Cloud: Wie weit sind Anbieter und was planen Anwender?

Beim Cloud Vendor Benchmark ist ihnen aufgefallen, dass der Großteil der Anbieter auf den Mittelstand zielt – obwohl da objektiv gesehen im Augenblick noch das geringste Potenzial sei. Denn derzeit würden sich entweder sehr große Firmen mit Cloud Computing befassen – und die dann oft mit Formen der Private Cloud – oder sehr kleine Firmen. Letztere holen sich aus der Cloud Lösungen, die für sie im On-Premise-Modell – also mit Kauf von Lizenzen, Installation auf eigenen Servern, sowie Wartung und Support – bisher nicht zugänglich oder bisher in der Handhabung einfach zu komplex waren.

Diesen Aspekt bringt Mani Pirouz von Salesforce.com im Rahmen einer IDC-Veranstaltung in München auf den Punkt: „Über eine Milliarde Menschen wissen, wie Soziale Netzwerke funktionieren, aber über sechs Milliarden Menschen wissen nicht, wie SAP funktioniert.“

Indem neue Angebot von Anfang an konsequent auf einfache Bedienbarkeit setzen, erreichen sie Kunden, die den etablierten IT-Riesen wegen ihrer monumentalen Lösungen mit einer nur nach aufwändigem Training erschließbaren eigenen Logik verschlossen sind. Obwohl man fairerweise sagen muss, dass auch die Schwergewichte der Branche dieses Problem inzwischen erkannt haben und sich um Lösungen bemühen.

Die Stichelei von Pirouz darf aber nicht dahingehend verstanden werden, dass es Salesforce und andere Anbietern um die Integration von Facebook, Twitter oder Xing geht. Vielleicht gibt es da gelegentlich Ansatzpunkte, sie kommen aber erst an zweiter Stelle. Sie bemühen sich vielmehr, hinsichtlich Bedienbarkeit, intuitiver Nutzung und Interaktion von den Sozialen Netzwerken zu lernen. „Soziale Netzwerke liefern uns eher Anknüpfungspunkte für die Funktionsweise, nicht für das Geschäftsmodell: Bei Facebook bezahlen Sie mit ihrer Privatsphäre, bei uns bezahlen Sie eine monatliche Grundgebühr“, so Pirouz.

Welche Anbieter beim Mittelstand Chancen haben

Besonders intensiv bemühen sich nach Ansicht der Experton Group die Telekommunikationsunternehmen um den Mittelstand. Dazu gehören neben der Deutschen Telekom zum Beispiel 1&1, BT, Colt, Host Europe, NTT oder Vodafone. Deren Engagement sei derzeit sicher noch nicht rentabel, aber als Investition in die Zukunft zu betrachten.

Das Potenzial bestätigen die Ergebnisse der Anwenderbefragung durch IDC: Demnach bevorzugen 20 Prozent der Befragten einen Telekommunikationsanbieter als Lieferanten für Public-Cloud-Dienste. Damit liegt diese Gruppe hinter den IT-Service-Anbieter (36 Prozent) aber noch ganz knapp vor den Softwareherstellern (19 Prozent). Die Stärken der Telkos sind der langjährige Zugang zu den Kunden, dass ihnen zugetraut wird, eine gewisse Dienstgüte zu garantieren sowie die komplexer werdenden Abrechnungsvorgänge zu beherrschen.

Wozu die Anwender die IT-Service-Anbieter benötigen wird klar, wenn man sich anschaut welche externen Dienstleitungen sie sowohl bei ihrer Beschäftigung mit der Privat als auch der Public Cloud gerne zukaufen würden: In beiden Fällen stehen Beratung sowie Implementierung und Integration ganz oben auf der Liste. Außerdem glauben die Verantwortlichen, Unterstützung beim Training der Cloud-Anwender zu benötigen. Das zeigt, dass sie entweder die von Salesforce und dessen Marktbegleitern propagierte intuitive Nutzung nicht verstanden haben oder aber nicht daran glauben.

Kosteneinsparungen und Lizenzprobleme

„Cloud Computing ist hoch automatisiert und hoch standardisiert, aber der Weg dahin ist für jedes Unternehmen hochindividuell“, so Michael Pauly, Pre-Sales-Consultant bei T-Systems, während der IDC-Veranstaltung in München. Diese Einschätzung bestätigen auch weitere Ergebnisse der IDC-Umfrage: Zwar haben 70 Prozent der Befragten eine Strategie für die weiteren Cloud-Aktivitäten, nur selten setzen sie aber alles auf eine Karte. Lediglich zehn Prozent wollen in allen Bereichen Angebote aus der Public Cloud nutzen, ebenfalls rund jeder zehnte schließt die Nutzung von Cloud-Diensten kategorisch aus oder hat sich noch nicht damit beschäftigt. Alle anderen wollen – allerdings in ganz unterschiedlichen Kombinationen – Cloud-Angebote für sich nutzen.

„Unser Eindruck ist, dass wir uns beim Cloud Computing immer noch in einem stark angebotsorientierten Markt bewegen“, so Marco Burk, Mitglied der Geschäftsleitung beim Dienstleister Logica, anläßlich der Präsentation der IDC-Studie in München. Seiner Erfahrung nach bevorzugen große Unternehmen Private-Cloud-Modelle: Sofern sie eine straff organisierte IT-Abteilung haben sind die möglichen Kosteneinsparungen durch Public-Cloud-Dienste so gering, dass es sich dafür nicht lohnt, die Kopfschmerzen wegen Sicherheit und Compliance zu riskieren.

Ähnliche Erfahrungen hat Michael Pauly von T-Systems gemacht: „Nur bestehende Server durch virtuelle Server zu ersetzen bringt nicht das, was man sich von Cloud Computing erhofft – da muss sich schon auch an den Prozessen etwas ändern“ – also sowohl an der Bereitstellung, der Verwaltung als auch der Nutzungsabrechnung udn vielleicht sogar an der Arbeitsweise der Fachabteilung.

Zu den Problemfeldern zählt auch die korrekte Lizenzierung von Anwendungen in der Cloud. „Das Thema Lizenzmodelle ist ein ganz spannendes Thema, da sind noch viele Fragen offen“, so Burk. Ein größerer Münchener Kunde habe etwa die Möglichkeit, 210 seiner Anwendungen in die Cloud zu schieben durch Logica prüfen lassen. Bei einem Großteil habe sich das als nicht sinnvoll erwiesen. Auch T-Systems-Berater Pauly bestätigt, dass „die Lizenzproblematik weitgehend noch nicht geklärt ist.“ Ausnahme: Software die die Hersteller selbst aus der Cloud liefern.

Logica-Manager Burk sieht daher mittelfristig einen Bedarf an Managed-Cloud-Service-Anbietern. Das könnten Dienstleister wie sein Unternehmen oder auch Telekommunikationsanbieter sein. Sie würden den Unternehmen dann mehrere Dienste aus unterschiedlcihden Clouds gebündelt anbieten, eventuell auch die Abrechnung übernehmen und sich um die Integration in weiterhin lokal vorgehaltene Dienste sicherstellen. Einziger Haken: Die Haftung werden wohl auch diese Firmen nicht übernehmen wollen und können.

Themenseiten: Cloud-Computing, Experton Group, IDC, IT-Business, Marktforschung, Mittelstand, Strategien

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