Nicht nur Java als Plattform ist groß und mächtig, auch die Java-Community ist groß. Zahllose kommerzielle und nicht nichtkommerzielle Organisationen haben ihre Geschäfte, Projekte und Aktivitäten auf Java aufgebaut. Der ERP-Anbieter Abacus gehört auch dazu: Die Software des Unternehmens ist komplett auf Java aufgebaut. Dennoch bleibt Geschäftsführer Rainer Kaczmarczyk ruhig: „Sun und Oracle verteilen Java bisher kostenlos. Wir halten uns an die vorgegebenen Regeln und befürchten daher nichts. Die Klage gegen Google sehen wir als speziellen Fall und gehen davon aus, dass wir weder direkt noch indirekt davon betroffen sind.“
Die ganz großen Anbieter halten sich bedeckt. IBM, dass wegen seines IBM JDK wahrscheinlich am meisten zu befürchten hätte, will sich zu Rechtsstreitigkeiten anderer Firmen nicht äußern. SAP ist für Netweaver und Business ByDesign sowie für viele seiner mit Business Objects erworbenen Business-Intelligence-Produkte auf Java angewiesen. Außerdem sind die Walldorfer Oracle ohnehin ein Dorn im Auge.
Der deutsche Konzern ist jedoch ebenfalls zurückhaltend. Schließlich habe man die eigene Programmiersprache ABAP, die Herz- und Kernstück der eigenen Software sei. Java komme zwar zum Einsatz, aber man beachte die Vorgaben.
SAP-CTO schlägt Java Foundation vor
Im Übrigen verweist SAP auf einen Blogbeitrag seines CTOs Vishal Sikka vom November 2009. Darin stellt er klar, dass Java zwar eine bemerkenswerte und für das 21. Jahrhundert wichtige Programmiersprache sei. Aber die Fähigkeit der Softwarehersteller, ihre eigenen Java-Implementierungen zu schaffen und diese in ihren Software-Stack zu integrieren, sei ein wichtiges Erfolgskriterium geworden. Sikka anerkennt zwar die Investitionen, die Sun in Java getätigt hat, betont jedoch, dass es lediglich so erfolgreich geworden sei, weil dahinter das Versprechen eines fairen und offenen Ökosystems stehe.
Das allerdings sah er durch die Kompatibilitätstests und Zertifizierungsansprüche von Java schon bedroht. Sun habe nämlich in die Prozesse in der Community, um die Gesundheit des Java-Ökosystems zu gewährleisten, einige Kontrollpunkte eingebaut und habe damit das recht verknüpft, die Lizenzbedingungen der Kompatibilitätstests zu bestimmen. Diese Kontrollen seien – damals noch von Sun – gegen die Interessen des Java-Ökosystems gerichtet worden. „Zum Beispiel soll unserer Ansicht nach der Zertifizierungsprozess die Kompatibilität zu den Java-Standards belegen, aber stattdessen scheinen die Lizenzbedingungen des Kompatibilitäts-Test-Kits dazu genutzt zu werden, den Zugang zu Java- Standards zu beschränken und so die Möglichkeiten eines Unternehmens im Markt mitzuhalten einzugrenzen.“
Das ist interessant, da es in Erinnerung ruft, dass Sun auch schon vor der Übernahme durch Oracle nach Wegen gesucht hat, das 2006 in einem mühsamen Prozess Open Source gemachte Java wieder etwas mehr zu kontrollieren. Außerdem scheint es in den definierten Prozessen entsprechende Möglichkeiten zu geben, die sich Oracle zunutze machen kann.
Wenn SAP die Implementierung eines Java-Standards eines anderen Unternehmens nutze, werde es die dafür anfallenden Lizenzgebühren erwerben – sofern diese fair und vernünftig seien, so Sikka weiter. Wenn man die quelloffene Implementierung eines Java-Standards nutze, werde man sich am Verbesserungsprozess beteiligen und so der Community wieder etwas zurückgeben.
Im Übrigen hält Sikka es für das Beste, wenn Java von einer unabhängigen Java Foundation kontrolliert werde. Damit findet der SAP-CTO bei vielen im Markt Zustimmung. Allein die Tatsache, dass ein SAP-Manager das für das Beste hält, wird aber bei Oracle Widerstände dagegen auslösen.
Neueste Kommentare
1 Kommentar zu Oracle gegen Google: Die IT-Branche schüttelt den Kopf
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.
ZeniTH ?
Ist der Rechtschreibfehler (Zenit mit „h“ am Ende“) ein Versehen, oder ist er -in Anspielung auf einen ehemaligen Hersteller- wohl Absicht gewesen? Aber falls Letzteres, was will der Autor damit wohl sagen??
Danke für den Hinweis. Das war schlicht und einfach ein Tippfehler ganz ohne Hintergedanken und wurde korrigiert.
Peter Marwan
ZDNet-Redaktion