Die Gefahr von TP – egal ob in der vSphere-Schicht, in der Storage-Schicht oder gar in beiden Schichten aktiviert – liegt ebenso auf der Hand: Dadurch, dass in diesem Verfahren mitunter bedeutend mehr Speicher „versprochen“ wird als physikalisch bereitgestellt werden kann, besteht die theoretische als auch praktische Möglichkeit, dass das Storage Array zu einem bestimmten Zeitpunkt die „versprochenen“ Kapazitäten nicht mehr liefern kann und das „falsche Versprechen“ plötzlich auffliegt, indem die physikalischen Speicherkapazitäten des Storage Arrays „überlaufen“ – was in einem IT-Betrieb einem ziemlichen GAU mit massiver Downtime und Datenverlust gleichkäme.
Es besteht also die klare Herausforderung einer betrieblichen Überwachung, solche TP-spezifischen Flaschenhalssituationen (Bottlenecks) rechtzeitig zu erkennen und vor allem darauf zu reagieren. Doch wie kann man darauf reagieren? Antwort: Entweder durch Abschaltung beziehungsweise Löschung vergleichsweise unwichtiger Test-Server-Systeme oder durch schleunigste Aufrüstung des existierenden Storage Arrays oder gar Beschaffung eines neuen Storage Arrays.
Die rechtzeitige Erkennung von sich anbahnenden Engpässen im Bereich der Storage Kapazitäten obliegt in einem nach ITIL-Vorgaben geführten IT-Betrieb dem Bereich des Capacity-Managements. Technisch ist die Erkennung oder Vorhersage solcher Flaschenhälse mit diversen Monitoring-Tools der Storage-Hersteller prinzipiell möglich. Auch VMware führt hier in der vSphere Schicht mit CapacityIQ ein eigenes Kapazitätsmanagement-Tool ins Feld. Die betriebliche Herausforderung bleibt jedoch komplex. Oft existieren in IT-Betrieben keine ausreichenden Prozesse, um in derartigen Flaschenhalssituationen kurzfristig ein Storage Array nachzubestellen. Um TP-Verfahren mit einem vertretbaren Risiko effizient zu betreiben, müssen nicht wenige IT-Betriebe auch heute noch erst ihre Beschaffungsprozesse effizienter gestalten, um von den Einsparungen von TP in sinnvoller und vor allem sicherer Weise zu profitieren.
Abseits der betrieblichen Herausforderungen beim Einsatz von TP stellt sich folgende Frage: Wo liegen die technische Schwächen? Einfach gesagt: TP ist derzeit ein Verfahren, welches zwar initial wenig Speicherkapazität benötigt, aber dann bezüglich des Kapazitätsbedarfs betrachtet über eine bestimmte Laufzeit nur einen Weg kennt: den nach oben. Im oben genannten Beispiel kann dies folgendermaßen veranschaulicht werden: Startet ein virtueller Server bezüglich der Größe seiner „thin“-provisionierten virtuellen Festplattendatei mit einigen KByte physikalisch belegter Speicherkapazität, so sind es nach der Installation eines Betriebssystems schon mehrere GByte. Während der Laufzeit eines virtuellen Servers werden dann im virtuellen Server Dateien gelöscht und wieder angelegt, et cetera. All diese Vorgänge verursachen ein weiteres Wachstum der virtuellen Festplattendatei und damit auch der belegten Blöcke auf dem Storage Array. Es gibt also keine Möglichkeit, während der Laufzeit von Systemen Blöcke wieder freizumachen auf dem Storage Array?!
In der GUI präsentiert sich Thin Provisioning als Option beim Anlegen einer virtuellen Maschine als auch bei diversen VM-Kopierprozessen. Das heißt: „Virtual Disk“-Formate können jederzeit verändert werden, bei Storage vMotion sogar „on the fly“ ohne „Downtime“.
Erweiterung des Thin Provisionings durch VAAI
VAAI (vStorage API für Array Integration) ist eine Storage-Schnittstellenspezifikation, die VMware entwickelt hat und von den Storage Partnern bereitgestellt wird, um für ihre Produkte entsprechende Integrationsmodule zu entwickeln. Es ist bei der Anschaffung eines Storage Arrays zur Verwendung mit VMware vSphere daher darauf zu achten, dass das jeweilige Storage Produkt VAAI unterstützt, will man von den Vorteilen dieser Schnittstelle profitieren. VAAI wurde mit vSphere 4.1 eingeführt und unter vSphere 5 um die Funktion der sogenannten „Dead Space Reclamation“ oder VAAI „Thin Provisioning“ (VAAI TP) erweitert.
Hintergrund: Wird auf dem Dateisystem VMFS eines vSphere Datastores eine Datei gelöscht, passiert normalerweise das gleiche wie auf nahezu jedem anderen gängigen Dateisystem (zum Beispiel NTFS unter Windows) auch: Das Dateisystem markiert in internen Pointer-Strukturen die zugehörigen Blöcke einer gelöschten Datei als unbelegt und wiederverwendbar. Das unterliegende Storage-System mit aktiviertem „Thin Provisioning“ bekommt jedoch vom Dateilöschvorgang nichts mit und verzeichnet die Blöcke in seiner internen Verwaltung weiter als belegt. Mit VAAI TP wird dem Storage Array bei einem Dateilöschvorgang mitgeteilt, dass die zugehörigen, beschriebenen Blöcke der Datei wiederverwendet werden können. Somit kann der Kapazitätsbedarf auf einem Storage Array auch nach Aktivierung von Thin Provisioning zur Laufzeit wieder schrumpfen. Wichtig bei dieser Betrachtung ist erneut: Es ist in den zugehörigen Kompatibilitätslisten von VMware nachzusehen, ob ein bestimmtes Storage Produkt VAAI TP auch unterstützt.
Die Abbildung zeigt, wie mit Hilfe von VAAI beispielsweise bei einem Storage vMotion Prozess ehemals belegte Blöcke (grün markiert), die zu der verschobenen VM gehören, an das Storage Array als „frei“ gemeldet werden. Dies geschieht in vSphere Version 5 mit Standard-SCSI-Commands.
Fazit
Thin Provisioning bietet als Technologie großes Potential zu Kosteneinsparungen in der Storage-Schicht. Die Herausforderungen für einen Betrieb dieser Technologie sind jedoch nicht zu unterschätzen. Die Technologie als solche hat mittlerweile einen hohen Reifegrad erlangt. IT-Betriebe müssen ihre organisatorischen Prozesse im Bereich des Kapazitätsmanagements und der System-Überwachung jedoch in der Regel optimieren und effizienter gestalten, um der durch TP gewachsenen Dynamik in der Verwaltung der Storage-Schicht ausreichend Rechnung zu tragen. Die Einführung von TP in einem IT Betrieb ist daher nur bedingt eine technologische Herausforderung, sondern in noch höherem Maße eine Herausforderung im Bereich der Etablierung effizienter Betriebsprozesse.
Whitepapers
Arno Schmerer…
… ist Senior Consultant bei VMware Professional Services und arbeitet dort in den Bereichen Servervirtualisierung und Cloud Infrastructure & Management.
Hinweis: Die im Beitrag enthaltenen Meinungen, Wertungen und Inhalte sind dem Autor persönlich zuzuordnen. Sie stellen keine offizielle Stellungnahme der Firma VMware dar.
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