Durch Cloud-Angebote wird EDI günstiger und flexibler

Das EDI-Verfahren ist für Firmen eine wichtige, aber oft teure Säule ihres Geschäfts. Viele überlegen sich daher, die EDI-Kommunikation als Service zu nutzen, anstatt die Lösung selbst zu betreiben. Warum erklärt Christian Otten von Comarch im Gastbeitrag für ZDNet.

EDI als automatisierter elektronischer Geschäftsdatenaustausch ersetzt die Kommunikation zwischen Handelspartnern per Fax, Post oder Telefon. Bestellungen, Lieferscheine und Rechnungen werden so direkt zwischen den ERP-Systemen ausgetauscht. Dies spart Übertragungs- und Bearbeitungskosten und senkt die Fehlerquote, da die Vorgänge nicht mehr manuell bearbeitet werden müssen. Zudem lassen sich logistische Prozesse frühzeitig planen und koordinieren um die betriebsinternen Kapazitäten optimal auslasten.

Bislang kamen EDI-Systeme für den Austausch von Geschäftsdaten vor allem in beschaffungsintensiven Branchen, etwa in der Automobilindustrie oder im Handel, zum Einsatz. Der Grund: Die bisher übliche Inhouse-Installation ist komplex, aufwändig, ressourcenfressend und entsprechend kostspielig. Momentan ist ein Trend von selbst betriebenen Inhouse-Lösungen hin zum Outsourcing von EDI zu beobachten. Dies ist erheblich günstiger – und EDI wird so auch für kleine Unternehmen interessanter.

Für die Geschäftspartner großer Handelsketten ist EDI in den meisten europäischen Ländern beinahe ein Muss: Wer kein EDI einsetzt, hat keine Chance als Lieferant zum Zuge zu kommen. In neueren Märkten, beispielsweise in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, tasten sich Unternehmen hingegen bislang noch zögerlich an das Thema heran. Doch auch sie werden EDI nicht ignorieren können, zu offensichtlich ist der Nutzen beim automatisierten Austausch von Bestellungen, Rechnungen, Lieferscheinen oder Lagerberichten.

Im internationalen Umfeld kann EDI weitere Stärken ausspielen. Schließlich erfolgt die Ausgabe von Informationen im ERP-System des Geschäftspartners bereits in der gewünschten Sprache, im passenden Format und der richtigen Währung. Außerdem ist bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen der logistische Aufwand enorm, müssen doch beispielsweise bei Lieferungen mit Zollverfahren noch mehr Dokumente verwaltet und ausgetauscht werden, als im nationalen Geschäft.

Wer profitiert von EDI?

Christian Otten, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist bei Comarch als Projektmanager für EDI-Projekte sowie die EDI-Produktentwicklung verantwortlich.
Christian Otten, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist bei Comarch als Projektmanager für EDI-Projekte sowie die EDI-Produktentwicklung verantwortlich.

Angesichts der komplexen Abläufe im internationalen und nationalen Handelsverkehr und den Vorteilen, die EDI hier zu bieten hat, drängen immer mehr Handelsketten ihre Lieferanten, auf EDI-Technologien zu setzen. So nehmen manche Handelsketten Zulieferer nur in ihren Lieferantenpool auf, wenn diese Bestellungen auf elektronischem Weg empfangen können. Ein anderes Motivationsmittel, um auf elektronische Lieferbeziehungen umzustellen, sind Strafgelder für per Papier versandte Rechnungen oder Lieferscheine.

Wenngleich die wenigsten Unternehmen bislang aktiv messen, wie viel sie tatsächlich einsparen, so lässt sich doch Eines sagen: Wird lediglich die Technik, nicht aber der Prozess berücksichtigt, fällt die Kostenreduktion erheblich geringer aus. Das bedeutet: Allein eine technische Anbindung zum Austausch elektronischer Dokumente reicht nicht aus, um eine effektive Verbesserung der Automatisierung zu erlangen. Es gilt, die internen Organisationsstrukturen ebenfalls an die Prozesse anzupassen.

