EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hat in einer Rede Rechtsstreite über sogenannte FRAND-Patente, die Standards zugrunde liegende Techniken beschreiben, kritisiert, da sie zum Nachteil von Verbrauchern seien. „Ein Problem in diesen Fällen ist die Verwendung von gerichtlichen Verfügungen, die den Grundsatz des effektiven Zugangs zu FRAND verletzen können“, sagte Almunia. „Wir müssen schnell gute Antworten finden, weil Verbraucher in Patentstreitigkeiten nicht als Geiseln gehalten werden können.“
Er forderte Wettbewerbshüter und Gerichte auf, einzuschreiten. Sie sollen verhindern, dass für Standards essenzielle Patente missbraucht werden, um den Wettbewerb einzuschränken. Aber auch die Technologiebranche müsse ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen. „Die Industrie hat auch eine Rolle bei der Gewährleistung der ordnungsgemäßen Funktion des Normungssystems“, so Almunia. „Ich möchte daher die Branche ermutigen, in den relevanten Normungsgremien zusammenzukommen und auf Basis dieser Leitlinien klare Regeln aufzustellen, die einen Missbrauch von Patenten verhindern.“
Almunias Behörde ermittelt derzeit gegen Samsung und Motorola wegen der Verwendung von FRAND-Patenten, die eigentlich zu „fairen, vernünftigen und nicht diskriminierenden Bedingungen“ lizenziert werden müssen. Die Unternehmen wollen mithilfe dieser Schutzrechte Verkaufsverbote gegen Produkte von Apple und Microsoft erwirken.
Hierzulande war es Samsung nicht gelungen, 3G-Patente, die unter FRAND fallen, gegen Apple durchzusetzen. Motorola wiederum erhielt in Deutschland einstweilige Verfügungen gegen Apple und Microsoft.
Apple musste daraufhin vorübergehend iPads und iPhones aus dem Handel nehmen. Zudem kann Motorola theoretisch verlangen, dass der Verkauf von Windows 7 und Xbox 360 in Deutschland eingestellt wird. Allerdings hat das Unternehmen eine vom Gericht geforderte Sicherheitsleistung noch nicht hinterlegt. Als Vorsichtsmaßnahme verlagerte Redmond bereits sein europäisches Distributionszentrum von Deutschland in die Niederlande.
Die Klagen von Samsung und Motorola sind jedoch nur Gegenmaßnahmen. Als erstes hatten Apple und Microsoft gegen die beiden Handyhersteller geklagt. Sie verwenden in ihren Klagen aber keine für die Branche essenziellen Schutzrechte.
Das Bekenntnis zu FRAND erfolgt grundsätzlich freiwillig (PDF). Die Bedingungen werden von den Normungsorganisationen aufgestellt. Allerdings muss der Patentinhaber diesen Regeln zustimmen, damit seine Technik in einen Standard einbezogen wird.
[mit Material von David Meyer, ZDNet.co.uk]
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1 Kommentar zu EU-Kommissar Almunia: Patentklagen machen Verbraucher zu Geiseln
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Patente und Standards
gehen in meinen Augen gar nicht zusammen.
Anstatt FRAND-Lizensierung zu verlangen sollte in meinen Augen ein Standard überhaupt keine patentierten Anteile enthalten dürfen. Wer etwas nicht freigibt, der kommt eben auch in keinen Standard, fertig.