Die Frage, inwieweit bei Urheberrechtsverletzungen der Inhaber des Internetnaschlusses oder der Besitzer des Rechners haftet, wird von Gerichten unterschiedlich beantwortet – sei es im Kreise der Familie, bei Gästen und Besuchern oder inwieweit zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Aspekten unterschieden werden muss. Ein aktuelles Hamburger Urteil behandelt einen weiteren Aspekt: Haftet ein Anschlussbetreiber für seine Kunden?
Bei der Klägerin handelte es sich um einen Musikverlag, der die ausschließlichen Nutzungsrechte an einem Filmwerk inne hatte. Der Beklagte war Betreiber eines Internetcafes. Über einen der dort vorhandenen Rechner wurde der Film in einer P2P-Tauschbörse zum Upload bereitgestellt.
Auf eine Abmahnung reagierte der Cafebetreiber nicht. Er behauptete, dass der Upload nicht durch ihn, sondern durch die Kunden begangen worden sei. Die Klägerin begehrte darauf Unterlassung und legte einen Streitwert von 10.000 Euro fest.
Die Richter des Landgerichts Hamburg gaben ihr Recht (Aktenzeichen 310 O 433/10). Sie erklärten, dass der Upload eines Filmwerks eine rechtswidrige Urheberrechtsverletzung darstelle. Daher sei der Unterlassungsanspruch gerechtfertigt. Der Beklagte hätte die von der Klägerin begehrte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben müssen.
Auch wenn man den Ausführungen des Beklagten Glauben schenke und annehmen würde, dass ein Kunde des Internetcafes die Rechtsverletzung begangen habe, hafte der Beklagte trotzdem. Er habe es unterlassen, irgendwelche Schutzmaßnahmen vorzunehmen. Insbesondere sei es ihm zumutbar gewesen, die für das Filesharing erforderlichen Ports zu sperren.
In diesem Punkt verkennen die Richter allerdings die aktuelle technische Entwicklung: Da die Clients bereits seit vielen Jahren zufällige Ports generieren, gibt es technisch keine „für das Filesharing erforderlichen Ports“ mehr. Sie lassen sich höchstens aufgrund von Logfiles im Nachhinein ermitteln und sperren. Aber auch das würde den Dateiaustausch nicht unterbinden – der Rechner könnte nach dem Aufbau einer Verbindung zu einem anderen Rechner über einen anderen Port immer noch Inhalte weitergeben. Sobald eine Verbindung zwischen zwei Rechnern hergestellt ist, kann sie sowohl zum Up- als auch zum Download genutzt werden, unabhängig davon, wie sie zustande gekommen ist.
Zudem berücksichtigt das Gericht nicht, dass eine Filesharing-Lösung nicht grundsätzlich darauf abzielt, Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Immer mehr Hersteller bieten Free- und Shareware über Netze wie Bittorrent an, um Kosten für Server und Traffic zu sparen. Eine technische Möglichkeit, zwischen legalen und illegalen Inhalten zu unterscheiden, gibt es nicht.
Der Streitwert von 10.000 Euro sei, anders als der Beklagte geltend mache, auch nicht zu hoch angesetzt. Er sei angemessen und verhältnismäßig, so die Hamburger Richter. Dies gelte vor allem deshalb, weil der Film recht aktuell gewesen sei.
Die Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet aktuelle Urteile aus dem IT-Bereich. Sie ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Podcast.
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2 Kommentare zu Internetcafe haftet für Rechtsverletzungen seiner Kunden
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Sicherheit im Internetcafe?!
Ich habe selbst mit Software für Internetcafes zu tun. Es gibt viele Anbieter, die spezielle Software für Internetcafes anbieten. Selbst ein normales Windows bietet von Haus aus genügend Möglichkeiten, daß eine Tauschbörsensoftware nicht installiert werden kann.
Wenn allerdings der Besucher auf den Rechnern des Internetcafes selbst Software installieren kann, ist meines Erachtens der Betreiber voll haftbar. Da gilt auch keine Ausrede, er habe „das nicht gewußt“…
Wenn jemand mit einem eigenen PC per WLAN online geht, ist das natürlich heikel, da man nicht kontrollieren kann, welche Software auf dem Noebook eines Besuchers installiert ist. Wenn ich zB in einem Hotel mit meinem Laptop über den dort verfügbaren Accesspoint illegale Inhalte anbiete… Dann dürfte demnächst kein einziger offen zugänglicher Hotspot mehr existieren, denn spätestens Port 80 wird für Internet benötigt – und auch diesen kann ich in der Tauschbörsensoftware einstellen…
Dumm, dumm
Wie schlimm steht es um den Rechtsstaat, wenn EDV-mäßig unbedarfte Richter ohne Beiziehung von Sachverständigen hanebüchene Urteile fällen dürfen. Das kommt mir vor, als ob ein kinderloses Ehepaar Urteile über die Erziehungsmethoden von Eltern sich anmaßt, bloß ist in diesem Fall der Schaden, den die „Rechts“vertreter verursachen ganz böse; wenn man sich nicht mehr auf den fachlichen Sachverstnad verlassen kann, weil darob fachlich unbedarfte – und zugleich selbstgefällige, weil dem Irrglauben des eigenen Verstandes erliegende – Richterleins „Recht“ sprechen, dann wird es einem Angst und Bange.