Hewlett-Packards Wege aus der Microsoft-Umklammerung

Ein Original Equipment Manufacturer (OEM), also die Firma, deren Name auf dem PC steht, möchte, dass sich der Hersteller der Software, die er vorinstalliert, um den Kunden kümmert. Das heißt: Der PC-Anbieter braucht einen Softwarepartner, der eine breite und gestaffelte Supportinfrastruktur vorhält und der die Marketing-Power hat, um ihm dabei zu helfen, große Stückzahlen durch die Läden zum Kunden zu schleusen. Kurzum: Der PC-Anbieter will auf seinen Rechnern Software haben, die Kunden in die Läden lockt, aber sie von ihm selbst möglichst weit fernhält.

Linux hat diese zwei Anforderungen im Privatkundenbereich nie erfüllen können. Die Firmen, die Linux-Distributionen anbieten, sind einfach zu klein, um dieser Aufgabe weltweit gewachsen zu sein. Die den Markt mitbestimmenden taiwanischen OEMs fühlten sich daher bislang an Microsoft gefesselt. Denn trotz aller Fehler, Unzulänglichkeiten und Skandälchen können die Redmonder genau das, was ein OEM von einem Softwareanbieter erwartet – und waren damit bisher ziemlich allein auf weiter Flur.

Warum Android anders ist

Das ändert sich. Denn für die Hersteller wird Google immer interessanter. Sie haben gesehen, wie es der Konzern mit Android schafft, die nötige Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer zu erregen, diese aber gleichzeitig auch davon abhält, sich bei Problemen an den Hardware-Hersteller zu wenden. Außerdem ist Android für die OEMs kostenlos und leicht anpassbar – zwei weitere starke Argumente gegenüber dem vergleichsweise teuren und starren Windows.

Warum HP keine Lust auf Android hat

Es gibt aber auch PC-Anbieter, die weniger begeistert sind: Dazu gehört zum Beispiel Hewlett-Packard. Der PC-Marktführer dürfte kaum Lust verspüren, die immerhin bekannten Windows-Fesseln gegen die unbekannten, aber wahrscheinlich nicht weniger unbequemen Google-Fesseln zu tauschen. Möglicherweise hat man deshalb in letzter Zeit gleich zwei Linux-Anbieter übernommen: Für die ansehnliche Summe von 1,2 Milliarden Dollar Palm mit seinem WebOS und für den vergleichsweise bescheidenen Betrag von 12 Millionen Dollar Hyperspace, die bisher zum BIOS-Hersteller Phoenix Technologies gehörten.

WebOS soll HPs kommenden iPad-Konkurrenten und andere mobile Geräte antreiben und wenn sich dann auch noch ein Smartphone-Anbieter finden lässt, der es nutzen will, würde HP wahrscheinlich auch nicht „nein“ sagen. Der Versuch ist verständlich, denn schließlich hat HP schon viele Jahre Tablets hergestellt, bevor Steve Jobs überhaupt vom iPad geträumt hat. Leider liefen alle mit dem Universalbetriebssystem Windows und floppten wahrscheinlich auch deshalb.

HPs schwere Aufgabe

Aber es dürfte für HP aus mehreren Gründen schwer werden, in diesem Umfeld Erfolg zu haben. Erstens drängt aufgrund des plötzlichen Erfolgs der Tablets eine Vielzahl von Anbietern in den Markt – seien es nun altbekannte Wettbewerber wie Asus, Dell, MSI, Toshiba und Samsung oder neue wie Archos, Joojoo, Neofonie und RIM.

Zweitens: Es könnte dafür keine App geben – sprich die Zahl der Anwendungen für das WebOs und die Zahl der sich damit beschäftigenden Entwickler könnte zu gering sein. Diese Schwierigkeit hat Palm schon vor der Übernahme durch HP erkannt – beseitigt wurde sie bisher jedoch nicht.

HP hat mit dem Kauf von Palm und WebOS die oben angesprochenen Probleme der Linux-Distributionen aber nicht gelöst, sondern sie nur ins eigene Haus geholt. Sein Name steht jetzt nicht mehr nur auf dem Gerät, sondern auch auf der Software. Probleme damit lassen sich auf niemanden abwälzen. Sollte damit die Freiheit von Windows errungen werden, ist sie teuer erkauft.

Auf lange Sicht könnte sich das wesentlich günstiger erworbene Hyperspace als besseres Geschäft erweisen. Denn Hyperspace arbeitet im BIOS. Es beginnt sofort zu arbeiten, wenn das Gerät angeschaltet wird. Dieses Feature erlaubt tatsächlich mit dem iPad oder dem nach Herstellerangaben in neun Sekunden einsatzbereiten Tablet von Joojoo vergleichbare Geräte.

Wie Hyperspace HP helfen könnte

Außerdem bietet Hyperspace HP Raum, um sich in der Linux-Welt auszubreiten. Indem organisch Funktionen hinzugefügt werden, könnte sich HP etwas zusammenbasteln, das Windows auf weniger leistungsfähigen Geräten wie Netbooks überflüssig machen könnte. Nach dem Ende von XP ist Bedarf vorhanden. Und die durch den iPad-Rummel etwas ins Abseits geratene Nische könnte mittelfristig wieder mehr Bedeutung gewinnen – vorausgesetzt, es steht eine schlanke, bei jedem Aufklappen des Deckels sofort einsatzbereite Software dafür zur Verfügung.

Das Grundproblem bleibt jedoch dasselbe. Befreit sich HP von der jahrelang halb widerwillig, halb ergeben ertragenen Windows-Tyrannei, übernimmt der Konzern komplett die Verantwortung für die Software und die Kundenzufriedenheit. Das hat bisher im Privatkundensegment keine Linux-Distribution geschafft. Sollte HP – immerhin weltweit größter PC-Lieferant – diese Herkulesaufgabe aber bewältigen, könnte der Weg aus der Umklammerung Microsofts erfolgreich verlaufen.

ZDNet.de Redaktion

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