neue EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström von der schwedischen liberalen Volkspartei steht der Richtlinie eher kritisch gegenüber. Sie will die Direktive bis Ende des Jahres evaluieren lassen. Man werde nicht nur überprüfen, ob sie angemessen und effektiv ist, sondern auch, ob sie mit der Grundrechtecharta des Lissabon-Vertrages vereinbar ist. Nach dem 11. September 2001 sei die Frage der Sicherheit mitunter wichtiger gewesen als die der Grundrechte. Man habe Entscheidungen getroffen, ohne lange genug nachzudenken.

Somit bleibt abzuwarten, ob und wie die EU die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung reformiert oder abschafft und ob das Bundesjustizministerium und die FDP eine Neufassung des bundesdeutschen Gesetzes so lange hinauszögern können. Die Entscheidung des europäischen Parlaments zur SWIFT-Datenübermittlung an die USA gibt Anlass zu einem Funken Hoffnung.

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Neueste Kommentare 

3 Kommentare zu Vorratsdatenspeicherung: Freibrief für den Gesetzgeber

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  • Am 17. März 2010 um 9:34 von Heinz

    Verfassungsgericht
    Von welcher Verfassung ist eigentlich hier die Rede?

    Wir haben doch gar keine Verfassung sondern nur ein Grundgesetz!

  • Am 13. März 2010 um 16:10 von Tim

    Staatliche Interessen über alles…..
    Ich finde es unglaublich, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei den Menschen heute keinen Wert mehr darstellt. Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes spiegelt daher nur die Meinung der Bürger wider, die sich kaum darum scheren, dass ihre Daten überall abrufbereit liegen, bei Amazon, bei Ebay, bei Yasni, Twitter und wie sie alle heißen. Damit wird jede erdenkliche Kleinstkriminalität abrufbar und kann meiner Karriere schaden. Kein Wunder, dass Frau Käßmann keinen Bock mehr auf das Amt hatte, weil ihr Fehltritt von den Medien bis ins letzte Detail durchgekocht wurde. Das will keiner. Aber dieser Druck wird in Zukunft nicht mehr „nur“ auf Personen bestehen, die in der Öffentlichkeit stehen, sondern jeder Bürger X oder Bürgerin Y wird ausgespäht. Praktisch, denn damit wird jeder epressbar, denn wer handelt schon 100% korrekt und legal während seiner ganzen Lebenszeit ? Gabs vielleicht mal eine sexuelle Seitensprung auch mal in eine bizarre Richtung ? Hat die Person mal irgendwas runtergeladen, was nicht legal war ? Ist Frau P. über Rot gefahren mit dem Fahrrad und hatte dabei auch noch einen meßbaren Alkoholpegel ? Das erinnert mich dem Grunde nach an die Ethik Akten bei Scientology, wo genau private Informationen und Vorlieben gespeichert werden, nach dem Motto: Vielleicht kann mans noch mal brauchen , oder ?
    Unter dem Deckmantel des kampfes gegen den Terrorismus erlaubt man die Sammlung aller möglichen Daten. Spüren werden es erst die, die die fatalen Folgen am eigenen Leibe erleben. Glück Auf!

  • Am 10. März 2010 um 11:36 von BeWild

    zu früh gefreut
    Ich hatte bisher leider keine Zeit mich näher mit dem genauen Wortlaut des Urteils auseinander zu setzen, aber ich hatte es schon irgendwie im Urin, dass da noch was dickes kommen wird.
    Was bedeutet das für mich?
    Weiterhin aktiv bleiben im Kampf gegen den Überwachungsstaat.
    So wird einem wenigstens nicht langweilig :-)

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