Die Online-Ausweisfunktion kämpft noch mit Anlaufschwierigkeiten

Der neue Personalausweis wird im November zwei Jahre alt. Mit ihm ist auch eine Online-Identifizierung möglich - vorausgesetzt, der Benutzer hat die eID-Funktion aktiviert. Das ist allerdings nicht einmal bei einem Drittel der Ausweise der Fall.

Eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus: 17 Millionen neue Personalauswese wurden laut dem Bundesinnenministerium seit dem 1. November 2010 ausgegeben. Davon haben nur fünf Millionen Ausweisinhaber die eID-Funktion aktiviert und können somit entsprechende Internet-Dienste von Unternehmen und Behörden nutzen. „Vergleichbare Entwicklungen in der Vergangenheit zeigen, dass sich technische Lösungen anfangs zunächst langsam entwickeln und erst Jahre später vollends durchsetzen“, sagt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. „Insofern verläuft auch die Entwicklung von Anwendungen für den neuen Personalausweis nicht ungewöhnlich.“

Auch zwei Jahre nach der Einführung des neuen Personalausweises sind die Anwendungesmöglichkeiten für die e-Identity-Funktion noch überschaubar (Bild: Bundesdruckerei).

An den Kosten jedenfalls kann das mäßige Interesse für die eID-Funktion nicht liegen: Die erstmalige Freischaltung ist kostenlos, der Preis für eine Lesegerät liegt zwischen 30 und 150 Euro. Für das Innenministerium ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Verbreitung der eID-Funktion zunehmen wird: „Da immer mehr Behörden und Unternehmen in Deutschland die Online-Ausweisfunktion in ihre Internet-Dienste integrieren, ist zu erwarten, dass deren Akzeptanz deutlich steigen wird.“

Anwendungsszenarien für die eID-Funktion gibt es viele: „Über die eID-Funktion können E-Commerce-Anbieter Online-Kunden eindeutig identifizieren, sie kann als elektronische Altersverifikation verwendet werden und sie unterstützt E-Government-Angebote“, sagt Christian Bruntsch, Geschäftsbereichsleiter E-Government beim E-Business Spezialisten Ageto. Das Unternehmen aus Jena hat eine plattformunabhängige Ausweis-App entwickelt, die die Kommunikation zwischen einem Online-Diensteanbieter und einem Nutzer ermöglicht.

Heruntergeladen wird sie vom Ausweisinhaber, sprich dem Online-Nutzer. Dieser erteilt mit der Eingabe einer sechsstelligen PIN die Freigabe zur Übertragung der Daten auf dem Personalausweis. Bruntsch weiß, was erforderlich ist, damit sich solche Verfahren auf breiter Front durchsetzen: „Um die Attraktivität der eID-Funktion zu erhöhen, sind viel mehr Anwendungsfälle nötig.“

Stadt Münster ist Vorreiter

Solche Anwendungsfälle gibt es durchaus, aber ihre Zahl ist noch überschaubar. Lediglich 87 Anbieter von Online-Diensten, die die eID-Funktion des neuen Personalausweises in ihr Angebot integriert haben, nennt das Bundesinnenministerium. Weitere werden folgen, denn die Vergabestelle für Berechtigungszertifikate hat insgesamt 121 Zertifikate an Behörden und Unternehmen für derartige Angebote erteilt.

Als vorbildlich gilt unter anderem die Stadt Münster. Dort wird die eID-Funktion in Online-Verfahren und in eigenentwickelten Antragsformularen eingesetzt. Dies umfasst etwa die Bestellung von Personenstandsurkunden, von Katasterauszügen und Karten, die Beantragung eines Führungszeugnisses oder den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für private Baumaßnahmen an öffentlichen Straßen.

„Wir haben positive Erfahrungen gemacht“, berichtet Stefan Schoenfelder, Betriebsleiter des städtischen IT-Dienstleisters Citeq. „Die eID gibt uns Gewissheit über die Identität des Antragstellers. So können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern viele Antragsprozesse auch dann gesichert und fallabschließend online im Internet anbieten, wenn sie – wie etwa bei der Beantragung eines Führungszeugnisses – besondere Sicherheitsanforderungen stellen.“ Münster verzeichne eine Zunahme der Nutzerzahlen für die eID-Funktion, allerdings auf insgesamt noch niedrigem Niveau im einstelligen Prozentbereich, so Schoenfelder. Genauer will er nicht werden.

Erfahrungen aus der Praxis

Ausgesprochen zufrieden mit dem Legitimationsverfahren geben sich die Kunden der DKB (Deutsche Kreditbank), so das Finanzunternehmen. „Dies zeigt unter anderem eine sehr hohe Weiterempfehlungsquote“, sagt DKB-Sprecherin Frauke Plaß. Die Bank setzt seit März 2012 die eID-Funktion ein, um Internetnutzern zu ermöglichen, ein kostenfreies Kontopaket samt Kreditkarte online zu beantragen.

Ein weiteres Beispiel: Die Gothaer Versicherung verwendet die eID-Funktion für die Beantragung einer Kfz-Versicherung. „Aus rein technischer Sicht haben wir eine gute Stabilität des Services und eine hohe Verfügbarkeit“, schildert Sprecherin Martina Faßbender. „Die Nutzung durch den Kunden beziehungsweise Interessenten ist aber noch sehr überschaubar.“

Diese Zurückhaltung der Bürger hat vor allem einen Grund: „Die Bürger werden zu wenig darüber aufgeklärt, welche Möglichkeiten die eID-Funktion eröffnet“, stellt Bruntsch ernüchtert fest. Schon die Begleitung bei der Einführung durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen sei nicht optimal gelaufen. In der Einführungsphase hat es zudem gleich mehrere Sicherheitspannen gegeben: Fehler in der Update-Funktion, die es erlaubten Malware einzuschleusen, und einen Angriff, der das sogenannte OWOK-Plug-in ausnutzte. Aber: „Vorhandene Sicherheitsbedenken der Anwender könnten durch entsprechende Informationen ausgeräumt werden.“

Ideenwettbewerb soll die Verbreitung unterstützen

Noch deutliche äußert der Branchenverband Bitkom seine Kritik: „Die elektronische ID wird wenig genutzt, weil das Angebot nicht bekannt genug ist“, stellt Pablo Mentzinis, Bereichsleiter Public Sector des Bitkom, fest. „Hierzu trägt leider auch die Verwaltung vor Ort in den kommunalen Meldeämtern bei: Oft wird den Bürgern sogar geraten, die eID zu deaktivieren“, schimpft Mentzinis.

