Ausländische Betreiber einer Website können in Deutschland für Verletzungen von Persönlichkeitsrechten seitens ihrer Nutzer haftbar gemacht werden. Das haben Bundesgerichtshof (BGH) und Europäischer Gerichtshof (EuGH) unabhängig voneinander entschieden, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet. Bisher war fraglich, ob deutsches Recht in solchen Fällen anwendbar ist.
In Karlsruhe war nach Angaben der SZ eine Unterlassungsklage gegen Google verhandelt worden. Der Autor eines von Google gehosteten Blogs über Mallorca hatte einem auch in Spanien tätigen deutschen Geschäftsmann vorgeworfen, er habe Sexclubrechnungen mit seiner geschäftlichen Kreditkarte bezahlt. Weil der Verfasser aber anonym blieb, verklagte der Geschäftsmann den Internetkonzern wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte.
Das Oberlandesgericht Hamburg hatte 2010 entschieden, Google sei in diesem Fall als Hoster dafür verantwortlich, im deutschen Bundesgebiet zu verhindern, dass diese Behauptung verbreitet werde. Der Suchanbieter legte Revision ein, scheiterte jetzt aber vor dem BGH (Az. VI ZR 93/10). Dieser folgte der Argumentation der Vorinstanzen: Der Blogeintrag sei auch in Deutschland verbreitet worden, wo der Geschäftsmann seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe – und aus diesem Grund sei das deutsche Recht anzuwenden.
Weil eine Website weltweit aufgerufen werden kann, dürfen Kläger laut EuGH in ihren Heimatländern vor Gericht ziehen. Wegen der „weltumspannenden Verbreitung“ von Inhalten im Internet sei es schwierig, zu bestimmen, wo durch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Schaden entstanden sei. Aus diesem Grund ist den EU-Richtern zufolge das Gericht an dem Ort zuständig, in dem der Kläger seinen Wohnsitz und den Mittelpunkt seiner Interessen hat. Dieses sei dann allerdings für eine Entscheidung über den gesamten innerhalb des Mitgliedsstaats entstandenen Schaden zuständig. Dabei dürfen aber keine strengeren Vorschriften angewendet werden, als sie in dem Land gelten, in dem der Herausgeber einer Website ansässig ist.
Nach Informationen der SZ waren Klagen im Wohnsitzland des Opfers zwar bisher auch möglich; über den Gesamtschaden in der EU konnte jedoch nur in dem Land entschieden werden, in dem der Herausgeber einer Publikation ansässig war. Dieser Weg steht weiterhin offen.
Auslöser für den EuGH-Entscheid waren zwei Fälle (Az. C-161/10 und C-509/09). Der verurteilte Mörder des Münchner Volksschauspielers Walter Sedlmayr klagte gegen ein österreischisches Webportal, das seinen vollen Namen genannt hatte. Dieses bezeweifelte aber die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, weshalb der Bundesgerichtshof den EuGH anrief.
Im zweiten Fall hatte der Schauspieler Olivier Martinez vor einem französischen Gericht geklagt, weil der britische Sunday Mirror auf seiner Website behauptet hatte, Martinez sei wieder mit der Popsängerin Kylie Minogue liiert. Nach der Entscheidung des EuGH kann nun in jedem beliebigen EU-Staat ein Schaden aufgrund einer Veröffentlichung im Internet geltend gemacht werden. Es kann dann aber jeweils nur über den in dem einen Land entstandenen Schaden urteilen.
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