Was Ken Olsen für die Computerindustrie bedeutet hat


IT-Pionier Ken Olsen (Bild: Gordon College).

Ken Olsen ist am Sonntag im Alter von 84 Jahren verstorben. Der 1926 in Stratford, Connecticut, geborene Kenneth Harry Olsen war in der Gründerphase der US-amerikanischen Computerindustrie eine der bedeutendsten Ingenieure. Die von Olson 1957 zusammen mit seinem Studienkollegen Harlan Anderson gegründete Firma Digital Equipment Corporation (DEC), deren Präsident Olsen bis zu seinem Ausstieg aus dem Konzern im Jahre 1992 war, galt in dieser Pionierphase neben IBM als der wichtigste Anbieter von Computern – obwohl Olsen diesen Ausdruck zu jener Zeit stets vermieden hat.

Ken Olsen begann nach seinem Dienst bei der US-Marine 1946 ein Studium am Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Fach Elektrotechnik, das er an dieser berühmten technischen Universität in Boston auch abschloss. Das Zentrum der Computerentwicklung lag damals an der amerikanischen Ostküste. Das kalifornische Silicon Valley gab es noch nicht.

DEC entwickelte in den ersten Jahren Module mit elektronischen Logik-Schaltkreisen, aus denen komplexe digitale Steuerungen aufgebaut werden konnten. Aus diesen Bauteilen entstanden ab 1961 anwendungsorientierte Minicomputer, zu denen im Jahr 1970 auch die legendäre PDP-11 gehörte, der erfolgreichste Minicomputer überhaupt.

Der erste eigene Rechner von DEC, die PDP-1, war 1960 der Beginn der Entwicklung einer großen Zahl sehr unterschiedlicher Computerfamilien, von denen vor allem die PDP-11 und später die VAX (Virtual Address eXtension) unter dem Betriebssystem VMS (Virtual Memory System) im Markt sehr erfolgreich waren. Die Erweiterung des adressierbaren Speichers war damals ein wichtiges technisches Thema.


Der erste eigene Rechner von Olsens Firma DEC, die PDP-1 aus dem Jahr 1960 (Bild: Daniel Terdiman/CNET News.com)

Die Abkürzung PDP steht für „Programmed Data Processor“, was eigentlich nichts anderes als „Computer“ bedeutet. DEC vermied jedoch das Wort Computer, um sich von der großen Konkurrenz IBM zu unterscheiden: IBM baute Computer und DEC baute PDP-Maschinen.

Von denen war zum Beispiel Microsoft-Migründer Paul Allen so begeistert, dass er für sie im Rahmen seines Projekts „Living Computer Museum“ mit dem „PDP-Planet“ eine eigene Website eingerichtet hat. Dort werden die Funktionsweise beschreiben und die Bemühungen zur Restauration der von Allen erworbenen Geräte dokumentiert.

Den Durchbruch schaffte DEC 1964 mit der Produktion der PDP-8, die für rund 16.000 Dollar angeboten werden konnte. Da der Rechner transportierbar und verhältnismäßig einfach aufgebaut war, konnte der auch in kleineren Industriebetrieben eingesetzt werden. Er füllte so Marktlücken, die Großrechner bis dahin nicht erreichen konnten. Und noch eien Besonderheit wird dem PDP-1 zugeschrieben: Steve Russell, zusammen mit Peter Samson, Steve Russell, J.M. Graetz und Wayne Wiitanen Mitentwickler des ersten Computerspiels „Spacewar!“,

Historisch gesehen war die PDP-8 der erste Rechner, der auch von Privatpersonen gekauft und für spezielle Zwecke eingesetzt werden konnte. Mainframe-Rechner dagegen waren so groß und teuer, dass sie nur für mehrere Zwecke genutzt wurden. Die PDP-8 gilt heute als der weltweit erste Kleinrechner überhaupt. Diese Entwicklung führte dazu, dass DEC in den achtziger Jahren nach Umsatz hinter IBM weltweit der zweitgrößte Computerhersteller wurde. Die Computerserien von DEC waren zwar im Vergleich zu den Großrechnern von IBM weniger leistungsfähig, dafür aber auch wesentlich günstiger.


Steve Russell, Mitentwickler des ersten Computerspiels „Spacewar!“, zeigte im Januar im Computer History Museum in Kalifornien, wie man in den sechziger Jahren an einer PDP-1 mit Hilfe von Kipphebelschaltern spielte (Bild: Scott Ard/CNET).

Für diese Entwicklung wurde Olsen 1986 vom Fortune-Magazin zum erfolgreichsten Geschäftsmann der amerikanischen Geschichte gewählt. Leider wurde die Digital Equipment Corporation 1998 von Compaq übernommen 2002, und gehört seit einschließlich Compaq, zu Hewlett-Packard. Olsen zog sich aus der IT-Branche zurück. Er engaierte sich aber zum Beispiel als Mäzen des Gordon College in Wenham im US-Bundesstaat Massachusetts, dem er 2007 auch sein persönliches Archiv vermacht hat. In dem College ist ein Forschungskomplex nach ihm benannt.

Historisch in Erinnerung bleibt Olsens Aussage aus dem Jahre 1977: „Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben will.“ Dieser frühe Gedanke wird immer wieder als Paradebeispiel dafür genannt, wie schwer man sich noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Entwicklung der Computertechnik vorstellen konnte. Allerdings nutzte Olsen zu Hause selber einen Computer. Und seine Aussage wird oft aus dem Zusammenhang gerissen zitiert. Tatsächlich dachte er bei „Computer“ nämlich eher an einen Zentralrechner, der den Haushalt führen sollte – damals eine populäre Idee, die sich aber bis heute nicht breit durchgesetzt hat.

Es ist allerdings nicht zu bestreiten, das Ken Olsen wie auch in Deutschland Heinz Nixdorf sich die Entwicklung des Personal Computers nicht vorstellen konnten. Sie waren die Meister der sogenannten Mittleren Datentechnik. Dabei hatte DEC Anfang der 80er Jahre mit dem „Rainbow“ unter CP/M durchaus einen Rechner im Portfolio, der das Zeug zum PC gehabt hätte.


Spacewar-Entwickler Steve Russell neben einem einsatzbereiten PDP-1 von 1960 im Computer History Museum (Bild: Steve Ard / CNET).

ZDNet.de Redaktion

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