Ein in Deutschland wohnhafter Kläger hatte sich gegen einen Artikel gewandt, der in der „New York Times“ erschienen und im Onlinearchiv der Zeitung abrufbar war. Er war der Auffassung, dass durch die dort publizierten Äußerungen sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt werde.
Die Instanzen zuvor wiesen die Klage mangels Unzulässigkeit ab. In den Urteilsbegründungen hieß es immer, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei nicht gegeben. Der Kläger legte jedoch Rechtsmittel ein und wandte sich schließlich an das höchste deutsche Gericht.
Und die Richter des Bundesgerichtshofs gaben ihm Recht (Aktzenzeichen VI ZR 23/09) und verwiesen die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. Sie begründeten das damit, dass bei Klagen gegen unerlaubte Handlungen grundsätzlich das Gericht zuständig sei, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden sei.
Dasselbe gelte für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte: Ausschlaggebend sei, dass ein Bezug zu Deutschland vorliege. Damit gab der Bundesgerichtshof in diesem Punkt seine bisherige Rechtsprechung zum sogenannten „bestimmungsgemäßen Abruf“ auf.
Der Artikel, der das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletze, sei zwar in den USA erschienen, der eigentliche Ort der Persönlichkeitsrechtsverletzung befinde sich aber in Deutschland. Dies liege zum einen daran, dass der Kläger hier seinen Lebensmittelpunkt habe. Zum anderen begründe es sich dadurch, dass der Artikel auch in Deutschland abrufbar gewesen sei. Dadurch weise der in der „New York Times“ erschienene Bericht deutliche Bezüge nach Deutschland auf. Die deutsche Gerichtsbarkeit sei daher auch international zuständig.
Wichtig an der Entscheidung ist, dass die geändert Ansicht des Gerichts zum sogenannten „bestimmungsgemäßen Abruf“ nur für Persönlichkeitsverletzungen gilt. Bei allen „marktbezogenen Delikten“, zu denen zum Beispiel Wettbewerbsverletzungen zählen, sind hingegen die bisher gültigen Grundsätze des „bestimmungsgemäßen Abrufs“ auch weiterhin voll anwendbar.
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1 Kommentar zu Deutsche Gerichte auch für Online-Rechtsverletzung in den USA zuständig
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Und wenn Gerichte anderer Länder sich für deutsche Webseiten zuständig erklären?
Nehmen wir mal den Fall, ein Internetnutzer in einem der moslemischen Länder fühlt sich durch die (halb)nackten Mädels auf deutschen Internetseiten in seinem Glauben, Kultur oder was auch immer beleidigt und verklagt den deutschen Seitenbetreiber in seiner Heimat.
Das dortige Gericht kann nun mit der gleichen Begründung den deutschen Seitenbetreiber verurteilen: die Beleidigung fand in dem Land statt, in dem der Kläger seinen Lebensmittelpunkt hat, da die Seite auch von dort abrufbar war. Dann wäre ich mal gespannt, was dabei raus käme.
Am besten klemmen wir das Internet wieder an den Landesgrenzen ab. Dann kann man auch keinen mehr beleidigen, der am anderen Ende der Welt sitzt.