Nach einem Jahr iPad: Ist Flash noch relevant?

Zwei Monate nach der Ankündigung des ersten iPad und kurz nach dessen Verkaufsstart sorgte Steve Jobs durch einen offenen Brief mit dem Titel „Gedanken über Flash“ für heiße Diskussionen. So vorsichtig der Titel gewählt war, so heftig fiel die Kritik an Adobe aus: „Flash ist ein Produkt der PC-Ära – für PCs und Mäuse“, schreibt Jobs. „Neue offene Standards wie HTML 5, die die mobile Ära geschaffen hat, laufen auf mobilen Geräten (und auch auf PCs). Vielleicht sollte sich Adobe künftig darauf konzentrieren, hervorragende HTML-5-Werkzeuge zu schaffen, und weniger Kritik an Apple üben, weil es die Vergangenheit hinter sich lässt.“

Jobs Brief kam nicht aus heiterem Himmel. Er war vielmehr Kulminationspunkt eines länger andauernden Streits zwischen Apple und Adobe. Der Flash-Entwickler hatte in dessen Verlauf beispielsweise Apples strenge Maßnahmen, um Flash-Programme vom iPhone zu verbannen, als „tyrannische Kontrolle“ für Entwickler bezeichnet. Die Weiterentwicklung von Flash-Produkten fürs iPhone hatte das Unternehmen eingestellt. An alternativen Technologien wie HTML 5 arbeitet es – wie von Steve Jobs vorgeschlagen – aber durchaus.

Millionen Flash-los glücklich

In den seither vergangenen zwölf Monaten hat sich viel verändert: Apple konnte über 14 Millionen iPads verkaufen. Auch das neue Modell, das iPad 2, findet ebenso wie sein Smartphone-Pendant iPhone 4 reißenden Absatz. Nicht geändert hat sich jedoch Apples Einstellung zur Flash-Kompatibilität auf der iOS-Plattform: Es wird kein Flash auf diesen Geräten geben. Basta.

Und warum sollte Apple seine Einstellung auch ändern? Zwar waren vor einem Jahr viele Beobachter noch skeptisch, ob sich die Geräte ohne als die von ihnen für das Web so wichtig erachtete Technologie würden durchsetzen können. Aber offensichtlich lagen sie falsch, denn sie konnten es.

Das ist umso beachtlicher, als es nicht an Versuchen von Wettbewerbern gefehlt hat, Apples Vorpreschen mit flash-kompatiblen Geräten zu kontern. Adobe hat an Flash 10.2 für Android weitergearbeitet und Versionen für Mobiltelefone mit Froyo (2.2) als auch Gingerbread (2.3) herausgebracht und kürzlich auch für Tablets mit Honeycomb (3.0). Zusätzlich entwicklete Adobe AIR 2.x für Android, um Flash-Anwendungen auf der Plattform zu unterstützen.

Aber Adobes Android-Software hatte auch mit Problemen zu kämpfen. Viele derzeit verkaufte Android-Telefone und der erste Schwung Froyo-basierender Tablets bringen einfach nicht genug Rechenpower mit, um Webseiten mit Flash-Inhalten sauber darzustellen. Zwar läuft Flash, es bremst aber das Betriebssystem aus. Viele Nutzer schalten das Plug-in daher nur ein, wenn sie es benötigen, um ihnen besonders wichtige Inhalte anzuzeigen. Steve Jobs Flash-Schelte schon im Zusammenhang mit den ersten iPhone-Generationen, dass durch die Technologie die mobile Nutzererfahrung über Gebühr beeinträchtigt wird, hat sich also als richtig erwiesen.

Auf den leistungsfähigeren, Dual-Core-Honeycomb-Tablets, beispielsweise dem Motorola Xoom, führt der Einsatz von Flash zur Instabilität des Betriebssystems beizutragen und macht das Surfen im Web spürbar langsamer.

Einige dieser Performance- und Stabilitätsprobleme von Flash lassen sich auf die fehlende Offenheit bei Google zurückführen, die es Adobe schwer gemacht hat, ein gut funktionierendes Plug-in für die Plattform zu entwickeln. Adobe nahestehende Quellen sprechen etwa von Schwierigkeiten, zeitnah neue Builds des Source Codes zu bekommen und mit Entwicklern bei Google zusammenzuarbeiten, um die Laufzeitumgebung besser auf die Plattform abzustimmen.

Dass Adobe besseres liefern kann, wenn die Kooperation mit dem Betriebssystemanbieter klappt, hat es zusammen mit Research in Motion beweisen: Dessen Strategie für die Anwendungsentwicklung ist vom Start des Playbook an völlig auf Adobes AIR- und Flash-Technologien ausgelegt – und das Ergebnis ist durchaus ansprechend. So gesehen hat Jobs in seinem offenen Brief vom vergangenen Jahr doch nur teilweise Recht – zumindest vom technischen Standpunkt aus gesehen. Flash läuft auf mobiler Hardware und dem Mac nur deshalb mit Problemen, weil Apple sich weigert, mit Adobe so intensiv zu kooperieren, wie das notwendig wäre. Aber wie schon gesagt hält auch Google das offenbar nicht für notwendig.

Liegt das vielleicht daran, dass sich aus Sicht der beiden Firmen die Mühe nicht mehr lohnt, einfach weil Flash nicht mehr relevant genug ist? Möglich wäre es. Nutzer der iOS-Plattform vermissen Flash nicht wirklich. Nahezu alle Websites haben inzwischen auf HTML5 H.264-basierte Codierung eingebetteter Videos umgestellt. Nur noch sehr wenig Websites setzen ausschließlich auf SWF-Player. Es werden aber rasch weniger, da sie eine inzwischen so wichtige Plattform wie iOS nicht mehr ausschließen wollen. Auch wer mit einem Android-Phone im Netz unterwegs ist, findet mehr HTM5-basierende Videos als reine Flash-Videos. Und darüber, ob Anzeigen Flash-basiert sind oder nicht, machen sich wohl die wenigsten Anwender Gedanken.

Natürlich ist Flash nicht nur ein Video-Standard, sondern auch ein Standard für eingebettete Anwendungen, insbesondere im Zusammenhang mit Plattformen wie AIR. Aber auch davon gibt es einfach zu wenige. Farmville bei Facebook oder andere Flash-basierende Spiele sind nicht zwangsläufig auf Flash angewiesen: Sie werden zunehemend als App angeboten – sowohl für Android als auch iOS. Die Notwendigkeit, sie in einem Browser laufen zu lassen, entfällt dadurch.

Fazit

Ein Jahr nach Steve Jobs „Gedanken über Flash“ und dem heiß diskutierten Verkaufsstart des Flash-losen iPad ist die Welt für Anbieter und Nutzer weitgehend in Ordnung. Auch ohne Flash. Das Adobe-Programm macht vor allem noch durch Sicherheitslücken und deren Patches von sich reden. Es gibt kaum Anzeichen, dass Flash-Kompatibilität für Smartphones, Tablets oder Desktop-Rechner ein wichtiges Entscheidungskriterium ist: Die meisten Nutzer scheinen auch ohne ganz gut zu Recht zu kommen. Das sollte Adobe wirklich zu denken geben.

ZDNet.de Redaktion

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