Das OpenSolaris Governing Board (OGB), das die Entwicklung des freien Betriebssystems beaufsichtigt und organisiert, hat mit seiner Auflösung gedroht, falls Oracle weiter keinen offiziellen Kontakt mit ihm und der Community aufnimmt. Das Problem besteht laut einem Sitzungsprotokoll seit der im Januar abgeschlossenen Übernahme von Sun durch Oracle.

OGB-Mitglied Neale Ferguson, der an einer Portierung von OpenSolaris auf IBMs Power-Prozessoren mitgearbeitet hat, erklärt: „Das OGB hat großes Interesse daran, für die Mitarbeit an und die offene Weiterentwicklung von OpenSolaris zu werben sowie im Auftrag der Community mit Oracle zusammenzuarbeiten. Dafür muss Oracle bis zum 16. August 2010 eine Kontaktperson für das OGB bestimmen. Sie muss die Kompetenz haben, über die Zukunft von OpenSolaris zu sprechen und mit der OpenSolaris-Community Kontakt zu halten.“ Andernfalls werde das OGB bei einer Versammlung am 23. August auf die Klausel in seiner Satzung zurückgreifen, nach der die Kontrolle über die Community auf Oracle zurück übertragen werden kann.

Oracle hat sich zu der Forderung bislang nicht offiziell geäußert. OGB-Mitglied John Plocher will aber laut Sitzungsprotokoll mit Oracles Chief Customer Officer Jeb Dasteel gesprochen haben. Dasteel habe das OGB gebeten, noch ein paar Monate zu warten, bevor es Auflösungsmaßnahmen einleitet.

Plocher schreibt in der offiziellen Mailing-Liste des OGB: „Wo wir uns auch hinwenden, hören wir dasselbe Mantra: Auf höchster Management-Ebene hat man sich noch nicht entschieden, was man mit der OpenSolaris-Entwickler-Community anfangen möchte. Das heißt: Das Unternehmen sagt überhaupt nichts.“ In den drei Monaten nach der Einsetzung des OGB habe es keine Verbindung zwischen dem Board und Oracle gegeben; keine Oracle-Angestellten im OGB, keine Website-Unterstützung für die neue Struktur, keine von der Community gestützte Distribution und keine echte Kommunikation zwischen Oracle und OGB.

Dennis Clarke, ebenfalls ein langjähriges Mitglied der OpenSolaris-Community sagt: „Oracle hat dem Konzept einer offenen Entwicklergemeinschaft in sechs Monaten mehr Schaden zugefügt, als alle Finanz- und Produktfehler von Sun in einem Jahrzehnt anrichten konnten.“

Der OpenSolaris-Aufruhr ist nicht Oracles erstes Problem mit Open-Source-Software. Die Europäische Kommission hatte gegen die Sun-Übernahme zunächst Bedenken geäußert, weil sie um die Open-Source-Datenbank MySQL fürchtete. Erst als Oracle zusagte, die Entwicklung von MySQL unter der GNU General Public License weiterzuführen, genehmigte die Aufsichtsbehörde den Kauf.

ZDNet.de Redaktion

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