Google Street View: neue Kritik und alte Gegner

Dass die Mühlen der Justiz langsam mahlen – und die der Gesetzgebung unter Umständen noch langsamer -, will aber nicht jeder hinnehmen. Manche wehren sich – zum Teil sogar sehr aggressiv. So sorgte ein 70-jähriger aus Steyregg in Oberösterreich für Aufregung, als er den vor seinem Haus vorbeifahrenden Street-View-Wagen angeblich mit einer Spitzhacke angriff, weil er sich und sein Haus nicht für das Internet fotografieren lassen wollte – was sich später allerdings relativierte: Scheinbar hatte er das bei der Gartenarbeit verwendete Werkzeug nur zufällig in der Hand gehalten und nicht tatsächlich dazu benutzt, um seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen.

In Oldenburg wurden dagegen bei einem Fahrzeug, mit dem Aufnahmen für den Dienst Street View angefertigt werden sollten, die Verbindungskabel zwischen der auf dem Dach montierten Kameraanlage und dem Fahrzeuginneren durchtrennt und die Luft aus den Reifen gelassen. Aber auch hier richtete sich die Aggression noch nicht gegen den Fahrer des Wagens, wurde doch unter dem Scheibenwischer ein Zettel hinterlassen, um auf die platten Reifen aufmerksam zu machen.

Im nahe gelegenen sogenannten Wittlager Land sorgte der Beginn der Street-View-Erfassung ebenfalls für heftige Diskussionen. Im Bericht der regionale Presse kommt Rainer Ellermann, Bürgermeister der Gemeinde Ostercappeln zu Wort: Er findet das ganze diplomatisch „ein schwieriges Thema.“

Für den Tourismus und dreidimensionale Kartenbilder bei Navigationsgeräten hätten solche Aufnahmen natürlich Vorteile. Ellermann, der auch Mitglied im Rechts- und Verfassungsausschusses des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes ist, stellt im Gespräch mit der Tageszeitung aber auch fest, dass es an geeigneten Rechtsgrundlagen fehle, um die Tätigkeit von Google Street View von kommunaler Seite her einzuschränken oder zu überwachen.

Bayerische Gemeinden besonders aktiv

Diese Einschätzung ihres norddeutschen Kollegen hält aber vor allem bayerische Lokalpolitiker nicht davon ab, sich mit der scheinbar gegen Street View herrschenden Meinung gemein zu machen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv zu werden. So beschließen Stadt-, Gemeinderäte oder Münchner Bezirksausschüsse mit schöner Regelmäßigkeit, dass Google mit Street View bei ihnen unerwünscht sei und dass Links zum Musterwiderspruch oder ein entsprechendes PDF auf von ihnen betriebenen Webseiten publiziert oder gleich das Formular im Gemeindeblatt publiziert werden soll.

Ein Beispiel für solch eine Aktionen ist Zorneding im Landkreis Ebersberg östlich von München. Aber auch der Bezirksausschuss der Münchner Stadtteile Trudering-Riem hat ähnliche Beschlüsse gefasst und gefordert, die derzeit geltende Beweispflicht umzukehren: Google solle sich das Einverständnis der betroffenen Bürger einholen statt zu verlangen, dass sich Gegner aktiv an den Konzern wenden müssen. Der Bezirksausschuss Schwabing-West unterstützt die Truderinger.

Dass die Diskussion derzeit hauptsächlich emotional geführt wird zeigt auch der Beschluss des Wolnzacher Gemeinderats . Die nördlich von München gelegenen Ortschaft will als Besitzerin der Gebäude ihr Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung von Aufnahmen der Grund- und Hauptschule sowie der gemeindeeigenen Kindergärten geltend machen.

