Dass eine technische Überwachung mittels Deep Packet Inspection (DPI), die alle IP-Pakete bis in den OSI-Layer 7 aufschlüsselt, Verstöße gegen das derzeitige Urheberrecht nicht einschränken kann, zeigt eine Studie der Universität Rennes (PDF): Nach der Einführung des Hadopi-Gesetzes ist die Piraterie um drei Prozent gestiegen. Die Forscher haben dazu im Dezember 2009 eine repräsentative Umfrage in der Bretagne durchgeführt – etwa drei Monate nach Inkrafttreten von Hadopi 2.
Die Nutzung von P2P-Diensten ist zwar von 17,1 auf 14,6 Prozent gesunken. Die Filesharer sind stattdessen auf sogenannte One-Click-Hoster wie Rapidshare und Megaupload umgestiegen, wenn sie eine erste Verwarnung erhalten haben.
Wenn diese Dienste ihrer Server in Staaten hosten, die dem ACTA-Abkommen nicht beitreten, können sie unbehelligt arbeiten. Das ACTA-Fact-Sheet zeigt, dass man sich dieser Problematik bewusst ist: „Große aufstrebende Volkswirtschaften wie China und Russland, die Verbesserungsbedarf bei der Durchsetzung von geistigem Eigentum (IPR enforcement) haben, sollen zum Beitritt ermuntert werden“, heißt es dort.
Selbst wenn Zugangsprovider aus ACTA-Staaten DPI-Techniken entwickeln, mit denen sich Urheberrechtsverletzungen mittels One-Click-Hostern feststellen lassen, werden sich Programmierer etwas einfallen lassen, die jeweils aktuellen Überwachungstechniken auszutricksen. Ein derartiges Katz‘- und Mausspiel kann weder von der Musikindustrie noch von ACTA-konformen Providern gewonnen werden.
Selbst wenn sich das Internet kontrollieren ließe, ist das derzeitige Urheberrecht in weiten Teilen nicht mehr durchsetzbar. Daumennagelgroße USB-Sticks mit einer Kapazität von 16 GByte erlauben die Speicherung von hunderten CDs. Sie können beliebig oft in wenigen Minuten verlustfrei ohne Internetnutzung kopiert werden.
Zudem bleibt die Entwicklung der Flashspeichertechnologie nicht stehen. Intel und Micron haben bereits 25-Nanometer-Flash-Chips gefertigt, die nach Schätzungen für etwa 0,36 Euro pro GByte Speicherkapazität produziert werden können und 200 MBit/s schnell sind. Kapazität und Geschwindigkeit werden weiter steigen. Die Preise werden fallen.
Letztendlich ist die Entwicklung eines neuen modernen Urheberrechts auf der Basis von neuen Geschäftsmodellen unerlässlich. Ein ACTA-Abkommen kann weder die Online- noch die Offline-Verbreitung von geschützten Werken stoppen. Sie öffnet lediglich der absoluten Überwachung aller Online-Aktivitäten von Bürgern Tür und Tor.
Neueste Kommentare
Noch keine Kommentare zu ACTA-Abkommen: lückenlose Überwachung im Internet
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.