Bitkom-Präsident Scheer hat es in seiner Analyse der Ausbildungssituation schon angedeutet: Der Trend geht zu Firmen, die Software entwickeln, Dienstleistungen anbieten oder beides verknüpfen. Diese Betriebe bewegen sich jedoch in den meisten Fällen im gewerblichen Umfeld und sind für potenzielle Auszubildende daher schwerer wahrnehmbar als Hersteller.
Dabei bilden Firmen gerade wie Computacenter oder Logica fleißig aus: Bei Computacenter starteten dieses Jahr an neun Standorten über 40 junge Menschen den Weg in den Beruf, bei Logica sind es jedes Jahr zwischen zehn und 15.
Ähnliches wie für die Dienstleister gilt für den IT-Handel. Firmen wie Ingram Micro, Tech Data oder Actebis Peacock kennt außerhalb ihres Marktsegments kaum einer – obwohl sie zu den umsatzstärksten Firmen Europas oder sogar der Welt zählen und damit attraktive Arbeitgeber sind.
Actebis Peacock mit Sitz im westfälischen Soest hat dieses Jahr 26 Azubis gesucht, eingestellt werden konnten aber nur 24. Einige Kilometer weiter, in Hüllhorst, haben die Soester beim Rennen um die besten Bewerber scharfe Konkurrenz: Die Wortmann AG. Der IT-Hersteller beschäftigt in fünf Ausbildungsberufen insgesamt 59 Azubis. 20 davon haben am 1. August dieses Jahres begonnen. Wortmann kommt so auf eine Ausbildungsquote von rund 20 Prozent.
Bewerberschelte
Bei Actebis sieht man als Gründe für die Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende zu bekommen, erst in zweiter Linie den Wettbewerb der Firmen untereinander: „Die geforderten Voraussetzungen werden durch die Bewerber oft nicht erfüllt, zum Beispiel fehlen Basis-IT-Kenntnisse oder das persönliche Interesse für Ausbildungsberufe wie Fachinformatiker oder IT-Systemkaufmann. Die Noten in Fächern wie Mathematik und Informatik sind außerdem oft schlecht.“
Holger Krönung, HR-Manager bei Logica in Deutschland, hat für mehrere Standorte hauptsächlich Ausbildungsplätze zum Fachinformatiker mit den Schwerpunkten Anwendungsentwicklung oder Systemintegration im Angebot. Er bestätigt die Einschätzung des westfälischne Distributors: „Wir beobachten, dass die Qualität der Bewerber im Durchschnitt von Jahr zu Jahr nachlässt – sowohl hinsichtlich des schulischen Wissens als auch in Bezug auf die sogenannten Softskills. Das erschwert es, geeignete Auszubildende zu finden.“
Ähnliche Erfahrungen haben auch die Personalverantwotlichen bei T-Systems Multimedia Solutions gemacht. Zwar habe man 2010 mehr Bewerbungen als 2009 erhalten, aber die Qualität der Bewerber habe nachgelassen: „Die Schulabgäbger bringen die erforderliche Qualifikationen immer seltener mit. Auch deshalb werden Ausbildungsplätze immer öfter an Abiturienten vergeben“, so Katharina Reisch aus dem Personalbereich bei T-Systems MMS gegenüber ZDNet. Reisch führt das auf die demografische Entwicklung (die geburtenschwachen Jahrgänge) sowie die steigende Ausbildungsbereitschaft der Firmen zurück, wodurch die verbleibenden Bewerber stärker umworben werden.
Wissen über Berufsbilder in der IT fehlt
Noch deutlicher wird Patrick Stahl, Personalleiter bei Ingram Micro: „Immer häufiger ist eine mangelnde Ausbildungsreife zu erkennen, was sich in verminderter Konzentrationsfähigkeit sowie schriftlichen und mündlichen Kommunikationsdefiziten bemerkbar macht. Teilweise werden wir auch mit unangemessenem Verhalten in Vorstellungsgesprächen konfrontiert, zum Beispiel Zuspätkommen oder verminderter Bereitschaft, aktiv zuzuhören.“ Außerdem bedauert Stahl, dass die Schulabgänger über die Berufsbilder nur wenig aufgeklärt sind und die modernen Informationsmöglichkeiten zu wenig nutzen.