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5 Kommentare zu Google Street View: neue Kritik und alte Gegner

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  • Am 25. Dezember 2010 um 17:49 von Detailed View

    Jagd auf die Gegner…..
    Ist zwar im Frühling/Sommer besser (Licht und trockene Füße), aber ich habe mal testweise an einer Straße durch die ich fuhr ein paar unscharfe Häuser fotografiert. In der Tasche MyTracks (auch von Google ;] ) mitlaufend (oder man hat eine Kamera mit internem GPS).
    Mit GeoSetter dann in die Fotos die Koordinaten (aus der Gpx-Datei aus MyTRacks) schreiben, und bei Panoramio hochladen. Ups, schon wieder ein Google-Dienst ;] .
    Etwas warten, und Google übernimmt die Fotos in Earth, Maps und Stret View.
    Zugleich habe ich natürlich noch die App „Wardriving“ für Android mitlaufen lassen. Und nicht zu vergessen die Namensschilder/Briefkästen von nahem zu fotografieren.

    In die Briefkästen einen Zettel (http://goo.gl/G9UzS z.B. 9x auf ein A4-Blatt gedruckt, kann gerne von jedem verwendet werden, die Nummer am besten so lassen) mit erfundenem Produktnamen und dem Glückwunsch dass die Wohnadresse nun fotografiert wurde, und mit Infos zu Bewohnern und WLAN-Netzwerken online abrufbar sein wird.
    Darunter noch eine reguläre Festnetznummer mit AB, real klingender Computersyntheseansage (Voice-Studio-Demo), und jetzt mal abwarten ob da irgendeiner seinem Unmut Luft macht.
    Evtl. noch mit Nennung des Namens, Adresse und Rufnummer. Zumindest die Rufnummer werden einige wohl übertragen.
    Ein Spaß für YouTube und Co..

    • Am 5. Januar 2011 um 22:01 von vishna

      AW: Jagd auf die Gegner…..
      Offensichtlich kapieren es einige nicht! Wenn ich dann Sätze höre „Wer nichts zu verbergen hat…“
      Keine Ahnung ob es sich bei solchen Schreiberlingen um jüngere Mitbürger handelt, ich nehme es aber an. Viele Jugendliche sind heutzutage dermaßen desensibilisiert bezüzlich ihrer Privatsphäre, es gehört ja offensichtlich zum guten Ton sich in den sozialen Netzen mit allem was man hat oder nicht hat zu offenbaren. Warum solche Kreaturen sich jetzt in den Dienst eines Konzerns stellen und andere, die von ihrem Recht gebraucht machen nicht jedem Hansel alles sofort vom Schreibtisch aus zugänglich zu machen, ist mir unbegreiflich. Ein wenig mehr Sozialkempetenz wäre schön, vielleicht gibt es die ja als Update.

  • Am 30. April 2010 um 11:11 von BenMan

    Ist es denn so schlimm?
    Was ist denn so schlimm daran, dass Google Daten sammelt?
    Wer nicht zu verstecken hat, der hat doch nichts zu befürchten. Das ist eine provokante Äußerung, welche die Menschen in ihren Meinungen sicherlich spaltet.

    Wir versuchen auf wordpress (gbuchskandal) in einem Projekt einer Hochschule pro und kontra zu erfahren.
    Ist es nicht so? Könnte die Datensammlung nicht auch Vorteile haben?

  • Am 24. April 2010 um 8:49 von Brause

    Unterschied
    Es ist ein Unteschied, ob ich als Eigentümer auf einer von mir kontrollierten Website etwas bereitstelle, oder ob ein fremdes Unternehmen ohne mein konkretes Einverständnis/Kontrolle etwas darüber verbreitet und mit Werbung garniert.

  • Am 23. April 2010 um 15:46 von Invisibile00


    Unglaublich !!
    Hier möchte sich kleine politiker Profilieren!
    Die arrogranz mit den die Politik mit den Ängsten der Mensche umgeht ist einen großeren Verbreche als das Google häuser fotografiert und Wlan speichert Zur navigation ohne GPS!

    Wohl gemerkt google ist spät dran ganz deutschland ist schon nach private Wlan durchsucht worde.. von einer Deutsche firma.. komisch da spricht keine mehr druber….
    Seltsam…

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