Öffentliche Förderung von Existenzgründungen im IT-Bereich

Politiker weisen bei jeder Gelegenheit auf ihr Engagement für den Technologiestandort Deutschland hin. Verbände kritisieren ebenso regelmäßig, dass dies in barer Münze nur mangelhaft ausfällt. Fördermittelexpertin Gabriele Taphorn gibt im Gastbeitrag für ZDNet einen Überblick über die Lage.

Die öffentliche Förderung ist ein wesentlicher Teilbereich der Wirtschaftspolitik. Die europäische Union, die Bundesregierung und die Bundesländer führen eine Fülle von Maßnahmen durch, die der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland dienen sollen. Dazu zählen insbesondere die Förderung von Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen durch Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen, Risikoentlastungen, Beteiligungen und weitere, nicht-monetäre Maßnahmen.

Diese spezifische Mittelstandsförderung dient insgesamt der Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Es werden Personen beziehungsweise Unternehmen finanziell unterstützt, die einen Beitrag zur Erreichung wirtschaftspolitischer Zielsetzungen leisten.

Dies gilt im Besonderen für die Gründung neuer Unternehmen, da sie einen wesentlichen Beitrag zur Beschäftigungsentwicklung leisten, sich flexibel auf ein geändertes Nachfrageverhalten einstellen und somit die Funktion der regionalen Versorgung erfüllen können. Darüber hinaus verhindert eine Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen unerwünschte Konzentrationserscheinungen sowie monopolistische Tendenzen und stärkt den Wettbewerb.

Gabriele Taphorn, Diplom-Betriebswirtin (FH) und Autorin dieses Gastbeitrags für ZDNet, beschäftigt sich seit rund 20 Jahren mit öffentliche Finanzierungshilfen (Bild: foerdermittel-guide.de).
Gabriele Taphorn, Diplom-Betriebswirtin (FH) und Autorin dieses Gastbeitrags für ZDNet, beschäftigt sich seit rund 20 Jahren intensiv mit öffentlichen Finanzierungshilfen (Bild: foerdermittel-guide.de).

Die öffentliche Förderung will günstige Rahmenbedingungen für die Durchführung von Gründungsvorhaben schaffen. Die einzelnen Förderprogramme sollen durch ihre Ausgestaltung hinsichtlich der Konditionen und Bedingungen Motivationshilfen leisten, das heißt, die Gründungs- und Investitionstätigkeit anregen. Daneben sollen der Marktzutritt erleichtert, die Eigenfinanzierungskraft und Leistungsfähigkeit gestärkt sowie das bei Existenzgründungen generell höhere Risiko gemindert und die Krisenfestigkeit junger Unternehmen erhöht werden.

Darüber hinaus wird im Rahmen der Wirtschaftsförderung dem gestiegenen Umweltbewusstsein der letzten Jahre Rechnung getragen, indem ein Anreiz zu eigenständigem und vorsorgendem Umweltschutzhandeln gegeben und die Entscheidung zu Gunsten moderner Umwelttechniken erleichtert wird.

Die Erschließung neuer technischer Möglichkeiten ist ein weiterer Schwerpunkt der öffentlichen Förderung. Im Zusammenhang mit technologieorientierten Unternehmensgründungen sind beispielsweise Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen und Beteiligungsmöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der Produkt- und Verfahrensinnovation verfügbar.

Formen der Förderung

Grundsätzlich können öffentliche Förderprogramme von Existenzgründern und Existenzgründerinnen beziehungsweise Unternehmen aller Branchen (inklusive Freiberuflern) in Anspruch genommen werden. Allerdings ist eine ganze Reihe von Programmen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Bedeutung von technologieorientierten Unternehmensgründungen ganz speziell auf Vorhaben dieser Branchen zugeschnitten. Im Folgenden werden zu den einzelnen Formen der Förderung daher beispielhaft Programme vorgestellt, die diesen Bereichen zuzuordnen sind. Ein vollständiger Überblick ist nahezu unmöglich: Je nachdem, wie weit man den Begriff „öffentliche Förderung“ fasst, existieren derzeit rund 3000 Förderinstrumente.

Zuschüsse

Als Zuschüsse werden alle nicht rückzahlbaren Zuwendungen ohne direkte Gegenleistungen bezeichnet. Insgesamt stehen deutschen Unternehmen derzeit etwa 830 Zuschussprogramme zur Verfügung. Zur Mitfinanzierung von Investitionen und betrieblichen Kosten (zum Beipspiel Forschungs- und Entwicklungskosten, Betriebsmittel und so weiter) können auch Existenzgründer einen Zuschuss beantragen. Allerdings ist hier der regionale Standort des neuen Unternehmens ausschlaggebend, da diese Mittel nur in den sogenannten Fördergebieten ausgereicht werden. Zu den Fördergebieten zählen die strukturschwachen Regionen sowie die Grenzgebiete Deutschlands. Darüber hinaus spielen die Branche, die Bedeutung des Unternehmens für die Region und Arbeitsplatzeffekte eine wesentliche Rolle.

Daneben gibt es Zuschussprogramme, die anfallende Kosten ganz spezieller Vorhaben mitfinanzieren. Dazu gehört zum Beispiel das Programm SIGNO-KMU-Patentaktion, mit dem die Kosten für die erstmalige Beantragung von Patent- oder Schutzrechten teilweise finanziert werden können. Auch für die Beteiligung an Leitmessen können junge innovative Unternehmen ihre Kosten für Standmiete und Standbau bezuschussen lassen.

