Wikileaks-Chef Julian Assange hat sich in einem Interview mit Russia Today über das Soziale Netzwerk Facebook geäußert. Er nennt es „die schrecklichste Spionagemaschine, die je erfunden wurde“ und äußert Befürchtungen, es werde vom US-Geheimdienst genutzt.
„Wir haben hier die größte Datenbank der Welt mit Menschen, ihren Beziehungen, ihren Namen, ihren Adressen, ihrem Aufenthaltsort, ihrer Kommunikation untereinander und ihren Verwandtschaftsbeziehungen – alles in den USA, alles für US-Geheimdienste zugänglich“, sagte Assange.
Mit Bezug auf das Anti-Terror-Gesetz Patriot Act sieht er die Möglichkeit für US-Behörden, Druck auf Facebook auszuüben. „Sie haben eine Schnittstelle für den Zugriff durch Geheimdienste entwickelt. Wird also Facebook von den Geheimdiensten betrieben? Nein, so einfach ist es nicht. Es ist einfach so, dass die Geheimdienste juristischen und politischen Druck machen können.“ Es sei schlicht zu teuer für Facebook, jeder Anfrage separat nachzugehen, deshalb habe es den Behörden einen speziellen Zugang eingerichtet.
Unter dem Patriot Act können US-Strafverfolger ohne richterliche Genehmigung in US-Rechenzentren vorgehaltene Daten einsehen. Dies bezieht sich auch auf Einrichtungen außerhalb der USA, die vollständig US-Firmen gehören. Hätte Facebook auch in Europa Rechenzentren, um europäischen Datenschutzgesetzen entsprechen zu können, wäre es also immer noch betroffen. Ein Facebook-Sprecher bestätigte jedoch gegenüber ZDNet, dass sämtliche Daten in den USA gespeichert sind. Man habe Rechenzentren an beiden Küsten und die neue Einrichtung in Oregon, auf die sich der gesamte Datenbestand verteilte.
Was Assange von Facebook behauptet, erinnert an ein von Cryptome vor gut einem Jahr veröffentlichtes Dokument, das schildert, wie Microsoft mit US-Behörden zusammenarbeitet und unter bestimmten Umständen Zugriff auf seine Daten gibt. Dem „Global Criminal Compliance Handbook“ zufolge stehen Staatsanwaltschaft und Geheimdiensten somit auch E-Mails und Messenger-Konversationen zur Verfügung, Zugriffszeiten und -orte, Kreditkartendaten oder auch IP-Adressen. Sie müssen nur nationales Interesse oder eine Bedrohungslage als Begründung vorweisen.
Gregg Keizer schrieb dazu auf Computerworld, man könne Microsoft keine Schuld geben. Facebook, Google, Yahoo und andere große Anbieter von Clouddiensten verhielten sich ähnlich. Mit seiner vorerst unbewiesenen Behauptung steht Assange also zumindest nicht allein.
Assange hält sich derzeit in England auf, wo er die Berufungsverhandlung zu seinem Verfahren abwartet. Er soll wegen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs an Schweden ausgeliefert werden. Assange bestreitet die Vorwürfe und widersetzt sich einer Auslieferung. Er sagt, er habe in Schweden keinen gerechten Prozess zu erwarten.
Wikileaks will mit der Veröffentlichung von vertraulichen Dokumenten mehr Transparenz schaffen. Das kommt nicht überall gut an. ZDNet bietet in diesem Special Nachrichten und Hintergrundberichte über die umstrittene Whistleblower-Plattform.
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