Studie: Chinesischer Mikroblog-Dienst zensiert fast alle politischen Mitteilungen

Sina Weibo arbeitet sowohl mit einer Filterliste als auch mit manuellen Löschungen. In Peking sind rund 12 Prozent der Mitteilungen betroffen - in Tibet aber um die 50 Prozent. Die Zensoren reagieren zügig auf Bedeutungsveränderungen.

Einer an der US-Universität Carnegie-Mellon erstellten Studie zufolge löscht der chinesische Mikroblogging-Dienst Sina Weibo alle Nachrichten, die bestimmte Stichwörter enthalten. Politische Nachrichten sind fast überhaupt nicht möglich. Zu den Tabus gehören etwa die verbotene Sekte Falun Gong, die für Menschenrechte engagierten Künstler Ai Weiwei und Liu Xiaobo, aber auch der Begriff „Lianghui“, der eigentlich für ein jährliches Treffen von Parlament und Rat steht, aber aufgrund der Zensur als Umschreibung für Protest genutzt wurde.

China

Die Studie haben drei Sprachwissenschaftler durchgeführt: David Bamman, Brendan O’Connor und Noah Smith. Sie werteten zunächst 57 Millionen zwischen dem 27. Juni und dem 30. September 2011 versandte Nachrichten aus. Drei Monate später prüften sie, ob die ermittelten Schlüsselwörter des Filters sich geändert hatten.

Der Begriff „Lianghui“ zeige, dass sich die Große Firewall (das chinesische Zensursystem) schnell an ändernde Umstände anpasse, schreiben sie. Auch werde nicht nur automatisch gelöscht – man habe auch manuelle Löschungen ermittelt. Betroffen seien nicht nur politische Botschaften, sondern auch Spam und Pornografie.

Die Quote gelöschter Nachrichten betrage in Peking etwa 12 Prozent – knapp über dem Landesdurchschnitt mit 11 Prozent. In Tibet aber würden rund 50 Prozent aller Einträge entfernt.

Die Wissenschaftler vermerken auch unerwartete Strategien der Zensoren. Nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima beispielsweise landeten „Jodsalz“ und „radioaktives Jod“ auf der Sperrliste. So sollten falsche Gerüchte über verunreinigtes Salz unterdrückt werden.

Sina Weibo wäre ein mächtiger Konkurrent für Twitter – wenn der US-Dienst denn eine Zulassung für den chinesischen Markt bekäme. Mit seinem länderabhängigen Zensurverfahren hat er dafür immerhin schon die technischen Grundlagen geschaffen.

Sina Weibo setzt außerdem gerade ein neues chinesisches Gesetz um: Bis 16. März müssen sich alle Mikroblogger im Land mit Klarnamen registrieren. Das Netz meldet, bisher hätten dies 60 Prozent seiner Nutzer erledigt.

[mit Material von Ellyne Phneah, ZDNet Asia]

Themenseiten: China, Internet, Politik, Sina Weibo, Zensur

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