Wie stark hier die Verflechtungen sind, zeigt sich in den konkreten Umsetzungsprojekten: So sind bei der Einführung von EDI 70 bis 80 Prozent des Aufwands organisatorischen Fragestellungen zuzurechnen, lediglich zehn bis 20 Prozent fallen für technische Aufgabenstellungen an. Um einen optimalen Nutzen zu erzielen, genügt es also nicht, Lieferanten zu einer technischen Anbindung zu überreden – mit welchen Mitteln auch immer. Bei diesem Ansatz verschenken beide Partner das Potenzial, das in der Umstellung und Optimierung der Prozesse auf elektronische Austauschverfahren liegt. Es gilt vielmehr, den Partner, zu überzeugen. Wichtig ist, dass Lieferanten den Nutzen einer EDI-Anbindung für ihr eigenes Unternehmen erkennen. Zum einen sparen sie erheblich bei den Kosten für die Kommunikation mit ihren Kunden und die Auftragsbearbeitung, zum anderen sinkt die Fehlerwahrscheinlichkeit.

EDI aus der Cloud versus Inhouse-Lösung

Ein großer Posten auf der Ausgabenseite von modernen Unternehmen ist die IT-Infrastruktur. Sie wächst historisch aufgrund von Expansion, mit sich ändernden länderbezogenen rechtlichen Gegebenheiten und – nicht zu vergessen – mit den Anforderungen von Handelspartnern. Das hat zur Folge, dass auch mittelständische Handelsunternehmen eine große IT-Mannschaft einsetzen müssen, um ihre IT-Infrastruktur – das Herz eines Unternehmens – zu verwalten.

Für Lieferanten verschärft sich die Situation noch einmal, da sie förmlich gezwungen werden, die unterschiedlichen Anforderungen der Handelsketten zu erfüllen. Verschiedene EDI-Portale und die eigene IT-Infrastruktur zu konsolidieren, ist mit hohen technischen Anforderungen verbunden – deshalb schrecken viele Unternehmen vor dem Einsatz von EDI zurück.

Mit EDI aus der Cloud können Firmen unterschiedliche Systeme schneller und flexibler integrieren als mit einer Inhouse-Lösung (Grafik: Comarch).
Mit EDI aus der Cloud können Firmen unterschiedliche Systeme schneller und flexibler integrieren als mit einer Inhouse-Lösung (Grafik: Comarch).

Comarch entschied sich als Anbieter daher bereits vor über 15 Jahren, EDI nicht nur als traditionelles Inhouse-System, sondern auch als Dienstleistung anzubieten: EDI aus der Cloud (EDI as a Service, kurz: EDI aaS). Das Angebot sollte genau wie Telefonie, Strom oder Internet einfach zu beziehen und zu nutzen sein. Kosten und Komplexität bei der EDI-Einführung reduzieren sich erheblich, da Investitionen in Hardware, Infrastruktur und Personalkosten für die EDI-Betreuung gänzlich entfallen.

Die Entscheidung, welche Bereitstellungsform Lieferant und Handelskette für EDI wählen – Cloud-Computing oder eine Inhouse-Lösung – hängt im Wesentlichen von Faktoren wie der Unternehmensstruktur und der Einbindung der Geschäftspartner ab. Wenn die Verlagerung der Infrastruktur an einen externen Dienstleister generell möglich ist, bietet die Cloud-Variante jedoch viele Vorteile gegenüber dem selbst-gehosteten Dienst. Die wichtigsten sind die technische Machbarkeit sowie die Projekterfahrung des Dienstleisters.

EDI aus der Cloud in der Praxis

Ein Beispiel ist das niederländische Unternehmen Bolsius, das von einer Inhouse- auf eine Outsourcing-Lösung umgesattelt hat. Der Kerzenhersteller hatte erheblichen Anpassungsaufwand beim geschäftlichen Dokumentenaustausch. Mit dem Einsatz der EDI-Plattform von Comarch werden nun Bestellungen, Rechnungen, Lieferavise etc. im Comarch-Rechenzentrum ausgetauscht, das als zentrales Clearing Center fungiert.

Als Zulieferer der großen europäischen Handelsketten ist das über 900 Mitarbeiter beschäftigende Unternehmen mit Hauptsitz im niederländischen Kerkendijk auf reibungslose Kommunikation mit seinen Geschäftspartnern angewiesen. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl von Partnern mit unterschiedlichen IT-Systemen sowie verschiedenen Standards und Formaten. In der Vergangenheit lief der geschäftliche Dokumentenaustausch bei Bolsius mit einer Inhouse-Lösung, die erheblichen Anpassungsaufwand verursachte. Problematisch war beispielsweise, dass die Handelsketten ihre Bestellungen auf Stückebene aufgeben, während Bolsius selbst im ERP-System mit größeren Einheiten wie Boxen oder Displays rechnet. Der nötige Abgleich war nur mir erheblichem Ressourceneinsatz möglich.