Darlehen

Öffentliche Darlehensprogramme sind stets mit einem subventionierten Zinssatz ausgestattet, der meist für die gesamte Laufzeit festgeschrieben ist und somit – im Vergleich zum klassischen Bankkredit – die Kreditkosten vermindert und kalkulierbar macht. Darüber hinaus sind in der Regel die ersten zwei Jahre tilgungsfrei, so dass die Liquidität junger Unternehmen geschont wird.

Das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie beispielsweise vergibt Finanzierungsmittel, sogenannte „Technokredite“, in Form von Zuschüssen oder Darlehen für die Entwicklung technologisch neuer oder deutlich verbesserter Produkte, Produktionsverfahren und wissensbasierter Dienstleistungen. Dabei sind unter anderem die Kosten für Personal, Ausrüstung, die Beantragung von Schutzrechten, Investitionen sowie Betriebskosten in den Phasen „von der Idee zum Vorprototyp“ und „vom Vorprototyp bis zum ersten Prototyp“ zuwendungsfähig.

Öffentliche Beteiligungen

Gesellschaftsrechtliche Kapitalanleihen an Personen- und Kapitalgesellschaften durch öffentliche Beteiligungsgesellschaften werden in der Regel als typische stille Beteiligung eingegangen. Der Vorteil eines öffentlichen Beteiligungsgebers besteht darin, dass er keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausübt und die Renditeobergrenze bei rund zwölf Prozent liegt. Darüber hinaus sind Beteiligungen bereits ab 20.000 Euro möglich.

Kapitalbeteiligungsgesellschaften wie die Bayern Kapital GmbH stellen über verschiedene Fonds – zur Zeit in Kombination mit dem High-Tech-Gründerfonds – Start-up-Teams und jungen Technologieunternehmen Beteiligungskapital von bis zu zwei Millionen Euro zur Verfügung. Ähnliche Konstrukte gibt es auch in anderen Bundesländern.

Risikoentlastungen

Sofern ein Existenzgründer öffentliche Darlehensprogramme zur Finanzierung einsetzen möchte, muss er diese über ein Kreditinstitut beantragen, das zur Ausreichung entsprechend werthaltige Sicherheiten verlangt. Nun verfügt nicht jeder Antragsteller über ausreichende Vermögenswerte, die den Anforderungen der Banken genügen. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, bei den Förderinstituten Haftungsfreistellungen oder Ausfallbürgschaften zu beantragen, die daraufhin bis zu 80 Prozent des Kreditrisikos übernehmen. Die Inanspruchnahme der Risikoentlastungen verteuert zwar in den meisten Fällen die Kreditkosten, stellt aber oftmals die einzige Möglichkeit dar, die Finanzierungszusage eines Kreditinstitutes überhaupt zu erhalten.

Sonstige Förderinstrumente

Aufgrund der hohen wirtschaftlichen Bedeutung von Existenzgründungen gerade im technologischen Bereich bieten Regierungsstellen, Ministerien der Bundesländer sowie weitere Interessensgemeinschaften auch Instrumente an, die nicht direkt zur Mitfinanzierung konkreter Vorhaben eingesetzt werden können, sondern die grundlegende Entwicklung neuer Ideen begünstigen und deren Umsetzung beschleunigen. Im Rahmen von Start-up-, Innovations- beziehungsweise Gründerwettbewerben (zum Beispiel dem „Spitzencluster-Wettbewerb“ des Wirtschaftsministeriums) können junge Menschen ihre unternehmerischen Ideen einem fachkundigen Publikum präsentieren und hilfreiches Feedback erhalten.

Während der Wettbewerbsphase werden die Gründungsteams durch erfahrene Berater bei der Entwicklung eines Businessplanes begleitet und in ein großes Netzwerk integriert, das in der Weiterentwicklungs- und Umsetzungsphase der Gründungsidee genutzt werden kann. Geld- oder Sachpreise motivieren zudem und verhelfen den Gewinnern zur Steigerung von Bekanntheitsgrad und des Image.

Bundesweit sind regionale Cluster, also Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen (zum Beispiel Hochschulen), Dienstleistern (etwa Design- und Ingenieurbüros), Handwerkern und verbundenen Institutionen (wie Handelskammern) installiert worden, durch die in den einzelnen Regionen Wachstumspools entstanden sind, die den beteiligten Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen. Mit zu den bekanntesten Clustern zählt der IT-Standort Bayern.

Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass die Förderung von Existenzgründungen insbesondere im technologischen Bereich eine wichtige wirtschaftspolitische Aufgabe darstellt und in der Bundesrepublik dementsprechend umfassend gestaltet ist. Neben reinen Finanzierungsinstrumenten bieten Bund und Länder Existenzgründern und Existenzgründerinnen auch nicht-monetäre Initiativen, die eine erfolgreiche Unternehmensgründung und
-entwicklung unterstützen.

Aufgrund der Vielzahl der Programme und der unterschiedlichen Richtliniengestaltung ist es für empfehlenswert, sich frühzeitig über individuelle Möglichkeiten zu informieren. Untersuchungen belegen eindeutig, dass Unternehmensgründungen, die mit öffentlichen Förderprogrammen begleitet wurden, krisenfester und überlebensfähiger sind.

AUTOR

Gabriele Taphorn ...

... beschäftigt sich seit rund 20 Jahren mit öffentlichen Finanzierungshilfen. Die Diplom-Betriebswirtin (FH) war Bankenbetreuerin bei einer Zentralbank, Leiterin des Kompetenzzentrums "Existenzgründung und Sonderkredite" bei einer großen Genossenschaftsbank und Kreditreferentin bei der Bürgschaftsbank Bayern, bevor sie sich mit dem Fördermittel-Guide selbständig gemacht hat.

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