Politikergezwitscher

Das Onlineportal Wahl.de hat die Twittergewohnheiten von Politikern untersucht. Besonderes Augenmerk lag darauf, wie beständig die Volksvertreter das Medium nutzen. Wer tiefer in die Zahlen schaut, entdeckt jedoch weitere interessante Aspekte.

Eine aktuelle Erhebung beleuchtet das Twitter-Verhalten von Bundestagsabgeordneten (Bild: Twitter).
Eine aktuelle Erhebung beleuchtet das Twitter-Verhalten von Bundestagsabgeordneten (Bild: Twitter).

Im Auftrag von p&k, einem Fachmagazin für politische Kommunikation, hat das Onlineportal Wahl.de die Twittergewohnheiten von Politikern untersucht. Besonderes Augenmerk lag dabei darauf, wie beständig die Volksvertreter das Medium nutzen. Dazu wurden die Aktivitäten in der Woche vor der Bundestagswahl 2009 mit denen in derselben Septemberwoche ein Jahr später verglichen.

Wenig erstaunliches Ergebnis der Auswertung: Direkt vor der Wahl twitterten die Kandidaten wesentlich häufiger als danach. Auf den ersten Blick am fleißigsten nutzen das Medium die Bundestagsabgeordneten von Bündnis90/Grüne: Sie haben seit der Wahl durchschnittlich 118 Mal mitgeteilt, was sie für wichtig hielten. Es folgen FDP (105 Tweets), SPD (87 Tweets), CSU (77 Tweets) und die Abgeordneten der Linken (62 Tweets). Die rote Laterne in dieser Wertung erhalten mit durchschnittlich 51 Tweets die CDU-Abgeordneten.

Außerdem wurden die Abgeordneten ermittelt, die Twitter am intensivsten nutzen. Dieses Ranking führen Halina Wawzyniak (Die Linke, 2617 Tweets), Gabriele Hiller-Ohm (SPD, 2617 Tweets) und Sven-Christian Kindler (Grüne, 2127 Tweets) an. Es folgen Ulrich Kelber (SPD, 2023 Tweets), Volker Beck (Grüne, 1610 Tweets) und Dagmar Wöhrl (CSU, 1588 Tweets).

Ebenfalls fleißige Twitter-Nutzer mit immerhin rund 100 Tweets pro Monat oder über drei pro Tag sind Eva Högl (SPD, 1346 Tweets), Alexander Bonde (Grüne, 1273 Tweets) und Björn Sänger (FDP, 1169 Tweets) sowie Sebastian Körber (FDP, 1120 Tweets). Soweit das kurze Papier von Wahl.de (PDF).

Interessant wird es aber eigentlich erst, wenn man von den erhobenen Daten ausgeht und ein paar Rechenspiele damit anstellt. Dann zeigt sich etwa, dass die Aktivitäten der Top-Twitterer besonders bei den kleinen Fraktionen im Bundestag erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben: Halina Wawzyniak ist beispielsweise Urheberin von 56 Prozent aller Tweets, die von Mitgliedern der Linken im Bundestag gepostet wurden.

Bei der CSU-Fraktion ist Dagmar Wöhrl für 46 Prozent der Tweets aller Mitglieder verantwortlich. Bündins90/Grüne – mit drei Abgeordneten in den Twitter-Top-Ten vertreten – verdanken diesen 63 Prozent aller Tweets, die der Fraktion zugerechnet werden. Bei der SPD steuern ebenfalls drei Twitter-Experten 47 Prozent des gesamten Traffics bei. Am gleichmäßigsten scheint das Social Network in der FDP genutzt zu werden. Die Partei käme ohne ihren engagiertesten Nutzer Björn Sänger immerhin noch auf 76 Prozent der ihr gutgeschriebenen Botschaften.

Quantität ist allerdings nur ein Aspekt. Was die Erhebung nicht ermittelt hat, ist die Qualität der einzelnen Tweets. Das wäre allerdings auch eine Herkulesaufgabe. Außerdem lässt sich meist schon mit einem Blick auf die Zeitleiste feststellen, wofür die jeweiligen Abgeordneten Twitter nutzen. Manche begrüßen (vielleicht auf dem Weg zum Büro?) fast täglich ihre Gemeinde mit einem flotten Sprüchlein und informieren im günstigsten Fall gleich über das Wetter („Guten Morgen aus dem kühlen Norden!“).

Andere teilen überwiegend die eigenen Befindlichkeiten mit (verschlafen, genervt, durchgefroren). Eine dritte Gruppe nutzt Twitter, um eine Art Tätigkeitsbericht in Kurzform zu geben. Und manche scheinen sogar eine vergleichsweise rege Diskussion mit ihren Followern zu führen – Kraftausdrücke eingeschlossen. Für wen was welchen Wert hat, muss jeder für sich entscheiden.

Was denken Sie: Eignet sich das Social Network, um Politkern auf die Finger zu schauen? Oder geht es über die mehr oder weniger gelungene Selbstdarstellung nicht hinaus? Aber das wäre ja auch schon ein Vorteil: So mancher Tweet verrät nämlich weit mehr über den Menschen dahinter, als ganze, auswendig gelernte Passagen aus dem Wahlprogramm …

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