Der EU-Ministerrat fordert die Einführung einer Infrastruktur zur Errichtung von Websperren nach dem Vorbild des deutschen Internetzensurgesetzes. Das geht aus einem geheimen Papier hervor, das der Arbeitskreis Zensur veröffentlicht hat.
Die derzeitigen Aktivitäten bei der Bekämpfung der Kinderpornografie wie das CIRCAMP-Projekt, das den „Child Sexual Abuse Anti-Distribution Filter“ (CSAADF) entwickelt hat, sollen kurzfristig fortgesetzt werden. Analog zum Zensursula-Gesetz implementiert CSAADF eine DNS-Sperre und zeigt Nutzern ein Stopp-Schild an.
An dem CIRCAMP-Projekt sind derzeit die Polizeibehörden von 12 EU-Staaten und Norwegen beteiligt, darunter auch das Bundeskriminalamt (BKA). In Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Italien und der Schweiz werden die CSAADF-Sperren bereits umgesetzt. Auch Neuseeland nutzt das europäische System. Großbritannien setzt hingegen eigene Filter mit der umstrittenen DPI-Technologie ein.
In Deutschland wird derzeit keine Websperren implementiert, obwohl es das Internetzensurgesetz vorschreibt. Inzwischen sind alle im Bundestag vertretenen Parteien mit der Ausnahme der CDU/CSU gegen die Einführung einer Internetzensur. Die derzeitige Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat sich auf einen rechtsstaatlich bedenklichen Kompromiss geeinigt, der das Internetzensurgesetz per Dienstanweisung an das BKA faktisch außer Kraft setzt.
Aus FDP-Kreisen ist zu hören, dass das Internetzensurgesetz durch ein Löschgesetz ersetzt werden soll. Vertreter der CDU/CSU betonen hingegen, dass man sich nur ergebnisoffen auf die vorübergehende Aussetzung des Gesetzes geeinigt habe und nach einem Jahr entscheiden werde, ob das Internetzensurgesetz angewendet oder durch ein anderes Gesetz ersetzt werden solle. Alle anderen Parteien fordern die ersatzlose Aufhebung des Internetzensurgesetzes. Darüber beriet der Bundestag bereits in erster Lesung mit teils hitzigen Diskussionsbeiträgen.
Der Arbeitskreis Zensur hält wie viele Bürgerrechtler ein Löschgesetz für überflüssig. Der Grundsatz dürfe nicht „Löschen vor Sperren“ heißen, sondern man müsse nach dem Prinzip „Löschen und Täter verfolgen statt Inhalte verstecken und Täter schützen“ vorgehen. Anhand einer kaum bekannten Analyse des BKA könne man erkennen, dass kinderpornografische Inhalte vor allem in den USA, Deutschland, den Niederlanden und Kanada gehostet werden.
In diesen Ländern ist eine Löschung strafbarer Inhalte ohne Probleme binnen weniger Stunden durchzusetzen. In der Regel reicht ein Hinweis an die per whois veröffentlichten Abuse-E-Mail-Adressen der Provider aus. Auf keiner Sperrliste sei auch nur eine Website aus sogenannten „Failed States“ vorhanden, bei denen man befürchten muss, dass sie kinderpornografische Inhalte im Internet dulden.
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