Warum Chrome für Google so wichtig geworden ist

Googles Browser Chrome schien sich in der Vergangenheit nicht wesentlich von anderen der zahlreichen Nebenprojekte des Suchanbieters zu unterscheiden. Das galt auch noch, nachdem sich herausgestellt hat, dass Chrome ein recht flotter Browser ist, dass Google damit in recht kurzer Zeit ganz ordentliche Marktanteile gewinnen konnte und dass die Bemühungen von Google die bislang etablierten Browser-Anbieter gezwungen haben, sich etwas mehr anzustrengen.

So interessant diese Effekte auch sein mögen – letztendlich sind sie für Google nur Beiwerk. Denn der tiefere Grund, warum Google seinen Browser weltweit so vielfältig und aggressiv bewirbt, ist der Wert, den jeder Chrome-Nutzer für Google darstellt. Deutlich wurde das durch die Antwort von CFO Patrick Pichette bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz auf die Frage, welche Bedeutung Chrome für das Unternehmen hat. Die Antwort verdient es, ausführlich zitiert zu werden:

„Im Grunde gibt es zwei Aspekte bei Chrome: Einen taktischen und einen strategischen. Chrome bringt das Web wirklich voran und es ist eine fantastische Möglichkeit, dass Chrome-Nutzer anstatt nach Google oder einer Suche Ausschau halten zu müssen, mit der Omnibox direkten Zugriff auf die Google-Suche erhalten. Aus strategischer Sicht ist das auch ein Bestandteil von Chrome OS. Aus taktischer Sicht ist jeder Chrome-Nutzer ein fest an uns gebundener Surfer – da er Zugang zu Google hat.“ Pichette benutzte dabei den Begriff „Locked-In“ – der mit „fest gebunden“ eigentlich nur unzureichend übersetzt ist.

Nikesh Arora, Chief Business Officer bei Google, ließ es sich nicht nehmen, aus seiner Sicht den Marketing-ROI für die Bemühungen zur Verbreitung von Chrome langatmig zu schildern: „Wir haben täglich über 120 Millionen Nutzer, 40 Prozent davon kamen im vergangenen Jahr als Ergebnis unserer Marketingbemühungen dazu. Von Quartal zu Quartal nahm die Chrome-Nutzung um 30 Prozent zu. Meiner Ansicht nach kann man die Chrome-Strategie aus jedem Blickwinkel als aufgegangen bezeichnen.“

Marketing bringe Google oft einen gleichwertigen oder besseren ROI als Partnerschaften, so Arora. „Sie können also damit rechnen, dass wir Chrome auch weiterhin strategisch vorantreiben werden, weil es uns nicht nur Chrome-spezifische Vorteile bringt, sondern auch viele andere Produkte von uns beeinflusst, die mit Chrome zusammenarbeiten. … Der Wert eines Chrome-Nutzers über die gesamte Verwenedungsdauer hinweg gesehen, ist phänomenal.“

Fasst man diese etwas holprigen und umständlichen Äußerung zusammen und ergänzt sie um bekannte Fakten, dann erklärt sich der Aufwand, den Google für Chrome. Unterm Strich heißt das dann etwa so:

  • Ein Chrome-Nutzer trägt zu einem Feedback-Prozess bei, der hilft, die Qualität der Suche zu steigern (wobei offen bleibt, ob diese Qualitätssteigerung in erster Linie dem Anwender oder dem Suchanbieter nutzt).
  • Bei einem Chrome-Anwender ist es sehr unwahrscheinlich, dass er zu einem anderen Suchanbieter abwandert.
  • Umso mehr Menschen Chrome nutzen, umso weniger Geld muss Google dafür ausgeben, Nutzer auf seine Seiten zu bringen.
  • Das Unternehmen muss deutlich weniger für die Präsenz beim Nutzer ausgeben – etwa an Gebühren an Mozilla um in der Firefox-Suchleiste zu stehen.
  • Bei einem via Chrome an Google gebundenen Anwender ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er auch andere Chrome Apps und eventuell bereits in Vorbereitung befindliche Social Features nutzt.

Ganz nebenbei bekommt Google durch Chrome auch Gelegenheit, bei Browser-Standards mitzumischen. Aber das dürfte angesichts des Wertes, den ein langjähriger Chrome-Anwender für das Unternehmen darstellt, zu vernachlässigen sein.

ZDNet.de Redaktion

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