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IPv6 kommt: Wie weit sind Provider in Deutschland?

Eines der Unternehmen, das 2002 schon auf die nächste IP-Generation setzte, ist der Münchner Provider Spacenet. Er bietet inzwischen seit über zwölf Jahren einsatzfähige IPv6-Lösungen an. Er hat eigenen Angaben nach „eine Vielzahl“ seiner Kunden beraten und auf IPv6 umgestellt. Einer davon war bereits 2009 das soziale Netzwerk Lokalisten.de.

„Die Anzahl der IPv4-Adressen ist begrenzt und in diesem Jahr werden die letzten Adressen vergeben: Für sieben Milliarden Menschen sind vier Milliarden IPv4-Adressen zu wenig. Nebenbei bringt die neue Version des Internetprotokolls eine Reihe von Verbesserungen bei der Netzwerkadministration, beim mobilen Networking oder der IT-Sicherheit“, so Spacenet-Vorstand Sebastian von Bomhard.

Zwar bestehe in vielen Fällen kein unmittelbarer Handlungsdruck, aber man wolle die Kunden rechtzeitig auf die zukünftige Entwicklung vorbereiten. Wer sich jetzt mit IPv6 befasse und seine Systeme IPv6-fähig mache, besitze einen technischen Wissensvorsprung und damit einen deutlichen Vorteil gegenüber der Mehrheit der Firmen, so von Bomhard.

„Ohne IPv6 sind Unternehmen vom asiatischen, südamerikanischen oder afrikanischen Markt weitgehend isoliert, da diese Märkte erst jetzt technisch massiv aufrüsten und damit zwangsläufig keine IPv4, sondern IPv6-Adressen erhalten. Kunden aus diesen Regionen können also weder auf IPv4-Webserver – Webshops etc. – zugreifen noch könnten Außendienstler dort direkt ans heimische IPv4-Netz per VPN angebunden werden.“ Des Weiteren sei der Betrieb der IPv4-Infrastruktur teuer im Handling, da viele versteckte Administrationskosten anfallen. „IPv6 ist hier mittelfristig günstiger“, so von Bomhard weiter.

IPv6-Vorbereitungen bei QSC

Ebenfalls gut für IPv6 gerüstet ist eigenen Angaben zufolge QSC (PDF). Der Backbone von QSC ist bereits IPv6-fähig. Voraussichtlich im vierten Quartal 2011 werden allen Neukunden im so genannten Dual-Stack-Verfahren sowohl IPv4-, also auch IPv6-Adressbereiche zur Verfügung gestellt.

„Hierbei handelt es sich um einen Parallelbetrieb von IPv4 und IPv6 auf einer Infrastruktur. So werden neben allen beteiligten Schnittstellen und der klassischen IPv4-Adresse zusätzlich mindestens eine IPv6-Adresse zugewiesen. Die Rechner können dann über beide Protokolle unabhängig kommunizieren“, so QSC-Sprecher Dennis Knake. Zum Zeitpunkt der Bereitstellung bekommen Neukunden dann ein IPv6-fähiges Endgerät. Bei Bestandskunden wird bei Bedarf, wenn eine neue IPv6-Adresse gewünscht oder notwendig ist, diese per Softwareupdate nachgerüstet, oder, wo das nicht geht, das Endgerät gegen ein IPv6-fähiges ausgetauscht. In größeren Projektgeschäften stellt QSC Kunden IPv6 schon heute individuell bereit.

Sorgen macht den Providern der für einen noch unbestimmten Zeitraum notwendige Parallelbetrieb: Wer ausschließlich über IPv6 angebunden ist, erreicht keine Dienste, die nur IPv4 unterstützen. In der Übergangsphase, bis zumindest alle wichtigen Server, Dienste und Anwendungen im Internet IPv6 unterstützen, ist laut QSC die parallele Nutzung von IPv4 und IPv6 die beste Lösung: „Erst wenn wirklich alle wichtigen Anbieter auf IPv6 umgerüstet haben, kann man auf IPv4 verzichten.“

Auch laut DNS Net überwiegen bei IPv6 klar die Vorteile – selbst wenn IPv6 an sich hohe Herausforderungen mit sich bringt. Die „Last“ sei eher die Notwendigkeit, weiterhin mit IPv4 zusammenzuarbeiten, nicht zuletzt, weil das die größeren Kosten verursache. Den Nutzen von IPv6 sieht DNS Net darin, dass dadurch das die Adressknappheit im IPv4-Internet beendet wird. Außerdem lasse sich die damit die eigene logische Netzwerktopologie vereinfachen.

Colt steckt mitten in den Vorbereitungen

Aktuell schafft Colt mit einem IPv6-Projekt alle Voraussetzungen dafür, den nativen IPv6-Support parallel zum existierenden IPv4-Support zu ermöglichen. Das soll bis zum dritten Quartal 2011 abgeschlossen sein“, sagt Matthias Hain, Director, Data&Managed Services bei Colt Communication Services. Anschließend werde der IPv6-Produktsupport in mehreren Schritten eingeführt. „Parallel dazu arbeiten wir bei Colt weiter an der IPv6-Produktentwicklung, um die Dual-Stack IPv4-IPv6 Unterstützung in unser IP-Produktportfolio zu übernehmen, einschließlich Internetzugang, IP-VPN und VoIP-Diensten“, so Hain weiter.