Heute arbeitet Bolsius mit der EDI-Lösung von Comarch. Der Austausch der Dokumente – Bestellungen, Rechnungen, Lieferavise, etc. – erfolgt über Comarchs EDI-Plattform im eigenen Rechenzentrum. Dort werden die Nachrichten in das vom jeweiligen Geschäftspartner gewünschte Format umgewandelt und über dessen bevorzugten Kommunikationskanal versandt. Neue Geschäftspartner lassen sich schnell und ohne Aufwand für Bolsius anbinden. Die Implementierung von Inhouse-Konvertern entfällt ganz.

Überlegungen zu anfallenden Kosten

Beim Outsourcing von EDI übernimmt der Dienstleister die Partnerrekrutierung, das Projektmanagement, die Anbindung der Partner inklusive Mapping, Monitoring, Helpdesk-Diensten und Support. Je nach Modell fallen die laufenden Kosten abhängig von der Anzahl der ausgetauschten Dokumente, der angebundenen Partner oder auch dienstleistungsabhängig an. Ausgaben für eigenes Personal oder neue Hard- und Software und die damit verbundenen Folgekosten entstehen Anwenderunternehmen im Gegensatz zu einer Inhouse-Variante nicht.

Outsourcing ist daher generell die günstigere Variante. Zudem sehen Unternehmen über die Service-Verträge schon im Voraus genau, was sie zu bezahlen haben. Somit können sie besser kalkulieren und verfügen über mehr Transparenz im EDI-System.

Unterschiedlichen EDI-Standards genügen

Durch die schon genannten unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Handelsketten an Kommunikationskanäle, Formate,Standards und Prozesse entsteht besonders bei Lieferanten mit einer Inhouse-EDI-Lösung ein hoher Aufwand, um die unterschiedlichen Schnittstellen zu verwalten und zu pflegen. Erschwerend kommt hinzu, dass es für EDI verschiedene länder- und branchenspezifische Standards gibt. Sie sind hinsichtlich ihrer Struktur oder der eingesetzten Dokumententypen nicht zwingend kompatibel. Bei der Integration weltweiter Handelspartner muss daher jedes Unternehmen darauf achten, genau diese unterschiedlichen Standards zu integrieren. Bei einem EDI-Angebot aus der Cloud übernimmt auch diese Aufgabe der Outsourcing-Partner.

EDI aaS bietet zudem bessere Möglichkeiten, den Datenaustausch zu überwachen, da ein externer Dienstleister in der Regel über bewährte Support-Systeme und Eskalationsszenarien verfügt. Darüber hinaus sorgen Service Level Agreements und zuverlässige Help-Desk-Strukturen für zusätzliche Stabilität.

Neben dem technischen Know-how bringt ein externer Application Service Provider auch umfangreiche Projekterfahrung mit und kann auf zahlreiche Referenzen zurückgreifen. Da er schon ganz unterschiedliche technische Anforderungen bei einer Vielzahl von Kunden realisiert hat, verfügt er über mehr Erfahrung als ein einzelnes Unternehmen sie erwerben kann. Dadurch ist es ihm möglich, neue Partner schneller, technisch belastbarer und den Compliance-Anforderungen entsprechend anzubinden.

Ein externer Ansprechpartner sorgt auch dafür, dass neue Handelspartner reibungslos in die bestehenden Prozesse eingebunden werden. Dies geht sowohl, wenn Handelsketten ihre Lieferanten einbinden wollen, als auch im umgekehrten Fall. Zudem kann ein externer Anbieter die Skepsis neuer Partner überwinden: Der Dienstleister verfügt über das Know-how, um Vorteile und Nutzen des elektronischen Datenaustausches mit EDI zu erklären und Mitarbeiter des neuen Partners eventuell zu schulen. Insgesamt verkürzt sich damit die Projektzeit im Vergleich zu Inhouse-Lösungen.

