Der französische Fernsehsender TF2 hat gestern einen Bericht der Reporterin Anne Poiret über die Arbeitsbedingungen bei Foxconn ausgestrahlt. Laut der Firma Upside TV, die den Bericht für TF2 produziert hat, war ihr als erster Journalistin überhaupt gelungen, in den Anlagen des Unternehmens zu filmen.
Dazu schleuste Poiret Aktivisten mit versteckter Kamera in die Fabriken ein. Sie blieben dort zwischen vier und zehn Tagen. Die Produktionsanlagen konnten sie allerdings nicht filmen, da durch Zugangskontrollen keinerlei metallische Objekte in diese Hallen gelassen werden.
Poiret begleitet daher vor allem den Alltag der Arbeiter. Sie versucht, die Gründe für die Selbstmordwelle vor zwei Jahren nachzuvollziehen, und zeigt die drakonischen Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Disziplin und des hohen Arbeitstempos angewandt werden.
Der Bericht zeigt auch die Netze, die aufgehängt wurden, um Sprünge von den Fabrik- und Wohngebäuden zu verhindern, und beschreibt, wie Foxconn Fertigungsanlagen in entlegenere Regionen des Landes verlagert hat. Die Reportage geht auch auf mangelnde Arbeitsschutzmaßnahmen, Nachtarbeit und Gesundheitsrisiken ein, die bereits Thema früherer Berichte etwa des britischen Guardian oder auch einer chinesischen Tageszeitung waren.
Poiret konnte zudem belegen, dass Foxconn erheblichen Druck auf 16-Jährige ausübt, damit diese in der Fabrik ein „Praktikum“ machen. Nach Aussagen von zwei Betroffenen will niemand mehr bei Foxconn arbeiten, daher fehlt es an Arbeitskräften.
„Dieses Praktikum hat mit ihrer Schulausbildung überhaupt nichts zu tun, aber sie haben keine Wahl: Tun sie es nicht, bekommen sie weder eine Studienförderung noch ein Diplom“, erklärt die Journalistin in einem Interview mit der Zeitschrift Nouvel Observateur.
Poirets Team fand außerdem zwei 16-Jährige, die sich bereit erklärten, über ihre Erfahrungen mit Foxconn zu sprechen. Beide machen eine Ausbildung in einem Pflegeberuf. Ihr Lehrer habe sie verpflichtet, weit entfernt von ihrem Wohnort ein „Praktikum“ bei Foxconn zu machen. Die beiden Schülerinnen bauten laut des Berichts während ihres Praktikums in der Fabrik in Zhengzhou iPhones zusammen – unter anderem entgegen den Arbeitszeitregelungen für Minderjährige auch in Nachtschichten.
Poiret glaubt aufgrund ihrer Recherchen, dass rund sieben Prozent der 200.000 Beschäftigten in Zhengzhou solche zwangsverpflichteten „Praktikanten“ sind. Die meisten von ihnen stammen aus Zentralchina. Die dortigen Universitäten hätten mit Foxconn Vereinbarungen unterzeichnet. Die Verträge lege der Hersteller auch noch sehr großzügig aus.
Für ihren Bericht hat Poiret auch die für die Arbeiter errichteten Wohnheime und die viel kritisierte Foxconn-Fabrik in Shenzhen besucht. Ihr zufolge werden die Arbeitszeitregelungen zwar inzwischen im Großen und Ganzen eingehalten, problematisch ist aber nach wie vor die Unterbringung der Arbeiter, insbesondere in den zur Fabrik in Zhengzhou gehörenden Anlagen. In dieser wird unter anderem das iPhone 5 hergestellt.
Zum Beispiel hat Poiret einen Vorarbeiter gefilmt, als er Neuankömmlingen erklärt, dass sie mit dem Anschluss von elektrischen Geräten in ihrer Wohnung vorsichtig sein sollten, da am Vortag durch einen Unfall acht Personen den Tod gefunden hätten.
Die Reportage steht zwar auch auf der Website von TF2 bereit, ist aber mittels DRM nur für Nutzer aus Frankreich freigegeben. Die Produktionsfirma Upside TV hat allerdings drei Trailer mit Bildern aus der Reportage bei YouTube veröffentlicht.
Neueste Kommentare
3 Kommentare zu Fernsehreporterin filmt Arbeitsbedingungen in Foxconn-Fabrik
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.
„Der französische Fernsehsender TF2 […]“ – Diesen Sender gibt es nicht. Es existieren TF1 (privat) und France 2 (öffentlich-rechtlich) und zig andere, aber kein TF2.
Entscheidend ist doch die Geschichte. Wie aus dem Link auf „Bericht“ im ersten Satz hervorgeht, ist France 2 dafür verantwortlich. Kein Wunder, dass Apple öffentlich darüber nachdenkt, weniger in China produzieren zu lassen.
Der Bericht … ja, schlimm. Nur, gäbe es dort demokratische Strukturen, Betriebsräte und Gewerkschaften, wäre die Arbeit nicht zu bezahlen und die Globalisierungskarawane würde woanders hinziehen, z.B. nach Afrika. China expandiert bereits kräftig dahin. Großkonzernen wie Apple geht es nicht um das Schicksal fremder Lohnlakaien, sondern um Umsatzzahlen und Aktionärsnutzen. Und selbst wenn das Zusammensetzen der Komponenten dann erst vor Ort stattfindet, damit es für den Aufkleber „Made in USA“ ausreicht, kommt die Elektronik weiterhin woanders her, damit zu Hause alles schön sauber bleibt.