Rainer Brüderle (Bild: BMWi)
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will den umstrittenen elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) aussetzen. Als Grund führt er jedoch nicht die anhaltende Kritik an dem Datenübermittlungsverfahren an, sondern die klammen Haushaltskassen.
„Wir müssen verschärft über ein Moratorium nachdenken“, sagte Brüderle gegenüber dem Handelsblatt. Die Belastungen der öffentlichen Haushalte dürften durch dieses Verfahren nicht „durch die Decke gehen“. Zudem sei weiter nicht klar, ob Teile des Mittelstands tatsächlich entlastet würden.
Der Zeitung zufolge haben sich vergangene Woche Staatssekretäre aus den beteiligten Bundesministerien und dem Kanzleramt getroffen, um eine „Bestandsaufnahme“ des ELENA-Verfahrens zu erstellen. Dabei sei auf Kostenprobleme, aber auch auf datenschutzrechtliche Schwierigkeiten hingewiesen worden.
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums bestätigte den Bericht inzwischen und sagte, die Runde habe beschlossen, die Kosten von ELENA zu überprüfen. Zudem werde untersucht, ob das Entlastungspotenzial so hoch sei wie ursprünglich angenommen.
Es wäre wenig überraschend, wenn eine solche Untersuchung ergeben sollte, dass ELENA keine Entlastung bringt. Das würde der Bundesregierung vermutlich gerade recht kommen, die nach nur einem halben Jahr offensichtlich nach Argumenten sucht, ELENA wieder auszusetzen. Dabei trägt die Regierung eine wesentliche Mitschuld daran, dass das Verfahren mehr schadet als nutzt.
Der elektronische Entgeltnachweis wurde geradezu im Hauruck-Verfahren durchgesetzt. Die Zentrale Speicherstelle schien mehr schlecht als recht mit der neuen Aufgabe zurechtzukommen, und auch die Informationen des Bundeswirtschaftsministeriums blieben an der Oberfläche. Um wenigstens ein paar der Probleme zu lösen, schlossen sich viele Softwarehäuser nach einiger Zeit zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen.
Wirtschaftsminister Brüderle kamen die ersten größeren Zweifel bereits im April. Damals überlegte er, ELENA für den Mittelstand auszusetzen. Kritiker wandten ein, dass das Durcheinander dadurch nur vergrößert und das erklärte Ziel – weniger Bürokratie – ad absurdum geführt werde.
Nun scheint Brüderle einen kompletten Rückzug vorzuziehen. Der Unterstützung der Datenschützer kann er sich sicher sein. Angesichts von 650 Feldern, die mit teils sensiblen Informationen wie Kündigungsgrund ausgefüllt werden müssen, hatten sie von Anfang an heftig protestiert. Der Bürgerrechtsverein FoeBud legte eine Verfassungsbeschwerde ein, die bundesweit mehr als 20.000 Menschen unterstützten.
Vorratsdatenspeicherung: Freibrief für den Gesetzgeber
Den Prozess gegen die Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht haben die Kläger nur formal gewonnen. Der Gesetzgeber darf die Daten trotzdem erheben lassen. Der Datenschutz wurde um über 25 Jahre zurückgeworfen.
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