Steve Jobs war klug genug, nicht auch noch über den Inhalt der von ihm autorisierten Biografie zu bestimmen, die diese Woche auch in deutscher Sprache erschienen ist. Er erklärte ausdrücklich, keine „Hausbroschüre“ haben zu wollen, und ließ Autor Walter Isaacson alle Freiheiten, die der auch nutzte. Isaacson führte nicht nur über zwei Jahre hinweg 40 Interviews mit dem Apple-Mitgründer, sondern sprach auch mit vielen, die persönlich mit Jobs zu tun hatten. Keine Überraschung ist, dass Jobs alles oft ganz anders sah als seine Umwelt.
„Große Künstler stehlen“
Schon immer hatte Jobs die Neigung, Ideen als seine eigenen zu reklamieren, selbst wenn sie auf den Konzepten anderer aufbauten oder er sie schlicht übernahm. Selbst Apple-Designer Jonathan Ive, den Jobs als seinen spirituellen Partner bezeichnete, hatte darüber zu klagen. Er erlebte, wie Jobs seine Ideen verwarf, um sie kurze Zeit später als eigene Einfälle zu präsentieren. Während Ive das wegstecken konnte, sah Jobs selbst es deutlich enger, wenn er anderen die Übernahme seiner eigenen Ideen vorwarf.
Dabei nahm Apples CEO selbst immer wieder für sich in Anspruch, zum Ideenklau berechtigt zu sein. „Gute Künstler kopieren, große Künstler stehlen“, habe Picasso oft gesagt. „Wir waren immer schamlos, wenn es darum ging, große Ideen zu stehlen“, fügte Jobs hinzu. Er schien sogar ausgesprochen stolz darauf, dass Apple sich für das Mac-Betriebssystem bei der Ideenschmiede Xerox PARC bedient hatte.
Später sollte ihn sein Biograf jedoch als „wütend wie nie zuvor“ erleben, als es um Android ging, das er als zu dicht an Apples iPhone sah, sogar als „schweren Diebstahl“ bezeichnete. Mit Kraftausdrücken kündigte er an, Apples 40 Milliarden Dollar auf der Bank einzusetzen, um „dieses Unrecht zu korrigieren“. Er wolle Android zerstören, da es ein gestohlenes Produkt sei, und dafür den Atomkrieg erklären. „Google, du hast das iPhone verdammt noch mal abgekupfert, uns im großen Stil abgekupfert“, beschrieb er den Inhalt einer vorbereiteten Klage gegen Android-Hersteller HTC und billigte Google nur noch zu, in der Suche gut zu sein: „Sie sind zu Tode erschreckt, weil sie wissen, dass sie schuldig sind. Von der Suche abgesehen, sind Googles Produkte – Android oder auch Google Docs – einfach nur Scheiße.“
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Steve und Bill
Ähnlich erging es einst Microsoft und Bill Gates, der es gewagt hatte, mit Windows ebenfalls ein Betriebssystem mit grafischer Benutzeroberfläche zu entwickeln. Jobs ließ Gates nach Cupertino kommen und schrie ihn im Kreis von rund zehn Apple-Mitarbeitern an: „Ihr kupfert uns ab! Ich habe euch vertraut, und jetzt bestehlt ihr uns!“
Der analytische Gates war als einer der wenigen bekannt, die sich Jobs‘ Realitätsverzerrungsfeld entziehen konnten. Er saß ruhig da, sah dem Angreifer in die Augen und gab mit hoher Stimme zurück: „Nun, Steve, das kann man auf mehr als eine Weise sehen. Ich sehe es eher so, dass wir beide diesen reichen Nachbar namens Xerox hatten. Ich bin in sein Haus eingebrochen, um seinen Fernseher zu klauen, und fand heraus, dass du ihn bereits gestohlen hattest.“
Vor Jobs‘ Tod trafen sich die langjährigen Kontrahenten noch einmal und sprachen stundenlang über alte Zeiten. Steve und Bill waren sich einig, dass sie es nur ihren Frauen Laurene und Melinda zu verdanken hatten, „halbwegs normal“ geblieben zu sein. Sie gestanden sich sogar gegenseitig zu, dass sich ihre jeweiligen Geschäftsmodelle bewährt hätten: Apples geschlossenes und kontrolliertes Modell von Hardware und Software aus einer Hand ebenso wie die breite Lizenzierung von Microsofts Betriebssystemen an zahlreiche Hersteller.
In Gesprächen mit dem Biografen hörte sich das aber schon wieder anders an. Gates gestand Jobs immerhin Instinkt zu: „Er hat nie viel von Technologie verstanden, aber er hatte einen erstaunlichen Instinkt dafür, was funktioniert.“ Jobs aber schlug zurück: „Bill ist im Prinzip einfallslos und hat nie etwas erfunden, weshalb ihm jetzt wohl Philanthropie besser gefällt als Technologie. Er hat einfach schamlos die Ideen anderer Leute abgekupfert.“
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