Auswahl eines EDI-Anbieters

Handelsunternehmen mit einer Inhouse-EDI-Lösung haben in der Regel eine große eigene IT-Abteilung, die die Infrastruktur unterhält. Daraus sind teilweise Ausgründungen entstanden. Diese Unternehmen bieten ihre Dienste und ihr Know-how nun als externen Service auch anderen Unternehmen an. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, sich zu refinanzieren. Wegen des Fokus auf EDI und aufgrund ihrer Branchenkompetenz sind diese Anbieter willkommene Partner für ein EDI-as-a-Service-Projekt.

Ein anderer Ansatz setzt bei der Auswahl eines externen Dienstleisters auf IT-Unternehmen, die ein möglichst breites Spektrum an IT-Lösungen anbieten. Besonders vorteilhaft ist das, wenn das Portfolio neben EDI-Dienstleistungen beispielsweise auch eigene Warenwirtschaftslösungen umfasst. Die Projektimplementierung wird einfacher und es entstehen weniger Fehlerquellen: Stammen ERP-System und EDI-Service von einem Anbieter, müssen projektabhängige Schritte, beispielsweise die Definition und Umsetzung der Verpackungseinheiten wie Displays, Gebinde, Identifikation der Artikel, nicht mehr doppelt geklärt und ausgeführt werden. Hier liegt ein enormes Einsparpotenzial, da sich die Projektzeit verkürzt.

Zudem reduziert der Ein-Anbieter-Ansatz mögliche Fehlerquellen, die auf Missverständnissen zwischen verschiedenen Projektpartnern zurückgehen. Treten dennoch Fehler auf, übernimmt der EDI-Dienstleister die Lösung der Probleme.

Auswahlkriterien für einen externen EDI-Anbieter

Datensicherheit ist ein besonders wichtiges Kriterium beim EDI-Outsourcing. Weil die eigenen Daten extern gehostet werden, sollten Unternehmen deshalb genau auf die Vertrauenswürdigkeit der in Frage kommenden Dienstleister achten. Ein wichtiges Kriterium sind dabei die Sicherheitsklassen für EDI-Datencenter, die Aufschluss über die Datenhaltung und -verfügbarkeit, über die unterstützten Kommunikationskanäle sowie über Zertifizierungen des Prozessablaufes geben. Auch Informationen über die Mitarbeiter, die auf die EDI-Daten Zugriff haben, können helfen, Bedenken zu zerstreuen.

Zudem verfügen EDI-Dienstleister über verschiedene Prozesszertifizierungen. Um die Service-Qualität zu garantieren, sollte ein Handelsunternehmen auf EDI-Anbieter setzen, die bereits eine EDI-Infrastruktur haben und Referenzen, auch aus der eigenen Branche anfordern. Bis elektronische Daten produktiv ausgetauscht werden können, ist es oft ein langer Weg. Dabei darf EDI nicht als rein „technisches Programm“ gesehen werden. Vielmehr geht es darum, Technik und Geschäftsprozesse sinnvoll zu integrieren. Unternehmen haben mit der Einführung von EDI die Chance, auch die Organisation ihres Geschäftsdatenaustauschs neu zu ordnen und zu optimieren.

Die Pflege des EDI-Systems hört nicht mit dessen Implementierung auf. Vielmehr sollten Unternehmen ihren elektronischen Geschäftsdatenaustausch an die Geschäftsentwicklung laufend anpassen. Spätestens hier werden die Vorteile von EDI aaS deutlich: Das notwendige Know-how im Unternehmen vorzuhalten, ist aufwändig und teuer. Daher bietet es sich an, die EDI-Infrastruktur weitestgehend an einen Dienstleister abzugeben. Bedenken, die eigenen Daten an eine externe Plattform zu geben, können mit den richtigen Auswahlkriterien zerstreut werden. Das hat auch den Vorteil, dass sich der Outsourcing-Partner um die zahlreichen rechtlichen und technischen Schwierigkeiten des elektronischen Datenaustauschs kümmert, die es im Umfeld von EDI trotz Standardisierung gibt. Insgesamt profitieren Unternehmen von EDI aus der Cloud in vielerlei Hinsicht, vor allem aber finanziell.

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AUTOR

Christian Otten ...

... ist seit 2006 für die Comarch Kapitalgruppe tätig und seit November 2008 als Projektmanager für die Umsetzung von EDI-Projekten sowie die EDI-Produktentwicklung in Deutschland. Österreich und der Schweiz verantwortlich.

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