Facebook hat gestern die wohl letzte Befragung seiner Mitglieder beendet. Die Abstimmung zu der kürzlich vorgeschlagenen Neufassung seiner Richtlinien ist offenbar an der geforderten Wahlbeteiligung gescheitert. Statt der für ein gültiges Votum benötigten 30 Prozent der Nutzer gaben nur etwa 0,07 Prozent ihre Stimme ab. Eine offizielle Bestätigung des Ergebnisses steht allerdings noch aus.
„Die ‚Facebook Site Governance‘-Abstimmung ist jetzt beendet“, heißt es in einer Statusmeldung des Social Network. „Danke für deine Teilnahme. Wir werden die Ergebnisse und die nächsten Schritte in Bezug auf den Regelungsprozess in Kürze verkünden – schau also bald wieder vorbei.“
Laut Facebooks Site-Governance-Seite stimmten 79.731 Nutzer für die Entwürfe, während sich 589.141 für die bestehenden Dokumente aussprachen. Damit lehnen 88 Prozent der Teilnehmer die geplanten Änderungen ab. Auch wenn dies eine deutliche Mehrheit ist, hat die Abstimmung aufgrund der zu geringen Beteiligung nur „einen beratenden Charakter“.
Der Ausgang der Wahl wird von einigen Mitgliedern scharf kritisiert. „In anderen Ländern wird um Demokratie gekämpft, hier wird sie durch eine Wahl abgeschafft“, schreibt der Nutzer Felix Späth. Andere beschweren sich in Kommentaren darüber, dass nur Mitglieder, die Facebooks Site-Governance-Seite folgen, im Vorfeld über die Wahl informiert wurden. „Natürlich haben sie die Abstimmung bewusst verschleiert. Nicht ohne Grund haben so wenige abgestimmt. Hätten es alle beim Einloggen erfahren, dann hätten auch sehr viel mehr abgestimmt“, schreibt ‚Thomas Rt‘. Bei Facebook registrierte ZDNet-Mitarbeiter haben allerdings eine Benachrichtigung per E-Mail erhalten – auch ohne der Site-Governance-Seite folgen.
Das Scheitern der Wahl war so oder so abzusehen, da die geforderte Beteiligung von 30 Prozent auch früher nicht erreicht worden war. Bei der letzten Wahl im Juni gaben lediglich 342.632 von rund 900 Millionen Mitgliedern ihre Stimme ab.
Auch die Wiener Studentengruppe Europe versus Facebook hat noch nicht über ihr weiteres Vorgehen entschieden. Sie erwägt zwar eine Klage gegen die für die Europaniederlassung zuständige irische Datenschutzbehörde, allerdings fehlen ihr noch die benötigten Mittel. Die Kosten für einen Rechtsstreit schätzen die Studenten auf 100.000 bis 300.000 Euro. Über die eigene Crowd-Funding-Plattform sind bisher nur rund 21.000 Euro Spenden eingegangen.
Kritik an Facebooks Datenschutzrichtlinien kommt auch vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schlesweig-Holstein (ULD). Die Wiener Studenten hätten die bisherigen Analysen des ULD bestätigt. „Es ist nun die Aufgabe der deutschen und europäischen Aufsichtsbehörden, den rechtlichen Klärungsprozess weiter voranzutreiben“, sagte ULD-Leiter Thilo Weichert in der vergangenen Woche.
[mit Material von Donna Tam, News.com]
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