Bei der Bekämpfung der Prostitution hört der Datenschutz auf

Wenn eine ausländische Firma wie Google öffentliche Straßen fotografiert und ins Internet stellt, ist das natürlich ein unglaublicher Angriff auf die Privatsphäre. Zur Bekämpfung der Prostitution sind jedoch offensichtlich noch ganz andere Dinge legal.

Wenn eine ausländische Firma wie Google öffentliche Straßen fotografiert und ins Internet stellt, ist das natürlich ein unglaublicher Angriff auf die Privatsphäre. Zur Bekämpfung der Prostitution sind jedoch offensichtlich noch ganz andere Dinge legal.

Das hofft zumindest die Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Sie beschloss vorgestern einen Antrag (PDF) der CDU-Fraktion: Das Bezirksamt soll prüfen, ob es rechtlich möglich ist, die Kfz-Kennzeichen und Bilder von Kunden, die sexuelle Dienstleistungen im Kurfürstenkiez in Anspruch genommen haben, zu erfassen und auf einer öffentlichen Internetplattform für alle Interessierten zur Verfügung zu stellen. Die SPD stimmte dem Antrag zu. Die Grünen sprachen sich dagegen aus.

Wenn das Bezirksamt seine Sache einigermaßen gut macht, wird dabei herauskommen, dass ein „Online-Pranger für Freier“ gegen das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verstößt, beispielsweise das Recht am eigenen Bild nach §22 KunstUrhG. Eine der Ausnahmen nach §23 ist in diesem Fall nicht gegeben. Auch die Zulässigkeit von Fahndungsfotos nach §24 greift nicht.

Natürlich geht es auch um die moralische Verwerflichkeit von Prostitution und nicht nur um Paragrafen. Aber in diesem Fall frage ich mich, wer hier eigentlich moralisch verwerflich handelt. Die fotografierten Freier oder die Abgeordneten der Bezirksversammlung, die einen Online-Pranger ernsthaft prüfen lassen.

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2 Kommentare zu Bei der Bekämpfung der Prostitution hört der Datenschutz auf

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  • Am 20. Oktober 2010 um 19:18 von Toni

    Bei der Bekämpfung der Prostitution hört der Datenschutz auf
    Bei dieser Geschichte fäll mir ein Erlebnis ein, das sich vor etwa 25-30 Jahren ereignet hat. Ich hatte damals, da noch Jung, die Angewohnheit, bis zur erlaubten Geschwindigkeit schnell zu beschleunigen. Für die Anwohner sah das vermutlich so aus, dass ich ein Raser bin. Nun, sie haben es dann irgendwie geschafft, dass die Polizei Radarmessungen durchführte. Nun ratet mal, wer alles bezahlt hat und wer nicht!!!

    Grundsätzlich habe ich mit solchen Wünschen kein Problem, da ich aus langjähriger Erfahrung weiß, dass es meistens die mit der großen Klappe mit als erstes erwischt.

    Wie war der Witz, in dem die Friseurin fragte, ob sie etwas Parfüm aufsprühen darf und der Kunde ablehnte, weil er befürchtete, dass seine Frau glaubt, er war im Rotlichtmilieu. Sein Nachbar meinte, bei ihm dürfe man ruhig etwas aufsprühen, da seine Frau nicht weiß, wie es dort riecht.

    Deshalb macht euch keinen Kopf, in naher Zukunft wird sowieso jeder alles von jedem wissen. Je früher man sich daran gewöhnt, um so leichter fällt es. Also frisch ans Werk und bei jedem öffentlichen Text, jeder E-Mail usw. immer etwas auffälligen Text mit einfügen. Dann freuen sich die Datensammler und die Statistiker. (100 % besuchen/lesen/betrachten …Seiten)

    Und nicht vergessen! Jedes Mal, wenn Zeit ist und ein Rechner in der Nähe, ein paar Webseiten mit verräterischem Inhalt aufrufen.

    Viele Grüße aus Bayern

    Toni

  • Am 9. Oktober 2010 um 9:08 von Jirka

    Besucherüberwachung
    Vorab : Die Durchführung dieser Idee verstösst gegen Grundrechte und Gesetze !
    Als Datenschützer bin ich entsetzt.

    Da hier wohl ein Überwachungsstaat propagiert werden soll, sehe ich es als notwendig an, daß die Reisekosten dieser Entscheider geprüft werden. Hat eine Person sich nur um 1 cent bereichert, sollte dies veröffentlicht werden.
    Diese moralisch verwerfliche Person hat sich am Staat bereichert, muss seine Ämter oder Aufträge oder Pensionen verlieren und darf kein öffentliches Amt mehr bekommen.
    Das wäre doch schon einmal ein Anfang ;)

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