Start-ups in Berlin: echter Aufbruch oder Eintagsfliegen?

Auf dem Berliner Start-up-Camp haben sich Kapitalgeber, Business Angel und Gründer aus der ganzen Welt getroffen. Die Hauptstadt krempelt die Ärmel hoch, um sich als Brutkasten für neue und eigenständige Geschäftsideen zu profilieren.

Wie nahe Erfolg und triste Realität von jungen Unternehmen nebeneinander liegen wurde beim diesjährigen Startup-Camp in Berlin sichtbar. Einerseits stieg die Anzahl der Teilnehmer ebenso wie das Interesse der internationalen Investoren im Vergleich zur ersten Auflage der Veranstaltung an. Andererseits halten nur die wenigsten Unternehmen dem hohen Anspruch stand. Die Frage muss also erlaubt: Entsteht in Berlin tatsächlich etwas langfristig erfolgreiches oder handelt es sich nur um eine Eintagsfliege?

Zu den am heißesten gehandelten Start-ups in der neuen Berliner Szene gehören derzeit Soundcloud, Wooga, 6Wunderkinder und das Kurzmeinungsportal Amen. Andererseits gibt es neben den aus ganz unterschiedlichen Gründen viel beachteten Vorzeigeprojekten eine ganze Reihe spannender Ansätze, die aufzeigen, dass großes Potenzial in der deutschen Hauptstadt steckt, die aufgrund niedriger Lebenshaltungskosten und kreativen Flairs zahlreiche Gründer aus aller Welt anlockt.

Darius H. Moeini, Gründer des City-Empfehlungsportal yamya.de (Bild: Lothar Lochmaier).
Darius H. Moeini, Gründer des City-Empfehlungsportal yamya.de (Bild: Lothar Lochmaier).

„Die junge Gründerszene hat an Kontur gewonnen und votiert mehrheitlich gegen das Copy-Cat-Modell“, bilanziert Christian Weiß, Geschäftsführer beim Berliner Inkubator Project a Ventures. Um freilich die hochgesteckten Erwartungen als neue europäische „Capital of Entrepreneurship“ einzulösen, sind laut Weiß alte Denkmuster und das gelegentlich grassierende Lagerdenken durch ein kooperatives Handeln zu ersetzen. „Es gilt, die kreativen Ansätze mit einem professionellen Inkubator-Modell zusammen zu bringen.“

Fest steht zumindest jenseits von medialen Übertreibungen eines: Im Sog der neuen Kreativkultur finden zahlreiche Gründer aus aller Welt den Weg nach Berlin. Zu den derzeit wohl aussichtsreichsten Kandidaten gehört Researchgate, das sich als „Facebook für Wissenschaftler“ etikettiert.

Dem auch auf dem Startup-Camp vertretenen Mitgründer Ijad Madisch gelang es erst kürzlich, erfolgreich eine Zweitrundenfinanzierung einzuwerben. Aber auch die Aufmerksamkeit durch internationale Medien und Investoren wächst.

Die Qipogo-Gründerinnen Celine Schmahl (rechts) und Saskia Sefranek. (Bild: Lothar Lochmaier).
Die Qipogo-Gründerinnen Celine Schmahl (rechts) und Saskia Sefranek. (Bild: Lothar Lochmaier).

Ebenso spannend sind jedoch die unzähligen kleinen und meist noch völlig unbekannten Start-ups. Ganz am Beginn seiner unternehmerischen Entwicklung steht etwa Darius H. Moeini, Gründer und CEO von yamya.de. Er hat das City-Portal, bei dem Nutzer sich gegenseitig zu Ausgehtipps inspirieren sollen, neben dem Saarland bewusst auch in der Kreativ-Metropole Berlin neu aufgestellt.

Die Jury des Bitcrowd-CampChamps vergab den mit immerhin 40.000 Euro dotierten Preis an Celine Schmahl und Saskia Sefranek, die beiden Gründerinnen von Qipogo. Sie setzten sich nur knapp vor dem Zweitplatzierten „Spitzeljagd“ durch, einer Plattform für Social Challenges Enthusiasten.

Bei Quipogo bieten die eingeschriebenen Mitglieder individuell zu vereinbarende Dienstleistungen feil, in dem sich die Community gegenseitig beim Lösen von Problemen hilft. Bezahlt wird dort auf Basis einer virtuellen Währung. Ähnlich einem informell organisierten virtuellen Tauschring lässt sich so für eine Dienstleistung oder ein gelöstes Problem ein Guthaben ansparen. Die Nutzer können aber auch Währungseinheiten käuflich erwerben, wobei Qipoqo auf Provisionsbasis agiert.

Fazit

Das Zeitalter des Social Commerce scheint ausgehend von den kreativen Schmelztiegeln dieser Welt bunt und vielfältig zu werden. Unzählige neue Ideen treten im Wettstreit mit- und gegeneinander an. Am Ende werden sich wohl die wenigsten erfolgreich behaupten. Das ist jedoch nur die eine Seite einer vielschichtigen Gründermedaille.

Denn eine Form der sozialen Rendite können die jungen Wilden immerhin sofort einstreichen: Die Unternehmensgründer sind das Risiko eingegangen und haben ihre eigene Haut zu Markte getragen, unabhängig davon, ob die jeweilige Geschäftsidee an ein großes Vorbild angelehnt ist oder aber einer originären Geschäftsidee entspricht. Die Lernkurve aus dieser selbst gestalteten Entwicklung verläuft oftmals deutlich steiler als bei einem etablierten Job.

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