Um die Verbreitung der eID-Funktion zu fördern, hat die Bundesdruckerei die Initiative „eIDEE – Wettbewerb für den digitalen Handschlag“ ins Leben gerufen. „Die beste Idee für die Nutzung des neuen Personalausweises in der Online-Welt wird zusammen mit Ageto und Procilon IT-Solutions ausgezeichnet und umgesetzt“, erläutert eine Sprecherin der Bundesdruckerei. So will das Unternehmen mehr attraktive Onlineangebote für den neuen Ausweis schaffen und die Vorteile der eID-Funktion vermitteln.

„Je mehr Unternehmen die Vorteile und das Potenzial für sich und ihre Kunden erkennen, desto stärker wird die eID-Funktion auch in der digitalen Wirtschaft Verbreitung finden“, so die Sprecherin. Dass das grundsätzlich so funktioniert, hat der öffentliche Bereich bewiesen: „In Städten wie Münster oder Köln macht man die Erfahrung, dass die Onlineausweisfunktion vom Bürger eher eingeschaltet wird, wenn die Städte auch eigene Onlineanwendungen für ihre Einwohner anbieten.“

Auch die Bundesregierung hat den Handlungsbedarf in Sachen eID-Funktion erkannt: Das Bundesinnenministerium rief im März 2012 die E-Government-Initiative für De-Mail und den neuen Personalausweis ins Leben, um den Einsatz in der Verwaltung zu fördern. Vorgesehen sind laut Innenministerium vor allem Informationsveranstaltungen sowie Workshops zum Einsatz der eID-Technologie sowie die Bereitstellung von Informationen und Erfahrungen aus anderen Projekten. „Rund 40 Behörden“, so ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, „beginnen derzeit mit der Umsetzung ihrer Kooperationsvorhaben.“

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2 Kommentare zu Die Online-Ausweisfunktion kämpft noch mit Anlaufschwierigkeiten

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  • Am 25. Oktober 2012 um 12:15 von Hanno

    Als „alter Hase“ (ich habe meinen e-Ausweis am 11.5.2011 erhalten) hatte ich zunächst angenommen, alle Behörden, Banken, die Post usw.usf. würden sich unverzüglich daran machen, wenigstens die technisch für sie nützliche, einfache, sichere Identifikationsmöglichkeit des neuen Ausweises zu nutzen. Aber: nichts da, keine der Banken und Behörden in Berlin, mit denen ich Kontakt habe, nutzt diese Möglichkeit. Der Neuabschluss einer Autoversicherung, der Neukontakt mit einer Bank: alles weiterhin mit PostIdent o.ä. Unzählige Einzelentwicklungen von Lesegeräten und zugehörigen Ident-Karten bei Banken – man fragt sich: was soll das? Kann nicht jemand mal Druck machen, dass nicht jeder hier sein eigenes Süppchen kocht? Wenn man – glücklicherweise – den Handy- und sonstigen elektronischen Kleingeräteherstellern auferlegt, sich nun endlich mal auf ein einheitliches Ladegerät zu einigen, wenn wir – glücklicherweise – nicht von jedem Hersteller unterschiedliche Netzstecker per Adapter anpassen müssen, dann sollte doch etwas Druck auf die müden Behörden, Banken und die Post seitens der politisch Verantwortlichen möglich sein.

  • Am 25. Oktober 2012 um 10:21 von TomS

    „Ausgesprochen zufrieden mit dem Legitimationsverfahren geben sich die Kunden der DKB (Deutsche Kreditbank), so das Finanzunternehmen. “Dies zeigt unter anderem eine sehr hohe Weiterempfehlungsquote”, sagt DKB-Sprecherin Frauke Plaß. Die Bank setzt seit März 2012 die eID-Funktion ein, um Internetnutzern zu ermöglichen, ein kostenfreies Kontopaket samt Kreditkarte online zu beantragen.“

    Das ist ein einmaliger Registrierungsvorgang. Sinnvoller wäre m.E. die Möglichkeit der regelmäßigen Nutzung wie z.B. beim Onlinebanking. Aber die Möglichkeit, sich dort mit der eID zu indentifizieren, gibt es leider auch bei der DKB (noch) nicht.

    Auch die Authentifizierung bei Behörden steckt zwei Jahre nach Einführung des ePA noch arg in den Kinderschuhen. So wäre es doch sinnvoll, wenn man mit Hilfe der eID Steuererklärungen online abgeben könnte. Die Onlineübermittlung ist ab 2013 zumindest für Selbständige sowieso Pflicht, aber die Authentifizierung mithilfe der eID ist nicht möglich.

    Wenn nicht einmal die staatlichen Stellen hier mit der entsprechenden Technik ausgestattet werden, dann gehen durch die halbherzige Umsetzung in den öffentlichen Verwaltungen (mal wieder) große Einsparpotenziale verloren und die Milliardeninvestitionen in den ePA sind bezüglich der eID erst mal in den Wind geblasen.

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