Die Patente dienen vermutlich dem Schutz vor Klagen. Google bestätigt den Kauf, nennt aber weder den Kaufpreis noch weitere Details. Über die Transaktion hatte bereits am Donnerstag der Suchmaschinen-Blog „SEO by The Sea“ berichtet. Der Autor, Bill Slawski, schreibt in seinem Blog, dass das erworbene Portfolio sich über zahlreiche Technikbereiche und Anwendungsgebiete erstreckt und nennt als Beispiele hierfür ein Online-Suchverfahren und ein Patent zur Herstellung und der Architektur von Speicher und Mikroprozessoren. Insgesamt handelt es sich um 1029 Patente. Zudem erwarb Google bereits Anfang des Jahres und 2010 Patente von IBM. Nach Angaben des Wall Street Journal enthält das neu eingekaufte Portfolio auch zahlreiche Schutzrechte im Server- und Router-Umfeld.
Angesichts des fehlgeschlagenen Kaufs der rund 6000 Patente und Patentanträge der bankrotten Firma Nortel Networks wirkt der Kauf der IBM-Schutzrechte allerdings wie ein Trostpreis. Google hatte im Rahmen einer Auktion anfänglich 900 Millionen Dollar für das Nortel-Paket geboten und war bis zuletzt zusammen mit Intel im Rennen um die begehrten Papiere. Das Rennen machte allerdings ein von Apple und Microsoft geführtes Konsortium, das insgesamt 5,4 Milliarden Dollar für das umfangreiche Portfolio bezahlt hat. Die Nortel-Patente umfassen Schutzrechte für Mobilfunk, 4G-Netze, optische Netze, Daten- und Sprachnetzwerke, Internet und Halbleiter.
Nach der Niederlage berichtete das Wall Street Journal, dass Google offenbar auch in Verhandlungen mit der Firma InterDigital steht, diese zu kaufen. Diese entwickelt Drahtlos-Technologien und verfügt Experten zufolge über eine wertvolle Sammlung von circa 1500 Patenten in diesem Bereich. Google kommentierte den Bericht nicht. Allerdings deutete InterDigital in einer Stellungnahme am Anfang des Monats an, dass die Firma aufgrund der dramatischen Wertzunahme von Patenten auch in Betracht zieht, Geld mit ihrem umfangreichen Patent-Portfolio zu machen und selbst auch zum Verkauf steht.
Googles Wunsch, Patente im Bereich der drahtlosen Kommunikation und anderer Technologiebereiche zu erwerben, könnte daran liegen, dass das eigene Patent-Portfolio im Vergleich zur Konkurrenz bisher eher klein und unbedeutend ist und dies offenbar einige Firmen ermutigt, gegen Google und sein Handy-Betriebssystem Android gerichtlich vorzugehen.
Oracle hat bereits im vergangenen Jahr eine Patentklage gegen die Firma eingereicht und behauptet diese verletze mit Android „wissentlich, direkt und wiederholt Oracles geistiges Eigentum an Java“. Angeblich verstoßen sowohl Android als auch die darin enthaltene Dalvik Java VM und das dazugehörige SDK gegen sieben Oracle-Patente. Auf Druck von Oracle muss Google-CEO im Rahmen der Anklage vor Gericht aussagen.
Insbesondere Apple wehrt sich unbarmherzig gegen die Android-Plattform und verklagte sowohl Samsung als auch HTC wegen der angeblichen Verletzung von iOS-Patenten in ihren Android-Produkten. Auch Microsoft geht gegen die Android-Plattform gerichtlich vor. Das Unternehmen verklagte Barnes & Noble wegen deren Android-E-Reader. Konkret geht es laut Anklageschrift um Funktionen, die „essenziell für das Nutzererlebnis sind“. Zuvor hatte Microsoft bereits Motorola wegen der Benutzung von Android in seinen Handys verklagt.
Zurzeit lässt sich noch keine Aussage darüber treffen, ob Google plant, die eingekauften IBM-Patente möglicherweise zum Schutz vor Patentklagen im Mobilfunk-Bereich zu verwenden, oder ob es überhaupt geplant ist, diese zu einzusetzen. Viele der erworbenen Patente, die auf den ersten Blick nichts mit Googles Kerngeschäft zu tun haben, könnten sich längerfristig dennoch als nützlich erweisen. Falls die Firma von einer anderen Firma wegen Patentverletzung verklagt wird und deren eigenes Geschäft Technologien verwendet, die von Google patentiert sind, kann das Unternehmen eine Gegenklage einreichen. In einer Stellungnahme zum Kauf teilte ein Google-Sprecher allerdings nur mit, dass die Firma, wie auch viele andere, von Zeit zu Zeit Patente kauft, die wichtig für ihr Geschäft sind.
Der Sprecher nutzte zudem die Gelegenheit dazu, auf die in letzter Zeit rapide ansteigende Zahl von Patentklagen hinzuweisen, und kommentierte dies damit, dass Patent-Rechtsstreitigkeiten wegen schlechter Software ein verschwenderischer Krieg sei, in dem es keinen wirklichen Gewinner gibt. Damit wiederholte er, was bereits seit einiger Zeit immer wieder von Google zu hören war. Im April beklagte sich der Chefanwalt des Such-Giganten Kent Waler in einem Blog darüber, dass Patenklagen Innovationen einfach nur behindern. Er schreibt: „Die Technologiebranche hat in letzter Zeit einen dramatischen Anstieg von Patent-Rechtsstreitigkeiten gesehen. Es besteht die Gefahr, dass diese Innovation im Keim ersticken. Oft geht es dabei um Patente für Software minderer Qualität. Einige der Klagen werden von Firmen oder Einzelpersonen eingereicht, die nie selber etwas geschaffen haben. Andere Klagen sind nur dazu da, Produkte der Konkurrenz vom Markt fernzuhalten, oder vom Erfolg einer neuen Technologie eines Konkurrenten zu profitieren. Das Patenrechtssystem sollte diejenigen belohnen, die die nützlichsten Innovationen für die Gesellschaft entwickeln und nicht jene, die falsche Ansprüche oder zweifelhafte Anklagen erheben.“
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