Die Integration von Office Web Apps in Facebook ist letzendlich wohl eher ein symbolischer Akt, mit dem Microsoft auch in diesem Segment Google den Fehdehandschuih hinwirft. Zum – wie teilweise schon gemutmaßten „Google-Docs-Killer“ – taugt der Dienst dagegen eher nicht.
Er ist technologisch durchaus gelungen. Außerdem kann er durch die den meisten Nutzern von den Office-Produkten aus Redmond gewohnte Benutzerführung punkten. Dennoch hat er ein schwerwiegendes Manko: Wird es wirklich eine nennenswerte Anzahl von Facebook-Nutzern geben, die regelmäßig und ernsthaft gemeinsam an Dokumenten arbeiten und die Spaß-Seite Facebook als bevorzugte Plattform für das Erstellen von neuen Inhalten akzeptieren?
Die Antwort darauf ist sicher ein klares „Nein“. Möglicherweise nutzen einige den Dienst gelegentlich, um zusammen einen Geburtstagsgutschein für einen gemeinsamen Freund oder ähnliches zu entwerfen. Denkbar wäre auch, dass Schüler und Studenten ihn einsetzen, um gemeinsam Referate oder Hausarbeiten zu bearbeiten. Für Firmen, die den Zugriff auf Facebook derzeit immer häufiger blockieren, ist er sicher nichts.
Sie werden sich entweder stärker mit Google Apps befasssen, oder auch künftig in das Microsoft-Ökosystem investieren – da insbesondere in Office 2010. Schließlich bekommen sie dort unternehmenstaugliche Office Web Apps mitgeliefert, die sich wahlweise als Ergänzung oder als Ersatz für das gewohnte Desktop-Computing nutzen lassen.
Diese Firmen wird Microsoft auch nicht so ohne weiteres in die Cloud entlassen. Die Business-Version der Office Web Apps setzt für die firmeninterne Nutzung den SharePoint Server 2010 voraus oder kann als gehosteter Dienst im Abonnement von Microsoft bezogen werden. Außerdem müssen Firmen, die Office Web Apps im On-Premise-Modus laufen lassen wollen, eine Volumenlizenz von Office Professional Plus 2010 oder Office Standard 2010 erwerben. Trotz der in Redmond plötzlich entdeckten Liebe zur Cloud hat man die Liebe zum Lizenzverkauf also nicht komplett vergessen.
Firmen werden außerdem wohl kaum eine abgespeckte Office-Version auf Facebook gegen SharePoint und Office Professional eintauschen. Dennoch sollte die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Microsoft und Facebook auch nicht unterschätzt werden. Facebook Docs ist ein Angriff auf die Prinzipien des Google-Geschäftsmodells.
Im Gegensatz zu Microsoft ist und bleibt Google ein wichtiger Verfechter des offenen Webs. Das zeigt sich auch daran, dass der Konzern Entwicklern kostenfrei Tools und Ressourcen zur Verfügung stellt. Google hat seine APIs geöffnet und ist sowohl mit Android als auch seinen Marketplaces – sowohl für Google Apps als auch für Android – erfolgreich.
Microsofts Bereitschaft, eine Vielzahl von Angeboten anderer Marktteilnehmer zu nutzen, um sein Ökosystem zu vergrößeren und seine Anwendungen in der Cloud fester zu verankern, sollte Google dennoch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn dadurch werden den Microosft-Angeboten riesige Mengen loyaler Nutzter zugeführt. Die Marke Microsofts und die enge Integration mit den nun einmal den Markt dominierenden Desktop-Tools aus Redmond sind für viele Anbieter nach wie vor äußerst attraktiv. Und jeder Nutzer, der so gewonnen wird, ist ein verlorener Nutzer für Google. Darauf kommt es Microsoft derzeit wohl vor allem an.
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