Gerade in Bayern sei am Ausbildungsmarkt derzeit eine recht angespannte Situation zu beobachten. Was in Straubing weniger ins Gewicht fällt, da Ingram Micro dort inzwischen der größte Arbeitgeber ist und dadurch einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, macht sich vor allem am Standort Dornach bei München bemerkbar. Dort ging die Anzahl der Bewerbungen im Vergleich zu 2009 etwas zurück.
Stahl führt dies einerseits auf die rückläufige Anzahl an Schulabgängern und andererseits auf die Tendenz zu höheren Abschlüssen zurück, etwa an Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen oder Gymnasien. Zudem seien nach dem Krisenjahr 2009 die Auftragsbücher bei den meisten Unternehmen wieder gut gefüllt, was zu einem positiven Einstellungsverhalten führe.
„Außerdem steigt die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen generell als Antwort auf die demografische Entwicklung. Insgesamt ist festzustellen, dass moderne Berufsbilder zunehmend mit klassischen Berufsfeldern konkurrieren.“ Ein eigens eingerichtetes Azubi-Portal soll diesem Mangel abhelfen, indem es Informationen zu Ausbildungsangeboten, Tipps zur Bewerbung und Erfahrungsberichte von Auszubildenden bei Ingram Micro bündelt.
Eine Übersicht über die hier genannten und einige weitere Frimen gibt die Tabelle auf der folgenden Seite. Die Auswahl ist nicht repräsentativ und schon gar nicht vollständig, bietet aber dennoch einen ersten Überblick über Ausbildungsbetriebe in der ITK. Die Werte in der Tabelle beruhen auf Angaben der Firmen. Die Unternehmen sind alphabetisch geordnet.
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1 Kommentar zu Lehrstellen für IT-Berufe: eine Bestandsaufnahme
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Vorraussetzungen
Man sollte die sinkende Qualität der Azuis differenzierter sehen.
Manche Betriebe erwarten von ihren Azubis, dass sie fließend Java schreiben können. Apachee, Linux und Co. Server setzten sie natürlich mit verbundenen Augen auf. Sämtliche Anforderungen die im geschäftlichen Bereich der IT anfallen, kennen die Azubis natürlich schon von…
ja von wo denn? Von dem IT-Unterricht in der Schule?
Eine Ausbildung ist mMn immernoch dazu da, junge Leute auszubilden.
Grundkenntnisse ja. Ein gewisses Computerverständnis kann und muss vorausgesetzt werden. Aber wenn man sich die Stellenanforderungen durchließt, sieht man, dass die Betriebe da mMn weit von der Realität entfernt sind.
Große Konzerne vernichten sich auch mMn. die Chance auf gute Bewerbungen dadurch, dass sie durch die Einführung von Online-Formularen dem Bewerber jede Chance nehmen sich persönlich im Anschreiben zu präsentieren.
Das man nur Einheitsbrei bekommt, wenn man nach Einheitsbrei verlangt, sollte eigentlich jedem klar sein.
Der Artikel spiegelt meiner Ansicht nach falsche Ansichten wieder. Es wird ein Bild von verblödeten Jugendlichen erzeugt, die sich mit der IT nicht auskennen und sich auch nicht dafür interessieren.
Ich denke, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Die jetztige Generation von Bewerben, ist doch genau die Generation die mit Computern aufgewachsen ist.
Aber nicht jeder dieser Generation kann dadurch automatisch, programmieren, administrieren oder ähnliche Tätigkeiten durchführen.
Die Betriebe sind daher mMn. selbst Schuld. Wer unrealistische Anforderungen stellt und zudem das Bewerbungsverfahren so unkreativ wie möglich gestaltet, der bekommt nunmal schlechtere Bewerbungen.