Darüber, ob Java und Softwareprogrammierung in den Stundenplan gehören, oder ob es sich um Kompetenzen handelt, die eine Ausbildung gerade erst vermitteln soll, kann man sich sicher trefflich streiten. Das grundsätzliche Problem bleibt dennoch bestehen: Passende Kandidaten zu finden wird immer schwieriger.
„Zwar mangelt es nicht an Bewerbungen, jedoch ist die Qualität häufig nicht überzeugend. Besonders im technischen Bereich, zum Beispiel für die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration, ist es derzeit schwer, geeignete Bewerber zu finden. Vier Stellen mussten daher dieses Jahr leider unbesetzt bleiben“, sagt etwa Ian Bracey, Director Human Resources bei Computacenter.
Bewusst machen, wie attraktiv die IT ist
Henrik Schürmann, Executive Director Competence Center bei dem in Hamburg sitzenden CMS-Anbieter Coremedia, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Generell kann man zur gegenwärtigen Situation im Ausbildungsmarkt sagen: Der frühe Vogel fängt den Wurm, beziehungsweise die besten Auszubildenden. Die Qualität der Bewerber hat in diesem Jahr stagniert. Die guten Kräfte sind schnell vom Markt und können sich ihr Wunschunternehmen in der Regel aussuchen. Hinzu kommt, dass wir bei unserer Suche nach Interessenten für die Ausbildung zum Fachinformatiker nur sehr wenige Bewerber hatten.“
Die IT, so Schürmanns Schlussfolgerung, scheint kein besonders beliebter Ausbildungsplatz zu sein. „Hier muss die gesamte Branche in Zukunft zusammenarbeiten, um künftigen Arbeitnehmern bewusst zu machen, wie attraktiv die IT in Wirklichkeit ist.“
Auch große Namen müssen um Azubis kämpfen
Wenn sich die guten Bewerber ihr Wunschunternehmen in der Regel aussuchen können, dann sollte man erwarten, dass Firmen wie SAP oder Siemens Enterprise Communications, die über die Branche hinaus bekannt sind, kaum Probleme haben. Das stimmt so allerdings nicht.
Bei SAP sind jedes Jahr 125 Stellen für Auszubildende und duale Studenten vorgesehen. 2010 blieben jedoch 23 davon bislang unbesetzt. „Auch wenn die Bewerberzahlen analog zu den sinkenden Schülerzahlen insgesamt rückläufig sind, erhält SAP bisher noch immer zahlreiche Bewerbungen. Die Qualität ist jedoch gesunken. Da SAP an seinen Anforderungen festhält, wurden in diesem Jahr 23 Auszubildende weniger eingestellt als geplant“, so eine Sprecherin auf Anfrage von ZDNet. Allerdings ist das kein ganz neues Phänomen: Auch 2009 wurden nicht alle 125 Ausbildungsplätze vergeben.
Ein ähnliches Bild zeichnet Siemens Enterprise Communications. Das Siemens-Joint-Venture mit dem Finanzinvestor Gores Group hat immerhin den vertrauten Begriff noch im Namen – den alten Glanz verbinden Schulabgänger damit aber anscheinend nicht mehr. Für das Einstelljahr 2010 waren in dem Unternehmen in ganz Deutschland 91 Ausbildungsplätze verfügbar, davon waren zum Ausbildungsbeginn noch 20 offen. Die Recruitingphase für das Ausbildungsjahr 2011 beginnt in diesen Tagen, wieder sind an die 100 Ausbildungsplätze zu vergeben – vor allem an Business Engineers der Fachrichtungen Informations- und Kommunikationstechnik sowie Informationstechnik, aber auch Fachberater und Fachinformatiker.
Bei einem Test zum PC-Wissen der von Bill Gates initiierten Initiative IT-Fitness schnitten Berufsanfänger und Arbeitsuchende vergleichsweise schlecht ab (Bild: Microsoft und www.handwerksbilder.de)
Neueste Kommentare
1 Kommentar zu Lehrstellen für IT-Berufe: eine Bestandsaufnahme
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.
Vorraussetzungen
Man sollte die sinkende Qualität der Azuis differenzierter sehen.
Manche Betriebe erwarten von ihren Azubis, dass sie fließend Java schreiben können. Apachee, Linux und Co. Server setzten sie natürlich mit verbundenen Augen auf. Sämtliche Anforderungen die im geschäftlichen Bereich der IT anfallen, kennen die Azubis natürlich schon von…
ja von wo denn? Von dem IT-Unterricht in der Schule?
Eine Ausbildung ist mMn immernoch dazu da, junge Leute auszubilden.
Grundkenntnisse ja. Ein gewisses Computerverständnis kann und muss vorausgesetzt werden. Aber wenn man sich die Stellenanforderungen durchließt, sieht man, dass die Betriebe da mMn weit von der Realität entfernt sind.
Große Konzerne vernichten sich auch mMn. die Chance auf gute Bewerbungen dadurch, dass sie durch die Einführung von Online-Formularen dem Bewerber jede Chance nehmen sich persönlich im Anschreiben zu präsentieren.
Das man nur Einheitsbrei bekommt, wenn man nach Einheitsbrei verlangt, sollte eigentlich jedem klar sein.
Der Artikel spiegelt meiner Ansicht nach falsche Ansichten wieder. Es wird ein Bild von verblödeten Jugendlichen erzeugt, die sich mit der IT nicht auskennen und sich auch nicht dafür interessieren.
Ich denke, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Die jetztige Generation von Bewerben, ist doch genau die Generation die mit Computern aufgewachsen ist.
Aber nicht jeder dieser Generation kann dadurch automatisch, programmieren, administrieren oder ähnliche Tätigkeiten durchführen.
Die Betriebe sind daher mMn. selbst Schuld. Wer unrealistische Anforderungen stellt und zudem das Bewerbungsverfahren so unkreativ wie möglich gestaltet, der bekommt nunmal schlechtere Bewerbungen.