Google hat anscheinend über fünf Jahre hinweg mit dem Gedanken gespielt, Java zu lizenzieren oder Rechte an der Sprache zu erwerben – und zwar noch bevor Sun von Oracle übernommen wurde. Das geht aus Gerichtsdokumenten im Oracle-Google-Prozess hervor.
Am fünften Verhandlungstag ging es noch detaillierter um Java und seine APIs sowie um Unterschiede oder Ähnlichkeiten zwischen Android und Java. Googles Anwälte versuchten, den Zeugen Antworten zu entlocken, die Java als eine freie und offene Sprache einschließlich seiner APIs bestätigen. Die Anwälte von Oracle hingegen unterstellten, Google habe nicht frei verfügbare Elemente von Java kopiert, um Android zu schaffen.
Googles Vertreter haben einen Blogeintrag des damaligen Sun-Chefs Jonathan Schwartz gefunden, der am 5. November 2007 die Veröffentlichung Androids begeistert begrüßte und Google ausdrücklich zu seiner neuen „Java/Linux-Plattform“ gratulierte. Er bot ausdrücklich weitere Zusammenarbeit an und hatte offensichtlich nichts gegen Googles Nutzung von Java einzuwenden, obwohl es nicht zu Suns Java kompatibel war. Noch im gleichen Monat äußerte allerdings Suns CTO Rich Green Bedenken hinsichtlich einer fragmentierten Plattform und forderte Google zu einer Zusammenarbeit im Interesse der Anwendungsentwickler auf.
Im Java-Prozess öffentlich gemachte Dokumente zeigen zugleich, dass bei Google über fünf Jahre hinweg immer wieder ernsthaft erwogen wurde, Java in irgendeiner Form zu lizenzieren. „Google würde gerne mit Sun zusammenarbeiten, um eine Lizenz zu entwerfen und zu vereinbaren, die es Google ermöglicht, die intern entwickelte CLDC-basierte Java Virtual Machine für die Open-Source-Community unter einer Lizenz seiner Wahl zu veröffentlichen“, heißt es in einem Dokument vom Juli 2005. Die Veröffentlichung sollte unter der Bezeichnung Java erfolgen. Selbst an eine Entwicklung zusammen mit Sun und eine gemeinsame Produktstrategie war gedacht.
Zu ernsthaften und erfolgreichen Gesprächen mit Sun ist es offensichtlich aber nie gekommen. Ein wesentliches Problem bestand darin, dass Google nicht die GPL-Lizenz verwenden wollte. Den Grund dafür nannte Android-Chef Andy Rubin im Mai 2008 gegenüber News.com: „Nehmen wir an, Samsung will ein Handy bauen, das sich in Features und Funktionalität von einem anderen Mobiltelefon von LG unterscheidet. Wenn alles rund um das Handy unter GPL stünde, alle von Samsung entwickelten Anwendungen oder Verbesserungen am User Interface, dann müssten sie es für andere freigeben.“ Deshalb sei die GPL auf der Anwendungsebene nicht praktikabel.
2009 machten sich Mitarbeiter bei Google Gedanken über Suns wirtschaftliche Probleme. Sie befürchteten, IBM oder Oracle könnten nach einer eventuellen Übernahme „die Plattform weiter verschließen oder stärker mit Patenten/IP verstricken“. Ein Software-Entwickler schlug vor, die Java-Rechte von Sun zu kaufen und sie in eine Open-Software-Stiftung zu überführen, um mögliche Java-Prozesse zu vermeiden. Aus einer internen E-Mail geht hervor, dass Google noch 2010 an Verhandlungen über eine Java-Lizenz dachte.
Obwohl Google über Jahre hinweg Lizenzierung oder Erwerb von Java in Erwägung zog, erklärt es heute, in den 15 Millionen Codezeilen von Java keineswegs geschützten Java-Code verwendet zu haben. Oracle-Experten hingegen verweisen im Prozess auf einige Hundert Zeilen gemeinsamen Code. Vor allem aber geht es um 37 APIs, die Oracle unter urheberrechtlichem Schutz sieht, während Google die Auffassung vertritt, dass das Copyright nicht auf Programmierschnittstellen anwendbar sei. Ein „schwieriges Problem“ nannte es Richter William Alsup in der Verhandlung.
Erst in späteren Prozessphasen soll es um Patente und möglichen Schadenersatz gehen. Diese Woche wird Android-Chef Andy Rubin als Zeuge aussagen.
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