Wie Wettbewerber auch, fährt Colt also zunächst eine Dual-Stack-Strategie. Gleichzeitig plant und arbeitet das Unternehmen an der nächsten Phase, um den eigentlichen Übergang von IPv4 zu IPv6 zu bewältigen. „Sobald die IPv4-Adressen ausgeschöpft sind, werden Übergangsmechanismen -Tunnelung und/oder Übertragung – gebraucht, um Kompatibilität zwischen IPv4 und IPv6 zu gewährleisten. Die meisten dieser Übergangswerkzeuge werden momentan standardisiert und entwickelt“, so Hain gegenüber ZDNet.

Der Anbieter nimmt aber auch seine Kudnen in die Pflicht. „Da der Übergang zu IPv6 in naher Zukunft notwendig ist und das gesamte Netz einschließlich der Endnutzer betreffen wird, müssen bereits jetzt alle notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Unsere Kunden sollten spätestens jetzt damit anfangen, den kompletten Übergang zu IPv6 nicht nur zu planen, sondern die eigene Kommunikation vorerst um eine erste IPv6-Lösung zu erweitern. Dafür wird Colt zunächst die Dual-Stack IPv4-IPv6-Lösung anbieten, mit der unsere Kunden über beide IP-Protokolle kommunizieren können. Diese Vorgehensweise lässt ihnen genug Zeit, den kompletten Übergang strategisch sinnvoll zu planen und gibt vor allem uns die Möglichkeit, zu einer umfangreichen Beratung“, verspricht Hain. Eventuelle Mehrkosten oder unnötiger Mehraufwand aufgrund verspäteten Handelns könne so vermieden werden.

Netcologne und HTP

Netcologne in Köln und HTP im Raum Hannover haben die Hauptaufgaben erledigt und sind derzeit noch mit dem Feinschliff beschäftigt. Netcologne hat seine Border-, Core- und Distribution-Systeme bereits v6-fähig gemacht. Der Access- und Server-Bereich befindet sich in Entwicklung.

Bei einigen Produkten kann auf Anfrage und nach vorheriger technischer Prüfung IPv6 zu Testzwecken zur Verfügung gestellt werden. Am „World IPv6 Day“ am 8. Juni 2011 beteiligt sich Netcologne mit einem Real-Life-Test auf verschiedenen seiner Internetseiten beziehungsweise Kundenportale. Bis Ende 2011 sollen die Netcologne-Produkte endgültig IPv6 fähig sein.

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Bei test-ipv6.com können Nutzer die IPv6-Fähigkeiten ihrer Ausrüstung prüfen. Die Zahlen zur IPv6-Nutzung liegen dort höher als die von Arbor Networks ermittelten. Das könnte aber auch daran liegen, dass die Site überproportional von stark IPv6-Interessierten aufgesucht wird (Screenshot: ZDNet).

Bei HTP sehen die Pläne ähnlich aus, werden aber mit etwas wenige Nachdruck verfolgt: „Der Backbone wurde bereits auf IPv6 umgestellt. Im Pilotbetrieb werden IPv6-Anschlüsse für Geschäftskunden bereitgestellt. Weitere IPv6-basierende Produkte sind in Entwicklung“, sagt Carsten Strahler, Leiter IP bei dem Unternehmen. „IPv6 ist eine notwendige technische Entwicklung. Als Carrier werden wir uns darauf einstellen müssen.“ HTP bereite sich zwar auf künftige Anfragen von Kunden vor, eine aktive Migration sei jedoch nicht geplant.

Deutsche Telekom: IPv6 flächendeckend Ende 2011

Die Deutsche Telekom hat ihre Pläne bereits im Herbst 2010 dargelegt. Der Konzern will bis Ende 2011 alle DSL-Anschlüsse IPv6-fähig machen. Das gilt sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden. Kunden, die einen IPv6-fähigen Router besitzen, etwa neuere Fritzbox-Modelle, können gleichzeitig mit IPv4 und IPv6 ins Internet. Diese Dual-Stack-Konfigurationen unterstützen alle gängigen Desktop-Betriebssysteme, etwa Linux, Mac OS und Windows sowie die Mobilfunkbetriebssysteme Android und iOS.

Gleichzeitig mit der Einführung von IPv6 wird die Telekom auf die Zwangstrennung nach 24 Stunden verzichten. Das Heimnetz erhält nur dann einen neuen /56-Netzprefix, wenn man eine längere Zeit offline geht. Bei einer kurzen Unterbrechung der Verbindung bekommt man denselben Prefix wie bei der letzten Einwahl zugeteilt. Das entspricht etwa der quasi-statischen Adressvergabepraxis wie sie die Kabelnetzbetreiber bei IPv4 derzeit handhaben. Geschäftskunden haben darüber hinaus die Möglichkeit, einen festen Prefix zu buchen, der sich auch nach längerer Offline-Zeit nicht ändert.

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ZDNet.de Redaktion

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