ACTA droht Scheitern vor dem EU-Parlament

Der zuständige Berichterstatter empfiehlt die Ablehnung des Entwurfs. Nach Grünen und Linken sprechen sich auch Sozialdemokraten klar dagegen aus. Sollte ACTA tatsächlich scheitern, sind dennoch neue EU-Richtlinien zu erwarten.

Im EU-Parlament zeichnet sich eine Mehrheit gegen das umstrittene Anti-Piraterieabkommen ACTA ab. Grüne, Linke und inzwischen auch Sozialdemokraten haben sich eindeutig dagegen ausgesprochen. Der zuständige Berichterstatter im Parlament, der schottische Labour-Politiker David Martin, kommt in seiner schriftlichen Empfehlung (PDF) zu einer klaren Aussage: „Ihr Berichterstatter empfiehlt deshalb, dass das Europäische Parlament eine Zustimmung zu ACTA verweigert.“

„Die potenziellen Gefahren für bürgerliche Freiheiten überwiegen bei Weitem die beabsichtigten Vorteile dieser internationalen Vereinbarung“, schreibt Martin. „Durch die in manchen Bereichen vagen Formulierungen im Text und die Unsicherheit über seine Interpretation kann das Europäische Parlament unter ACTA in Zukunft keinen angemessenen Schutz seiner Bürgerrechte garantieren.“

Proteste gegen ACTA (Bild: Salajean/Shutterstock)

Laut taz „wackeln inzwischen auch die Konservativen“. Daniel Caspary, für CDU/CSU im Europäischen Parlament für das Thema zuständig, erklärte gegenüber der Zeitung: „Wir wollen ACTA nicht unbedingt durchkloppen. Es gibt noch immer eine Menge Bedenken, und wir als Kontrollorgan können da nicht einfach ‚Ja‘ sagen.“

Obwohl 20 Mitgliedsstaaten der EU die Bedingungen von ACTA bereits akzeptiert haben, bleibt den Mitgliedern des Europäischen Parlaments das letzte Wort. Entscheidet sich das Parlament im Juni dagegen, sind die Unterschriften ungültig – und die betreffenden Länder können nicht am Abkommen teilnehmen. Damit blieben nur noch die USA, Australien, Kanada, Südkorea, Japan und einige weitere Länder durch ACTA gebunden.

In einem Interview mit dem britischen Telegraph erklärte Berichterstatter Martin eine Ablehnung durch das EU-Parlament als wahrscheinlich. Schon durch die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen sei eine falsche Atmosphäre entstanden. Herausgekommen sei dabei schließlich ein „dünner Text mit unzureichenden Einzelheiten, die Internet Service Provider zu verpflichten scheinen, als Internet-Polizei zu agieren.“ Das Abkommen habe nicht einmal versucht, zwischen „gewerblichen“ und „privaten“ Downloads zu unterscheiden.

Auch wenn ACTA damit als erledigt gilt, sind weitere Gesetze in Sicht. Das EU-Parlament sei keineswegs gegen den Schutz geistigen Eigentums gestimmt, erklärte Martin. Neue Gesetze zur Internet-Regulierung seien erforderlich, aber nicht in der Art von ACTA, das Produktfälschungen und digitale Inhalte vermengt habe. Das bestehende System zur „Meldung und Entfernung“ von Webinhalten solle in Europa besser und übereinstimmender angewandt werden. Nach dem wahrscheinlichen Scheitern von ACTA könnte die EU-Kommission schon bald neue Richtlinien vorschlagen, an denen sie angeblich bereits arbeitet.

[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]

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